Der Schweizer Max Hubacher spielt in "Sachertorte" einen Berliner, der nach Wien geht, um der Hoffnung auf die große Liebe zu folgen. Die Handlung der neuen romantischen Komödie (Prime Video) geht so: Karl verbrachte mit Nini (Michaela Saba) nur wenige Stunden in Berlin. Nini nimmt den Bus zurück nach Wien. Aber die beiden wollen einander wieder treffen. Leider geht durch einen Zufall das Speichern der Nummer schief. Karl bleibt mit sehr wenigen Informationen zurück. Die Wichtigste ist, dass sich Nini jedes Jahr an ihrem Geburtstag um 15 Uhr mit ihrem Vater im Café Sacher trifft, um eine Sachertorte zu essen. Für Karl ist klar: Er setzt sich jeden Tag in das berühmte Kaffeehaus, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Angebetete zum Happy End erscheint. Ob Hubacher ("Monte Veritá) dieses Verhalten unter Stalking einordnet und was er sonst von romantischen Komödien hält, erzählt der 29-Jährige, der in Berlin lebt, im KURIER-Interview.
KURIER: Sie spielen als Schweizer einen Berliner, der nach Wien geht. Was hat Sie daran gereizt?
Max Hubacher: Ich kannte mich in dem Format Rom-Com überhaupt nicht aus und hatte am Anfang auch ein bisschen Skepsis gegenüber solchen Geschichten. Umso mehr fragte ich mich, ob ich da mitspielen möchte und ob es mir gefällt. Nicht zuletzt, weil es schwierig ist, da eine Figur zu finden, die besonders ambivalent ist. Ich mag es sehr gerne, Figuren zu kreieren, die möglichst weit von mir weg sind, auch visuell, mit viel Maske und Verkleidung. Und das war bei diesem Drehbuch eben nicht so stark der Fall. Deswegen hat es mich mehr Überwindung gekostet, jemanden wie Karl zu spielen, weil man sich da eben nicht so gut verstecken kann.
Wie war es dann, die Rolle bekommen zu haben?
Es hat mich sehr überrascht, dass ich die Zusage bekommen habe. Ich fragte mich: Okay, will ich das überhaupt machen? Und weil ich so einen Respekt davor hatte, merkte ich: Doch, das istdie richtige Entscheidung, weil ich als Schauspieler auch immer nach neuen Herausforderungen suche. Auch der Humor der Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Nicht selten gehen bei solchen Sachen die Witze auf Kosten anderer. Hier basiert der Humor viel mehr auf Situationskomik und auf gegenseitigen Missverständnissen über die Sprache. Das findet man bei deutschsprachigen Rom-Coms tatsächlich eher selten.
Wie ist man dann an die Sache herangegangen?
Mein Bild von Rom-Coms war, dass sie auf geschriebenen Gags basieren, die man dann genauso zu bringen hat. Mit Regisseurin Tine Rogoll und mit Maeve war es so, dass sehr viel aus der Situation entstand und es möglich war, bei den Proben noch zu sagen: Hey, diesen Witz braucht es jetzt wirklich nicht. Das erzählt sich einfach über blicke schon alleine. Dass es auch nicht so klamaukig wird.
Wenn man das Genre bedenkt, dann bedient der Film eigentlich wenig Klischees.
Es ist natürlich eine Romantic Comedy. Natürlich gibt es manchmal Klischees, die bedient werden, aber ich finde, sie werden dadurch dann teilweise auch wieder ausgetrickst. Das Drehbuch war schon eine sehr gute Voraussetzung, um damit zu arbeiten.
Wie schwer ist es da, nicht ins Kitschige abzugleiten, wenn man romantisch klingende Sätze sagen soll?
Umso mehr muss man sich das natürlich bauen. Ich wusste ja um diese Momente, deswegen habe ich zur Vorbereitung Rom-Coms geschaut. Gerade weil es mir persönlich nicht entspricht oder wo ich vielleicht im besten Falle was Neues ausprobieren kann. Ich finde, die Leichtigkeit ist immer schwieriger als das Schwere.
Karl findet Nini nach diesem kurzen Begegnung schon so begehrenswert, dass er das alles auf sich nimmt. Ist das für Sie nachvollziehbar?
Ja, ich glaube auf jeden Fall an Liebe auf den ersten Blick. Genauso kann man sich in jemanden auch über eine längere Zeitspanne verlieben kann. Ich glaube aber, dass es Karl auch darum geht, einen neuen Lebensabschnitt zu starten. Plötzlich hat er einen neuen Grund, die Zelte in Berlin abzubrechen um einen komplett neuen Ort zu entdecken. Der Film dreht sich ja auch um Wien, das ist ja auch eine totale Liebeserklärung. Und Karl will diese Stadt auch begreifen und entdecken.
