Und um 20.10 Uhr sagt Mirjam Weichselbraun: „Der Ball der Bälle“.
Um 20.15 Uhr kommt dann endlich Alfons Haider ins Bild (er steht auf dem Dach, sagt etwas von "Mission Impossible" und verwechselt sich offenbar mit Tom Cruise) und kündigt an, Christoph Wagner-Trenkwitz und Karl Hohenlohe seien zu sehen, „wie Gott sie schuf“. Die beiden tragen aber dann Gottseidank doch Frack. Hohenlohe spricht von einer „roten Schachtel“, meint aber keine Ballbesucherin, sondern den Eingangsbereich der Oper.
Um 20.19 sagt Mirjam Weichselbraun erst zum zweiten Mal „Ball der Bälle“.
Wenig später schiebt Hohenlohe eine der besten Wuchteln dieses Abends: Auf dem Opernball sei „Schmuck wie Perlen ohne Säue“.
Dann ein erster Eindruck vom Ballsaal: Die Blumen haben heuer erstmals Lichterketten, das Ganze sieht sehr anheimelnd aus, ein bisschen wie ein Gemeindebau im Dezember. Nur die blinkenden Rentierschlitten fehlen.
Um 21.09 Uhr sagt endlich jemand „Der schönste Ballsaal der Welt“.
Danach kommen die drei Reporter – Mirjam Weichselbraun, Teresa Vogl und Alfons Haider – ins Bild, und Weichselbraun sagt den Satz, der für den ganzen Abend gilt: „Was jetzt passiert, das wissen wir nicht ganz genau.“ Es passiert eine von der Redaktion organisierte, wahn-sinn-ig lustige Rätsel-Rallye, die Reporter müssen Plätze im Haus finden (bzw. sie spielen mehr schlecht als recht, als wüssten sie nicht ganz genau, wo sie hingehen müssen).
Interessantester Aspekt dieses Spiels: Weichselbraun muss irgendwas mit einem Brathuhn, Weintrauben und Handschellen machen, und das klingt dann doch eher nach RTL2 als nach ORF. Alfons Haider isst hintereinander ein Lebkuchenherz, Käse und ein Eis und sagt mit vollem Mund den schönen Satz: „Das ist wirklich sehr Wurm.“
Um 21.14 Uhr ist endlich Richard Lugner im Bild, allerdings ohne Kartoffelsack.
Auch die Opernball-Komödianten Wagner-Trenkwitz und Hohenlohe bekommen eine „Aufgabe“, nämlich ein Selfie mit Richard Lugner zu machen. Kommentar von Hohenlohe: „Ein Selfie ohne Lugner wäre schwieriger.“ (Das Selfie wird dann mit einer Lugner-Maske statt dem echten Lugner nachgestellt, was man verstehen kann.)
Der Verleger Christian W. Mucha, der bekanntlich keine Angst vor der Eitelkeit hat, kommt ins Bild. Hohenlohe: „Nein, kenne ich nicht.“
Teresa Vogl sagt einen weiteren dieser schönen Sätze, die den Ball so gut beschreiben: „Die Nervosität stärkt im Saal.“
Danach kommen minutenlang alle möglichen Prominenten ins Bild, und, keine Sorge, Karl Schranz und Birgit Sarata sind eh dabei.
Ins Ermessliche
Und noch so ein wunderbarer Satz, diesmal von Wagner-Trenkwitz: „Die Spannung steigt ins Ermessliche.“
Wagner-Trenkwitz und Hohenlohe sind immer lustig, aber ganz besonders dann, wenn sie über den Blumenschmuck spotten. Von „Pampa-Gras“ ist da die Rede, daraus wird dann „Pampers-Gras“ (Hohenlohe ist Jungvater). Wagner-Trenkwitz: „Es gibt auch Eukalyptus, sollten hungrige Koalas auftauchen.“ Danach verkleiden sich die beiden als Blumenschmuck, indem sie sich Lichterketten umhängen. Wagner-Trenkwitz: „Jetzt sind wir echte Königinnen der Nacht.“
Dann folgt ein Schwenk über die Logen. Wagner-Trenkwitz: „Es wird gewunken.“ Hohenlohe: „Und telefoniert.“ Womit sie den Sinn des Balles vollinhaltlich zusammengefasst hätten.
