Regierungskrise hinterlässt Spuren im ORF-Budget
Beste Quoten und sehr viel Lob gab es für den ORF für seine (oft stundenlange) Berichterstattung anlässlich von Ibiza-Video, Koalitionsende, Kurz-Sturz und Regierungsbestellungen. Selten stand er in den vergangenen Jahren so in der Gunst des Publikums. Im September steht aber mit der zweiten Nationalratswahl innerhalb von zwei Jahren dem ORF eine nächste Herausforderung bevor – auch budgetär.
"Es wird zu Budget-Umschichtungen kommen"
„Seit klar ist, dass die Wahlen kommen, laufen die Planungen in den Redaktionen. Gleichzeitig schauen auch die Kaufleute darauf, was wirtschaftlich irgendwie möglich ist und was nicht. Jetzt macht sich bezahlt, dass das Programmbudget konservativ kalkuliert wird und noch einzelne Reserven, genau für solche nicht planbare Geschehnisse, da sind“, erklärt Roland Weißmann, seit 2012 Chefproducer Fernsehen.
„Es wird aber auch zu Budget-Umschichtungen kommen müssen, weil natürlich die Information aus gegebenem Anlass auf allen Kanälen forciert wird“, räumt er ein.
Mehr Anforderungen
Wie hoch der zusätzliche Aufwand, den Kurz, Strache und Co indirekt verursachen, ist, will Weißmann nicht beziffern. Nur: „Es wird sich das stärkste Programm-Angebot Österreichs ausgehen.“ Jährlich gut 300 Millionen Euro schwer ist das Programm-Budget des ORF-Fernsehens, das Weißmann verwaltet.
Mehr werden da nur die Anforderungen daran, insbesondere von der Politik: mehr Eigenproduktionen, weniger Kaufware, mehr Bundesländer-Berichterstattung und, je nach Sichtweise, mehr oder weniger Sport. „Das ist nur zu bewältigen, wenn wir im ORF den Schwung nutzen und die Reformprojekte weitertreiben, bevor es äußere Umstände für uns tun: Digitalisierung, smarte Produktion, Schwerpunktsetzungen sind die Stichworte.“
Budgetäre Herausforderung
Kommende Woche will auch wieder der Stiftungsrat über den Stand interner Reformen und bereits jetzt – deutlich früher als bisher – über erste Eckpunkte zum Budget 2020 informiert werden. Auch wirtschaftlich geprägt wird es durch den Sport werden. „Es gibt mit den Olympischen Sommerspielen und der Fußball-Europameisterschaft absolute Top-Events. Mit der Etablierung der Channel-Manager für ORF1 und ORF2 gibt es zudem geschärfte Senderprofile und damit verbunden auch Programm-Wünsche. Alles in allem budgetär eine Herausforderung, weil wir im vorgegebenen sehr strengen Rahmen bleiben müssen“, merkt der gebürtige Linzer an.
"Haben seit 2012 20 Prozent eingespart"
Programm-Macher in- und außerhalb des ORF klagen schon seit längerem, dass die wirtschaftliche Grenze nach unten erreicht ist, was der Chef-Producer Fernsehen zwar versteht. „Aber alles, was wir bei den Programm-Budgets optimieren, kommt wieder dem Programm und damit den Zusehern zugute. Wir, also die Bereiche Programm, Technik und auch meine Mitarbeiter, haben seit 2012 20 Prozent eingespart. Das wurde aber nicht einfach weggekürzt, sondern für neue zusätzliche Programmvorgaben für ORF1 und ORF2, aber auch für ORF III und Sport+ zur Verfügung gestellt. Von neuen Info-Formaten bis zum Frühstücksfernsehen, um nur einige Beispiele zu nennen."
Mit dem Abtritt der türkis-blauen Regierung sind zwar die ständigen politischen Querschüsse in Sachen ORF fürs Erste weg, aber der Spar- und Reformkurs, vom Stiftungsrat beschlossen, bleibt. Dem entsprechend werden auch weiterhin Schritte gesetzt. Für den ORF gibt es einen mehrjährigen Finanzpfad, aktuell bis Ende 2021, in dem die Gebühren und die damit verbundenen Möglichkeiten, aber auch notwendigen Maßnahmen, festgeschrieben sind, so Weißmann.
Die Diskussionen gehen weiter
Trotzdem werden die Diskussionen ums Geld ORF-intern wie extern weitergehen. „Die sind intensiv, fordern, müssen aber sein. Mit den Channel-Managern gibt es ein kompetentes und professionelles Gegenüber. Was uns nicht erspart bleibt, ist, den Euro wieder und wieder umzudrehen, bevor wir ihn ausgeben. Trotzdem kann sich das Publikum auf ein noch spannenderes Programm freuen können – denn das ist einzig, was zählt“, meint Chef-Producer Weißmann.
Der ORF prüft seine Kostenstruktur
Im ORF werden Schritte zur Überprüfung der Kostenstruktur gesetzt. So wurde etwa der Auftrag für die „Seitenblicke“, der auf ein Volumen von jährlich etwa 2,5 Millionen taxiert wird, neu ausgeschrieben. „Es ist für ein Unternehmen völlig normal, dass man von Zeit zu Zeit Aufträge überprüft. Es sind die ,Seitenblicke‘ also kein Spezialfall“, heißt es vom ORF.
Die Ausschreibung, für die etwa ein Dutzend Produktionsfirmen angefragt worden sein soll, läuft dieser Tage ab. Am Küniglberg rechnet man mit einem neuen günstigeren Lieferantenvertrag.
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