Und er hat ein Versprechen gegeben, dass man sich wiedersieht und konnte das nicht einhalten, weil er die Nummer nicht gespeichert hatte.
Ich mochte auch sehr an ihm, dass er sehr konsequent ist in seinem Handeln. Da sehe ich auch Parallelen zu mir.
Was macht die Stadt mit ihm?
In Berlin herrscht teilweise auch ein bisschen rauer Ton und ich finde, in Wien gibt es auch diese direktheit, Rauheit, aber auch immer mit einem gewissen feinen Charme. So habe ich das zumindest erfahren. Karl ist ein bisschen abgebrüht und nicht so wahnsinnig leicht zu beeindrucken. Zur Sachertorte sagt er einfach nur: "Schmeckt halt lecker". Da wundern sich alle, weil sie eine andere Reaktion erwarten. Auch wenn Traditionalität teilweise auch verschrien ist, hat sie schöne Aspekte. Ich meine, wenn ich mal in so einem Hotel bin, gehe ich am liebsten mit einer Jogginghose an der Rezeption vorbei und nicht im Smoking. Manchmal tut es aber trotzdem gut, den Dingen eine gewisse Eleganz zu verleihen. Etwas zu zelebrieren, weil man ihm einen großen Wert beimisst. Das lernt er von der Stadt. Auch sich fallen zu lassen, nicht verzweifelt diesen einen Weg zu verfolgen, vielleicht mal links und rechts zu schauen, was es denn sonst noch gibt. Aber da braucht er einige Hinweise von diversen Seiten, bis er an diesen Punkt kommt. (lacht)
Miriam übernimmt da ein bisschen die Leitung. Wie war es, das mit Maeve Metelka zu spielen?
Ich hab das schon beim Casting gemerkt: Das funktioniert zwischen uns und man kann sich fallen lassen. Weil ich auch wusste, das ich ein Gegenüber habe, bei dem ich weiß: Es wird immer was kommen. Ich bin immer sehr Fan davon, wenn ich mit Leuten zusammenspielen kann, die eine gewisse Offenheit haben und auch schauen, was gerade in diesem Moment passiert. Und wenn du ein bisschen anders spielst, wird die andere Person auch direkt darauf reagieren. Dann wird aus dem geschriebenen Dialog ein sehr lebendiger, natürlicher, aktiver Dialog. Und das habe ich sehr geschätzt. Dazu kam, dass wir uns so sehr gut verstanden haben, dass wir wirklich Freunde wurden. Was auch sehr schön ist.
Kannten Sie Wien schon? Was für ein Bild von Wien haben Sie bekommen?
Ich habe Wien erst über diesen Dreh kennengelernt. Ich kannte natürlich Leute von hier und ich wusste immer, dass es schön sein muss, aber ich kannte es nicht richtig. In Wien hatte ich sicher eine er besten Zeiten seit langem. In dieser Stadi habe mich von Anfang an wohlgefühlt.
Hat Sie Wien dann auch überrascht?
Ich glaube, ich hab einfach Parallelen zur Schweiz entdeckt, was das Historische und die Architektur anbelangt. Dass viel von früher noch erhalten ist, halte ich für was wahnsinnig Schönes. Es geht auch um die Mentalität. Die Schweiz ist sehr vorsichtig, teilweise auch zurückhaltend. Und dieser Wiener Schmäh hat so eine Direktheit, die ich total schätze, die ich auch in Deutschland mag. Ich finde aber, in Österreich hat man noch ein bisschen mehr diesen Schalk im Nacken. Das fand ich so wahnsinnig sympathisch. Das ist etwas, das ich mir von der Schweiz auch wünsche. Ein bisschen mehr Frechheit, ein bisschen mehr Mut, ein bisschen mehr Freiraum. Und auch wenn ich sehr viel an der Schweiz mag - das ist wirklich was, was mir in Österreich extrem gut gepasst hat. Und ich fand das Essen fantastisch, das ist so eine herrschaftliche Küche. Auch mit viel Fleisch. Das hat wahnsinnig viel Spaß gemacht.
Sie mussten viel Sachertorte essen ...
Ich musste natürlich sehr viel Sachertorte essen. Das habe ich dann in meiner Freizeit nicht mehr gemacht. Doch, ein Mal, aber da hab ich den Sacherwürfel genommen, oder den Apfelstrudel. Es ist einfach eine sehr lebenswerte Stadt. Karl sagt das auch so schön, dass mandas nicht an etwas Konkretem festmachen kann, das ist einfach so ein Gefühl. Es gibt einfach Städte, wo man sich irgendwie fühlt. Ich glaube: Die Stadt war sehr gut zu mir.
Karl bestellt"eine Eitrige mit am Bugl". Ein Wiener würde so nie eine Käsekrainer bestellen ...