(Ehrlich: Könnte man nicht den ganzen Ball weglassen und nur Wagner-Trenkwitz und Hohenlohe zeigen?)
Um 21.49 Uhr kommen dann endlich Staatsoperndirektor Dominique Meyer und Ball-Organisatorin Maria Großbauer ins Bild und begrüßen die Fernsehzuschauer. Gottseidank, wir fühlten uns schon so … unbegrüßt.
Keine Panik
Jetzt wäre Zeit für die Eröffnung, aber vor der Eröffnung kommt traditionell das Interview mit dem Bundespräsidenten, traditionell nicht ungefährlich, immer anfällig für Peinlichkeiten. Heuer aber nicht – was auch am trockenen Humor des Bundespräsidenten liegt. Alfons Haider, in Anspielung auf Ibiza und die Folgen: „Freuen Sie sich, dass alles wieder normal ist?“ Alexander Van der Bellen: „Letztes Jahr beim Opernball war ja noch alles normal…“ Und dann folgt ein wunderbarer Satz: „Ein bissl Gelassenheit hilft, nicht in Panik zu geraten.“ Sollte man sich merken.
Und auch Van der Bellens Ehefrau Doris Schmidauer sagt einen wunderbaren Satz: „Österreich ist ein Land der Vielfalt.“ Und ja, auch das darf man sich ruhig merken.
Dann verfügt sich das Präsidentenpaar Richtung Saal, und die Eröffnung kann beginnen. Wagner-Trenkwitz: „Der Ort, an den der Bundespräsident zu Fuß hingeht – die Mittelloge.“
Dann ist Eröffnung, und die muss ich Ihnen nicht schildern, oder? Sie wissen, wie so etwas aussieht: Bunt, schön, ein bisschen sentimental und ein bisschen zu lang. (Aber das gilt für eine Kinderjause oder ein Maturatreffen auch.)
Danach unterbricht die ZIB2 die Ball-Übertragung (eigentlich eine Frechheit, dass das Weltgeschehen heute nicht Pause macht). Danach meldet sich Christoph Wagner-Trenkwitz mit der wahrscheinlich besten Pointe des Abends zurück:
"Willkommen zurück auf dem Dschungelcamp für Frackträger."
Und schon kommen die gefürchteten Interviews. Im Schnellvorlauf: Minister Gernot Blümel lobt Bundeskanzler Kurz; Staatssekretärin Ulrike Lunacek bekennt sich zur Vielfalt der Kultur; Staatsoperndirektor Meyer möchte in Mailand keinen Opernball einführen.
Finzi Vonn
Und dann - ENDLICH! - der Moment, auf den alle gewartet haben: Alfons Haider interviewt Ornella Muti und Richard Lugner. Und stellt dabei die ein wenig rätselhafte Frage: "Ornella Muti, Sie sind eine der schönsten Schauspielerinnen Europas, Sie sagen immer, dass Sie nicht vom Meer wegkommen." Sehr schön auch dieser Dialog - Lugner: "Sie spricht perfekt Deutsch." Haider: "Herr Lugner, Sie sprechen aber auch perfekt Deutsch." (Zwei sehr charmante Lügen).
Danach kommt noch einer dieser berüchtigten Lugner-Sätze: "Sie (Muti; Anm.) war ja immer meine erste Wahl, aber ich hatte einen Vertrag mit der Finzi Vonn, und da hab ich nicht zurückkönnen."
Damit war eigentlich alles gesagt, viel passierte nicht mehr, abgesehen davon, dass Ralf Möller zu Mirjam Weichselbraun "Hannelore" sagte. Und Maria Großbauer, die scheidende Organisatorin, spielte sehr kompetent Jazz-Saxofon.
Kompliment an den ORF, das war eine anständige Übertragung.
Und nirgendwo ein Kartoffelsack.
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