Stipsits über TV-Krimi "Kopftuchmafia": Geheimnis des Käsepappeltees
Mit der Verfilmung des ersten Stinatz-Krimis von Thomas Stipsits wächst zusammen, was zusammengehört. Einerseits weil der steirische Kabarettist ein halber Stinatzer ist – sein Vater ist Burgenlandkroate –, andererseits, weil seine Krimiromane – der erste, „Kopftuchmafia“, erschien 2019 – förmlich nach einer Verfilmung schreien. Ob ihm das selbst beim Schreiben schon bewusst gewesen sei?
„Die ursprüngliche Idee war schon filmisch gedacht, nur hat das damals niemanden interessiert“, sagt Stipsits. Aber dann sei der Ueberreuter-Verlag, bei dem er 2017 den Kurzgeschichten-Band „Das Glück hat einen Vogel“ veröffentlicht hatte, mit dem Wunsch nach einem neuen Buch an ihn herangetreten. „Da habe ich ihnen die Idee mit diesem Stinatzer Columbo gepitcht“, sagt er.
Der Erfolg sei dann überwältigend gewesen. Nach eineinhalb Wochen war die erste Auflage von 8.000 Stück weg. Mittlerweile sind von den ersten drei Bänden mehr als 300.000 Exemplare verkauft. „Niemand hat irgendwie damit gerechnet, dass das so erfolgreich wird“, beteuert Stipsits. Wobei der Publikumsliebling im Jahr 2019 auch seinen ersten großen Kino-Hit mit „Love Machine“ hatte.
Klo- und Strandlektüre
Warum die Krimis aus dem südburgenländischen Dorf so gut funktionieren?
„Ich glaube einfach, dass sich viele damit identifizieren können“, sagt er. „Das lesen Enkerl bis Omas, es ist im positiven Sinne eine Klo- und Strandlektüre. Aber es nimmt dich für diese Zeit mit in diesen Ort. Und viele Leute kennen diese ländliche Situation.“
Die Mordrate in der Marktgemeinde mit rund 1.300 Einwohnern ist in den Krimis freilich relativ hoch. Und in „Kopftuchmafia“ geschieht etwas Furchtbares: Auf einer kroatischen Hochzeit (gehört übrigens zum immateriellen Unesco-Kulturerbe) verschwindet die Braut beim Brautstehlen spurlos. Später wird die Verschollene tot auf einem Acker gefunden. Inspektor Sifkovits reist aus der großen Stadt (Eisenstadt!) in die Heimat – und trifft auf alte Jugendsünden.
"Ich bin wirklich ein Columbo-Nerd“
Den Sifkovits zeichnete Stipsits als Autor von Beginn an als Columbo-Figur – „aus einer großen persönlichen Liebe, ich bin wirklich ein Columbo-Nerd“. Er habe aber auch bemerkt, dass dieser Typus in der Kriminalliteratur zuletzt kaum vertreten war. „Ich hatte das Gefühl, viele haben sich an düsteren skandinavischen Krimis orientiert, wo die Ermittler eher misanthropisch sind – oder sie waren wahnsinnig cool. Dabei liegt es so auf der Hand, einmal so etwas zu machen: Einen empathischen Ermittler, der die Leute mag.“
Für die filmische Umsetzung (Produktion: Mona Film) habe sich Regisseur Daniel Prochaska dazu entschieden, hierbei keine halben Sachen zu machen und die legendäre US-Krimireihe mit „bewussten Zitaten“ zu würdigen, als „Verneigung vor dieser Figur“, sagt Stipsits.
Käsepappeltee
Dazu gehört ein zerknitterter Staubmantel,aber auch die Angewohnheit, für eine Frage noch einmal zurückzukehren – und Sifkovits’ Frau sieht man ebenfalls nie. Das obligate Chili werde durch den Konsum von Käsepappeltee ersetzt, erzählt der Schauspieler. Wie es dazu kam? Stipsits habe bei einem Konzert von STS selbst miterlebt, dass Bandmitglied Schiffkowitz vor Auftritten stets eine Tasse dieses nicht besonders wohlschmeckenden Heißgetränks zu sich nehme. Als dann der Name Sifkovits (weit verbreitet in Stinatz) für den Inspektor feststand, war klar, dass der Käsepappeltee verewigt werden müsse.
Sifkovits fährt wie Columbo Peugeot – allerdings keinen Oldtimer, sondern einen 309er, der 1985 bis 1993 produziert wurde. „Oft fahren die Leute in den Krimis alte Autos, aber auf Hochglanz. Das hier ist ein Youngtimer, der noch dazu schiach ist und das gefällt mir irgendwie“, sagt er, selbst früher Peugeot-Fahrer.
Mit dem Soundtrack, der von Daniel Prochaska ausgewählt wurde, sei er "wahnsinnig happy". "Zwei Sachen waren für mich aber nicht verhandelbar", sagt der passionierte Musiker. "Zum einen die Roy-Black-Nummer ("Wahnsinn", Anm.), weil in jedem Buch eine vorkommt - und ,Lipo ti je čuti' von Willi Resetarits und den Bassbaritenori."
Der ORF/Arte-Krimi (Drehbuch: Stefan Hafner, Thomas Weingartner) besticht nicht nur durch die Schrulligkeit des Titelhelden, er ist bis in kleinere Rollen ausgezeichnet besetzt. Zur alten Gang, auf die Sifkovits trifft, gehören der Greißler Franz Maikits (Christoph Krutzler) oder Freco Horvat (Gerhard Liebmann). Die „Kopftuchmafia“ bilden Linde Prelog, Erika Mottl und – herausragend: Erika Deutinger als Sifkovits’ Mutter.
Drehen bei der Oma
Obwohl viele Darsteller nicht aus der Region stammen (sondern etwa aus Salzburg oder aus Kärnten), wirkt das Idiom stimmig. Er habe selbst das gesamte Drehbuch auf Stinatzerdeutsch eingelesen, erzählt Stipsits lachend, „damit sich alle in die Sprachmelodie einhören konnten – und das hat super funktioniert. Die reden auch nach dem Take so weiter!“
Das berichtet Stipsits auch über die Dreharbeiten für den zweiten Stinatz-TV-Krimi „Uhudler-Verschwörung“, die gerade abgeschlossen wurden. Erneut wurde das Zuhause des Inspektors im Haus von Stipsits’ tatsächlicher Großmutter gedreht.
Was ihn „wirklich berührt“ habe: „Erika Deutinger hat an ihrem letzten Drehtag gesagt, dass sie zuletzt bei ,Ein echter Wiener geht nicht unter‘ in den 70er-Jahren mit so einer guten Partie und mit so einer Leichtigkeit gespielt hat.“
Es ist dem Endprodukt anzusehen.
Zum ersten Mal ermittelte Inspektor Sifkovits 2019 in "Kopftuchmafia". Es folgten die Bücher "Uhudler-Verschwörung" und "Eierkratz-Komplott". Im Oktober erschien nun der vierte Band "Allerheiligen-Fiasko" bei Ueberreuter.
Am 28. Oktober ist mit "Kopftuchmafia" die Verfilmung des ersten Romans auf ORF 1 (20.15 Uhr) zu sehen.
Kürzlich wurden die Dreharbeiten zu Teil 2, "Uhudler-Verschwörung" in u.a. Stinatz abgeschlossen.
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