Ich weiß. Das sagt niemand. In der Schweiz ist das so ähnlich mit dem "Chuchichäschtli". Wenn einen Leute als Schweizer erkennen, sagen sie zum Spaß diesen Zungenbrecher. Aber in der Schweiz hab ich das noch nie gehört. Und ich glaube, so ist es ein bisschen mit der "Eitrigen mit Buckel".
Aber es wird im Film humorvoll aufgegriffen. Karl glaubt ja, er kann damit punkten ... Genau das ist dann wieder ein Klischee, das dann wieder gebrochen wird. Das war genau so eine Stelle im Drehbuch, wo ich auch selber gelacht habe. Ich musste beim Lesen oft lachen. Karl will hier mit seinem Wienerisch angeben, und der Mann am Würstelstand sagt dann: "Sie können nur bestellen, was hier auf der Karte steht." Also quasi doppelt verkackt. Das ist natürlich was sehr Schönes.
Kannten Sie "Before Sunrise"? Der Film (Richard Linklater, 1995, Anm.) spielt ja eine nicht unwichtige Rolle in "Sachertorte".
Vor dem Filmdreh kannte ich ihn nicht. Aber ich habe musste ihn mir natürlich anschauen, weil es der Lieblingsfilm von Karl ist. In einer früheren Drehbuchfassung war der Bezug viel präsenter. Also gefühlt wurde die ganze Zeit nur von diesem Film gesprochen. Es ging auch damit los, dass er in der ersten Szene diesen Film schaut.
Er stammt ja aus der Mitte der Neunziger Jahren. Finden Sie ihn zeitlos?
In gewisser Weise schon. Das könnte man genauso heute erzählen. Was ich vor allem so mochte, ist, dass man auf diese langen Einstellungen, diese Plansequenzen, vertraut hat. Ich finde, das könnte man so viel öfter machen. Ich bin davon überzeugt, dass das genauso funktionieren könnte. Wenn jetzt der Großteil der Szenen nur zwischen Maeve und mir stattgefunden hätte, hätte man das vielleicht auch bei "Sachertorte" wagen können. Weil wir auch viel improvisiert haben bei Montagesequenzen. Aber wenn man noch so viele andere Figuren hat in verschiedenen Locations, weiß ich nicht, wie das funktioniert hätte.
Sie spielen in dem Film "Rammstein" einen Vater, der bei dem Flugunglück seine gesamte Familie verliert. Ist diese Rolle eine neue Erfahrung für Sie gewesen?
Ich spiele einen sehr jungen Vater. Aber es kommt auch sehr darauf an. Jetzt bin ich noch gerade von einem anderen Projekt gekommen, über das ich leider noch nicht sprechen darf. Daher bin ich von gestern noch komplett rasiert, das schaut dann auch immer ein bisschen anders aus. Aber die Väterrollen häufen sich. Ich spiele langsam auch richtige Erwachsene, nicht nur junge Erwachsene.Ich habe es immer so beschrieben: Vor ein paar Jahren durfte ich mal anfangen, Figuren zu spielen, die die Beine überschlagen und nicht nur breitbeinig dasitzen. Es geht ein bisschen weg von den Jugendlichen. Undwenn die Jugendlichkeit bleibt, dann ist das auch in Ordnung.
So wie jetzt bei "Sachertorte" ...
Genau, weil das auch einen jugendlichen Leichtsinn und Naivität hat. Karl ist sicher die reinste Figur, die ich jemals gespielt habe. Ansonsten spiele ich meistens Figuren, denen etwas sehr Schlimmes widerfahren ist oder die auch sonst einen starken Knacks haben. Da ist der Karl im Vergleich noch unbeschadet.
Also so ein richtiger Liebeskummer ...
... kann auch schlimm sein. Aber ich habe noch nie so gut geschlafen nach Filmdrehs wie bei "Sachertorte".
Heute würde man ihn vielleicht sogar ins Stalker-Eck rücken.
Ich glaube, jeder Stalker glaubt wahrscheinlich, dass er in einer Rom-Com spielt, wenn man es jetzt einmal umdreht.
Aber er hat natürlich hehre Absichten, weil Nini ja auch verliebt zu sein schien.
Es gab auf jeden Fall Anhaltspunkte für ihn, dass es für sie passen würde. Aber es ist schon ein krasser Move, da kann man auf jeden Fall drüber diskutieren. Aber ich glaube, man merkt ja auch, die Absicht wäre einfach, sie noch einmal zu treffen und rauszufinden, was das war. Stalken in dem Sinne ist es nicht, weil er zum Beispiel bewusst nicht über Social Media nach ihr sucht. Denn das würde dann in diese Richtung gehen. Es ist konsequent. Ich würde das glaube ich nicht machen, aber ich bewundere ihn dafür, dass er dieses Risiko eingeht.
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