ServusTV-Chef Wegscheider zum Formel-1-Deal: Keine Red-Bull-Orgien
Servus TV und der ORF werden sich ab 2021 die Übertragungsrechte an der Formel 1 für drei Jahre teilen. ServusTV-Intendant Ferdinand Wegscheider über einen überraschenden Deal und das Messen mit dem Öffentlich-Rechtlichen.
KURIER: ServusTV hat nun die Lizenz für die Formel 1. Wie kommt es aber zu einem gemeinsamen Deal mit dem ORF?
Ferdinand Wegscheider: Zum einen, weil es in der aktuellen Situation wirtschaftlich für alle Seiten Sinn macht und in diesem Fall der ORF zudem aktiv auf uns zugegangen ist. Herausgekommen ist ein gutes Modell vor allem für die österreichischen Zuseher, die im Gegensatz zu Deutschland weiterhin im frei empfangbaren Fernsehen die Formel 1 sehen können.
Wann wird festgelegt, wer welchen Grand Prix überträgt?
Wir werden das partnerschaftlich recht kurzfristig vor dem Start der Saison festlegen. Den Grand Prix von Österreich übertragen beide Sender.
ServusTV geht damit in den direkten Vergleich zum ORF. Haben Sie Bammel?
Nicht ohne Selbstbewusstsein verweise ich da auf unsere Übertragungen aus der MotoGP, die ja in zwei Wochen wieder starten. Bei der gebotenen Qualität müssen wir uns sicher nicht fürchten.
Es ist im Zusammenhang mit dem Rechte-Erwerb ja auch die Rede von wirtschaftlichen Notwendigkeiten. Wie sind die Kosten verteilt zwischen ServusTV als Lizenz-Erwerber und ORF?
Partnerschaftlich (lacht).
Es scheint jedenfalls so zu sein, dass ServusTV das Sender-Budget massiv ausgeweitet hat. Die jährlichen Kosten der Sportrechte und Produktion allein müssen 2021 um die 25 Millionen ausmachen.
Es ist das ein kontinuierlicher Prozess und wir achten darauf, dass die an einer Stelle steigenden Kosten nicht einfach aufgeschlagen werden aufs Budget, sondern an anderer Stelle entsprechende Einsparungsschritte gesetzt werden.
Was im Sportportfolio noch fehlt, ist der Wintersport. Gibt es da noch Ambitionen und wird ServusTV noch zum Sportsender?
Es war nie der Plan, dass ServusTV sich zu einem Sportsender entwickelt. In unserem Selbstverständnis ist ServusTV weiterhin ein Vollprogramm, das aber auch hochkarätigen Sport zeigt. Dass wir mit u. a. Champions League, Europa League und nun Formel 1 ein so attraktives Sportangebot unseren Zusehern bieten können, freut uns natürlich. Was den Wintersport betrifft, sind wir immer an attraktiven TV-Rechten interessiert, realistisch betrachtet ist es aber so, dass die Rechtesituation was Alpin und Nordisch betrifft, erst im Vorjahr auf Jahre hinaus fixiert wurde.
ServusTV gehört zum großen Red-Bull-Reich, das auch in der Formel 1 sehr intensiv engagiert ist. Wie journalistisch wird da ServusTV überhaupt an einen Grand Prix herangehen können?
Da verweise ich nicht ohne Stolz auf unsere Sport-Berichterstattung in den vergangenen Jahren – es ist ja die Situation in der MotoGP durchaus ähnlich. Auch dort ist das Engagement von Red Bull auf vielen Ebenen sehr stark. Trotzdem kann ich mich seit 2016, seit ServusTV die MotoGP zeigt, an keine einzige Beschwerde erinnern, dass der Sender befangen wäre oder es zu Red Bull-Orgien käme. Es machen die Kollegen da einen tollen Job und die Zuseher, das zeigen die Quoten der vergangenen Jahre, danken uns das auch.
Bringt es Vorteile in der Berichterstattung, Teil des Red Bull-Konzerns zu sein?
Einen guten Zugang zu Fachkompetenz und Experten zu haben, schadet nicht. Unsere journalistische Arbeit müssen wir trotzdem machen und das machen die Kollegen vorbildlich.
Gibt es Quoten-Vorgaben für Ihre Formel1-Übertragungen? Der ORF hat trotz der Unwägbarkeiten um den Start der Formel 1 ja Marktanteile in der Höhe des Vorjahres eingefahren.
Das ist nicht unser primäres Ziel. Es ist ja auch bekannt, dass ich der Teletest-Quotenmessung in Österreich skeptisch gegenüberstehe. Insofern bietet die Formel 1 auch ein Betätigungsfeld für wissenschaftliche Studien, wie man mit moderneren Messmethoden Zuseherzahlen präziser ermitteln kann. Denn auch in diesem Bereich ist Bewegung in den Markt gekommen.
Danke für das Gespräch.
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