Den ersten Schock über den Sieg und die damit verbundenen Kosten und Herausforderungen hat er rasch verdaut, sagt ORF-Chef Roland Weißmann zum KURIER. Nun geht es an die Umsetzung des Austro-Song-Contests 2026. Die Ausschreibung für jene Stadt, die das Event 2026 ausrichten wird, ist gestartet. Im Interview schildert Weißmann, was noch gefragt sein wird, wie es um die Sicherheit steht und was man von Basel lernen kann. Fix ist auch: "Eine Absage ist keine Option."
KURIER: Haben Sie den Schock über den Gewinn des ESC schon verdaut?
Roland Weißmann: Es heißt nicht umsonst Schrecksekunde! Die war schnell überwunden! Und seit jenem Sonntag heißts: Wir rocken das. Nachdem wir durchgehend zum engeren Favoritenkreis gezählt haben, haben wir uns im Vorfeld sehr gut darauf vorbereitet. In erster Linie sehe ich unseren Sieg und die damit verbundene Gastgeberrolle für den ESC 2026 als Chance. Eine Chance unser Land international zu präsentieren und die Menschen in Österreich stolz zu machen.
Wie vergleichbar zum Jahr 2015 sind die Vorgaben der EBU an den Veranstalter-Sender?
Die Rahmenbedingungen wie die Größe und Verfügbarkeit der Halle, die Erreichbarkeit der Host City und die nötigen Kapazitäten zur Unterbringung der Delegationen, der Mitarbeiter:innen und der Besucher sind absolut mit 2015 vergleichbar. Der große Unterschied wird in der Umsetzung der Show liegen, da hat sich in den vergangenen zehn Jahren von den Inszenierungen der Auftritte bis zum gesamten Erscheinungsbild der Show einiges getan. Wir werden auf jeden Fall einen Song Contest auf die Bühne bringen, der dem 70jährigen Jubiläum angemessen ist.
Das ESC-Jubiläum vor zehn Jahren in Wien war ein riesiges Fest. Worauf lässt sich eine Stadt ein, wenn sie den ESC veranstalten will. Was sind die wichtigsten Anforderungen?
Der ESC ist tatsächlich die größte Unterhaltungsshow der Welt! Und die Host City ist gemeinsam mit dem ORF Veranstalter und Organisator dieses Mega-Events. Wie schon erwähnt gibt es Grundvoraussetzungen und Anforderungen, die sich aus der Größe des Events ergeben. Es müssen Besucherströme gemanagt werden, die Sicherheit und das Wohlbefinden der Gäste garantiert sein und die logistischen und faktischen Voraussetzungen – wie zum Beispiel die achtwöchige Verfügbarkeit einer Eventhalle für rund 10.000 Besucher – für die Durchführung gegeben sein.
Die Host City bekommt dafür die einzigartige Möglichkeit, sich vor einem TV-Publikum von 170 Millionen Menschen zu präsentieren. Studien aus den vergangenen Jahren verdeutlichen die positiven Effekte des ESC auf die Gastgeberstadt. So wurden durch den ESC in der Region Liverpool rund 55 Millionen PfundUmsatz zusätzlich generiert. In Basel lag die Hotelauslastung rund um das Finale bei 95 Prozent und es wurden in Verbindung mit dem Song Contest rund 50.000 Gästenächtigungen erzielt.
Hat es schon „Übergabe-Gespräche“ mit den Veranstaltern von Basel gegeben. Was konnte man daraus mitnehmen? Dort hatte man etwa kostenintensive Probleme mit der kleinen Halle.
Bereits am Mittwoch nach dem Sieg waren die beiden Executive Producer des ESC in Basel bei uns zu Gast und haben uns einen Gesamtüberblick über ihre Arbeit der vergangenen 12 Monate gegeben. Ich bin ihnen auch dankbar für Ihr Angebot, alle Informationen, Erfahrungen und Learnings mit uns zu teilen. Mit den Verantwortlichen der EBU hatten wir schon 2 Online Meetings und sie kommen diese Woche für 2 Tage nach Wien.
Ein großes Thema für Sender, EBU und Veranstaltungsort/Land werden Hacker-Attacken und die Sicherheit sein. Wie geht man damit um?
