„Es hat zu den Corona-Maßnahmen anfangs große Zustimmung gegeben. Der Kipppunkt war dann die Impfpflicht", sagt Weißmann. "Wir haben weder alles richtig gemacht – noch alles falsch. Aber der ORF hat eine Impflotterie veranstaltet. Extrem viele Menschen haben da mitgespielt. Aber wir haben alle jene ausgeschlossen, die nicht geimpft waren. Im Nachhinein muss man sagen: Die Impflotterie war keine gute Idee. Das ist ein Fehler, den wir gemacht haben.“
„Bleiben auf TikTok“
Viel Polarisierung findet auf den Sozialen Medien statt. Ist es überhaupt vertretbar, dass der ORF dort aktiv ist? „Wir werden auf TikTok bleiben“, sagt Weißmann. „Eben weil wir dort täglich eine Million junge Menschen erreichen. Und es ist wichtig, in diesen neuen, schnellen Medien mit Qualität vertreten zu sein, und Inhalten, die polarisieren und zum Teilen auch zu Hass anregen, etwas entgegenzustellen. Es ist problematisch, dass Facebook auf Fact Checker verzichtet hat. Und gleichzeitig vielleicht sogar eine Chance für Qualitätsmedien, dort mit Fakten statt Fake News zu punkten.
Im Zentrum der politischen Debatte standen zuletzt Sparpläne beim ORF, darunter auch das Einfrieren oder gar Abschaffen der Haushaltsabgabe, ebenso ein Sparvolumen im ORF von 15 Prozent pro Jahr. „15 Prozent müssen wir nächstes Jahr ohnehin einsparen, das werden wir auch zusammenbringen“, verweist Weißmann auf das aktuelle, in Umsetzung befindliche Sparpaket im ORF.
Aus diesem ergeben sich für 2025 Einsparungen von „80 Millionen und 2026 104 Millionen Euro“ – „ohne dass es das Publikum merkt“. Es laufe „trotz hartem Sparpaket ganz gut“: Der ORF habe 2024 um 60 Prozent weniger Nachrichtenartikel auf news.orf.at veröffentlicht als 2023 – „und trotzdem finden wir unser Publikum“. Und auch die Streamingplattform on.orf.at kommt „sehr gut an“.
„Bergdoktor“
Zu etwaigen Plänen einer etwaigen Regierung hält es Weißmann „wie immer: Ich richte den Verhandlern sicher nichts in der Öffentlichkeit aus.“ Unabhängig davon, „wer das Vis-a-vis ist, versuche ich zu überzeugen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk wichtig ist und beim Publikum gut ankommt. Aber: Gesetze macht der Gesetzgeber. Die werden wir bestmöglich umsetzen.“
Zuletzt wurde gegen die Sparpläne etwa der „Bergdoktor“ in Stellung gebracht: Wenn der ORF weiter sparen muss, könnte die Sendung nicht mehr finanziert werden, sagte Stiftungsratsvorsitzender Lothar Lockl.
Was sagt der General dazu? Wenn man über das derzeitige Sparpaket hinaus einsparen müsste, „wird man das irgendwann im Programm merken“, so Weißmann. Es gebe, betont er, jedenfalls „längerfristige Verträge und Verbindlichkeiten und Kündigungsfristen, die einzuhalten sind, wenn man kündigen muss. Das ist tatsächlich etwas komplexer als mit einem Federstrich zu sagen: so und so viel muss gespart werden.“ Sollte der etwa ORF 2026 weitere 100 Millionen Euro sparen müssen, „dann geht das kurzfristig natürlich nur über Programme, die dann nicht mehr produziert werden können.“ Und es stelle sich die Frage, „kann das dann jemand anderer ersetzen – oder geht es dann, in der wirtschaftlich schwierigen Zeit, in der wir alle sind, überhaupt verloren? Das wäre meiner Meinung nach schade, weil es dann unwiederbringbar weg ist.“
Gehälter
Ein Teil dieser Spardebatte sind die Gehälter, demnächst wird wieder die Liste der Spitzenverdiener veröffentlicht, die im Vorjahr für Aufregung gesorgt hatte. Dies sei „ein sensibles Thema“, sagt Weißmann. Der letzte Kollektivvertrag aus 2014 sei „absolut marktkonform, es ist nur mehr eine Frage der Zeit, bis alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ORF in diesem marktkonformen Kollektivvertrag beschäftigt sind.“
Bezüglich des ORF-Programms sagt Weißmann, dass er mit der Information „extrem zufrieden“ ist. Kritik daran, dass es mit drei Chefredakteuren eine „aufgeblähte Struktur“ gebe, weist er zurück. Die Information sei „sicher der heikelste Bereich im gesamten ORF. Das Etablieren einer multimedialen Redaktion ist eine große Herausforderung. Das wäre vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen. Nun funktioniert es sehr, sehr gut.“
Die Neuerungen bei der Politdiskussion am Sonntagabend – „Das Gespräch“ löste dort „Im Zentrum“ ab – findet Weißmann „spannend, mir gefällt es. Es haben an einem sehr schwierigen Sendeplatz schon hervorragende Sendungen stattgefunden.“ Ob er einen Generalsekretär an seine Seite holt (auch das war politisch im Gespräch), habe Weißmann selbst zu Beginn seiner Amtszeit überlegt. „Ich bin damals davon abgekommen. Aber ja, ich halte das durchaus für eine Überlegung, ich war immer ein Verfechter von flexiblen und agilen Strukturen.“
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