SPÖ-Stiftungsrat Lederer befürchtet „Streichkonzert“ im ORF

ORF-STIFTUNGSRAT: LEDERER
Wahlprogramme als „massive Außenbedrohung" mit Auswirkungen auf Medien- und Kulturstandort. ORF-Führung zu zögerlich bei Hausaufgaben

Über der Strategie „ORF 2030“ brüten am Mittwoch Stiftungsräte gemeinsam mit der ORF-Führung. Die Richtung scheint klar: Weil die digitale Nutzung lineares TV und Radio zunehmend ersetzt, soll der ORF, nun mit neuen gesetzlichen Möglichkeiten ausgestattet, nachziehen. Umschichtungen finanzieller Mittel inklusive. Von zunächst bis zu acht Millionen ist die Rede. Das führte bereits dazu, dass für den „ZiB“-Kanal auf YouTube die „ZiB3“ weichen musste.

Als „ein Sammelsurium von Vorschlägen und Wünschen“, kritisiert nun SPÖ-Stiftungsrat Heinz Lederer die Strategieüberlegungen. Denn relevanter sei, „wie der ORF die politstrategische Lage für die nächsten 6 bis 12 Monate einschätzt und die Schlüsse daraus zieht.“

Er warnt: „Der ORF ist massiven Außenbedrohungen ausgesetzt.“ Aus sämtlichen Wahlprogrammen, außer dem der SPÖ, würden sich große Unsicherheitsfaktoren ergeben, die die ökonomische Handlungsfähigkeit des Öffentlich-Rechtlichen betreffen. „Das interessiert mich nicht zuletzt als voll haftender Stiftungsrat.“

Falscher Zugang

Geht man nach Fiskalrat Christoph Bardelt, wird die nächste Regierung nicht an einem Sparpaket vorbeikommen. „Ich glaube deshalb nicht den Schalmeien-Tönen der FPÖ, man könne die Finanzierungsnotwendigkeiten eines ORF über das Bundesbudget darstellen. Das gilt auch für einen ORF, der ,schlank, bürgernäher und regionaler' sein soll, wie es im ÖVP-Wahlprogramm formuliert ist", meint Lederer. Die Neos würden auch den öffentlich-rechtlichen Auftrag nachschärfen wollen, was eine Verkleinerung des ORF nach sich ziehe und „die Grünen geben Rätsel auf."

Er sehe folglich die Bedrohung durch massive Budgeteinschnitte auf den ORF zukommen, erklärt SPÖ-Mann. Und das betreffe dann die Information ebenso wie den Sport, wirke sich aber auch auf Unterhaltung und Kultur mit dem Film-/Serien-Bereich aus, „überall, wo der ORF jeweils vertragliche Verpflichtungen hat und in Hinblick auf laufende Rechte-Verhandlungen ja auch weiter eingeht."

Antworten der ORF-Führung haben will er nun im Stiftungsratsplenum am Donnerstag u. a. darauf, ob „der ORF die Salzburger Festspiele streichen wird, weil Herbert Kickl sie nicht mag“ oder wie man es im Fall des Falles mit Sportvereinen, Filmschaffenden oder Länderstudios hält. „Da geht es um das ganze ORF-Angebot“ von orf.at und sport.orf.at bis hin zu ORFIII oder Ö3. Lederer: „Wenn nach der Wahl das ,Streichorchester’ beim ORF aufspielt, betrifft das den Medien- und Kulturstandort Österreich insgesamt.“

Zögerliche Haltung

Der SPÖ-Vertreter kritisiert aber auch hausgemachte Probleme. Er meint, dass die ORF-Führung „viele Hausaufgaben nur zögerlich angeht. Davon nehme ich mitunter den Generaldirektor sogar aus.“ Der von Roland Weißmann initiierte Ethikkodex steht für Lederer auf der Habenseite wie auch die Rückholung von Ex-Sportchef Hans Peter Trost für Sport-Rechteverhandlungen. „Was die Reform des ORF-Sport betrifft, sehe ich aber vor allem Schatten statt Licht.“ 

Lederer: „Sport ist – immer auch unter dem Sparsamkeitsgedanken betrachtet – ein Kundenbindungsprogramm.“ Sport-Highlights im Free-TV wie, zuvorderst im ORF, aber auch bei Servus und Puls4, seien in Europa keine Selbstverständlichkeit mehr. "Das muss man deutlich machen." Er will, dass der ORF das weiter durch Kooperationen forciert. „Kommt die ÖVP/FPÖ-Regierung, ist es damit aber wohl vorbei.“ Das gelte auch für Kultur-Highlights und anderes.

Zur ökonomischen Seite gehört auch der ORF-Beitrag. Dass ein Daten-Forensiker die „Geister-Haushalte“ über den Sommer weitgehend klären konnte, sei positiv. Er frage sich aber, was OBS und kaufmännische Direktion davor gemacht hätten. Und die ORF-Finanzierungsprobleme seien deshalb aber weiter nicht gelöst. „Dass man durch Auflösung von Rücklagen nun die schwarze Null schafft, hätte früher zu Tiraden geführt.“

Lederer erkennt an, dass es Weißmann gelungen sei, mit Digital-Berater Matthias Settele (zuvor Markiza) oder Unterhaltungschef Martin Gastinger (von ServusTV) Kompetenz von außen zu holen. „Deshalb zweifle ich nun aber teilweise an der ORF-Führungsstruktur. Ich bin auf die Programmpräsentation im Oktober gespannt.“

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