Cyber-Sicherheit ist ein großes Thema, das wir sehr ernst nehmen – hier wäre es aber kontraproduktiv ins Detail zu gehen.
2015 wurde sehr schnell eine ORF-interne Gruppe für die Organisation, das Core-Team, gebildet? Wie weit ist man diesbezüglich? Welcher Zeitplan schwebt Ihnen vor?
Das ist natürlich ein wesentlicher und spielentscheidender Punkt, den wir auch sehr rasch klären werden - hier sind wir bereits schon recht weit aber noch nicht final. Ich gehe davon aus, dass die wichtigsten Positionen noch vor dem Sommer besetzt werden.
2015 kehrte für den ESC Pius Strobl als Event-Manager in den ORF zurück. Wie weit wird sein ESC-Knowhow eingebunden werden?
Im ORF gibt es in allen Bereichen noch viel Knowhow von damals, das wir selbstverständlich nutzen werden. Das Gute ist, dass wir diesmal nicht bei Null anfangen und das Grundwissen bereits vorhanden ist. Es wird aber sicher nicht dasselbe Team sein wie damals, wir wollen eine gute Mischung aus Erfahrenen und frischen „Newcomern“.
Viel spekuliert wird über die Moderation werden? 2015 wurde Mr. Song Contest Andi Knoll ausgebremst. Soll er diesmal „diesen Schas“ mitpräsentieren?
Wir werden im ORF in allen Medien ein umfangreiches Rahmenprogramm bieten und den Song Contest gebührend begleiten. Die Frage nach der Moderation wird aktuell oft gestellt, aber eines nach dem anderen. Zuerst werden wir uns inhaltlich überlegen, wie wir die Show gestalten und dann das passende Moderationsteam dafür einsetzen.
Was kann man in Sachen Show und Moderation von Basel lernen? Das war schon sehr smart.
Der Song Contest ist ein eingespielter Showevent, bei dem der jeweilige Host Broadcaster von der EBU gut begleitet wird. Die Schweizerhaben sehr gute Arbeit geleistet. Es gibt gewisse Orientierungspunkte, aber wir werden mit Sicherheit nichts kopieren. Unser Ziel ist – wie auch schon 2015 – einen ESC zu veranstalten, der Europa beeindruckt und Österreich stolz macht. Und es ist der 70. Songcontest, das wird ebenfalls entsprechend gewürdigt werden.
Mit welchen Kosten rechnet der ORF? Wo und wie wird man zusätzlich einsparen? Man fährt ja ohnehin schon ein intensives Einsparungsprogramm. Was erwartet man sich vom Veranstalter-Ort? Wie steht es um Gespräche mit der Bundesregierung und deren finanzielle Unterstützung, die ja auch unter Sparzwang steht?
Wir führen Gespräche in alle Richtungen, um den ESC in Österreich so auszutragen, wie man es sich von uns erwarten kann. Es gibt noch einige Faktoren, die zu klären sind, aber da möchte ich den Gesprächen mit den möglichen Host-Cities nicht vorgreifen. Wir haben uns intern bereits einen Rahmen gegeben. Sparsam, aber spektakulär! Es soll ein großes Musikfest werden, auf das Österreich stolz sein kann!
Wer kümmert sich um die Vermarktung? Gibt es schon Rückmeldungen potenzieller Sponsoren? 2015 sorgte der ORF durch Zusatzshows für zusätzliche Einnahmen.
Die Vermarktung, die entsprechenden Zuständigkeiten und Möglichkeiten sind ganz genau mit der EBU geregelt. Das ist ein Bereich, den wir intern sehr gut aufstellen werden, weil einfach jeder Euro, den wir zusätzlich lukrieren können, zählt. Details werden wir zum gegebenen Zeitpunkt bekanntgeben.
2026 geht es auch um die nächste ORF-Geschäftsführung. Sie haben also jeden Grund, nervös auf diese ESC-Herausforderung zu blicken?
Nervosität oder Angst waren noch nie gute Berater und deshalb blicke ich mit großer Freude auf diese Herausforderung. Es ist eine Riesenchance, dass alle auch stolz auf den ORF sein können. Und die werden wir nutzen!
Ist eine Absage des ESC in Österreich für Sie eine Option?
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