Offene Fragen um Ablöse von Ex-ORF-Mann Scolik beim Bayerischen Rundfunk

Es war eine „seltsame Trennung“ stellt nun die Süddeutsche Zeitung fest: Ende Oktober 2021 wurde bekannt, dass der Programmdirektor Kultur des Bayerischen Rundfunks, der frühere ORF-Manager Reinhard Scolik, den Sender „im gegenseitigen Einvernehmen“ zum Jahresende verlassen werde. Das Seltsame daran: Der Vertrag Scoliks war erst im Sommer 2020 (bis September 2024, dem Beginn seines Ruhestandes) vom zuständigen Gremium, dem Rundfunkrat, verlängert worden. Dazwischen lag die Bestellung von Katja Wildermuth, zuvor Programmdirektorin des MDR, zur Nachfolgerin von Ulrich Wilhelm als BR-Intendantin. Das Geschehen erinnerte an den Fußball, wo neue Trainer mitunter Stammspieler ins Abseits rücken.
Im Zuge der Diskussionen um den Filz im Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) und weiteren Problemen bei anderen ARD-Regionalsendern ist nun auch der Bayerische Rundfunk (BR) in die Diskussion geraten. Die Frage, die man sich offenbar erst jetzt stellt, lautet, musste Scolik ausbezahlt werden – wie es jedenfalls beim Fußball üblich wäre. Der BR weist ein durchschnittliches Direktorengehalt von 20.800 Euro monatlich aus

Die neue BR-Intendantin Katja Wildermuth hatte andere Vorstellungen von Programm als der zuvor verlängerte Direktor Reinhard Scolik
BR-Rundfunkratsmitglied, Medienunternehmer und FDP-Landespolitiker Helmut Markwort sagte nun der Bild, es könne nicht sein, dass der Sender einem ausscheidenden Direktor eine „hohe sechsstellige Abfindung zahlt und dem Rundfunkrat genaue Informationen vorenthält“. Auch die Süddeutsche berichtete darüber. Marktwort sitzt allerdings schon seit 2019 im Rundfunkrat.
Der BR wiederholte am Donnerstag sinngemäß seine frühere Stellungnahme: „Wie bereits bekannt, hat Herr Dr. Scolik den BR in gegenseitigem Einvernehmen verlassen, darüber hinaus wurde Stillschweigen vereinbart“, sagte BR-Sprecher Markus Huber auf Anfrage der dpa. Hier gelte zudem: „pacta sunt servanda“ (Verträge sind zu erfüllen). Scolik verweist seinerseits auf die Verschwiegenheitsklausel.

Ulrich Wilhelm schlug Scolik noch zur Verlängerung durch den Rundfunkrat vor. Trotz Pandemie und Umstrukturierungen wollte er ein „arbeitsfähiges Haus“ übergeben, erklärte er
Der Wechsel in dem Topjob beim öffentlich-rechtlichen BR war eine sehr ungewöhnliche Personalentscheidung, die sich die im Februar 2021 als Intendantin gestartete Wildermuth leistete. Die Verlängerung des 63-Jährigen kurz vor dem Ausscheiden Wilhelms ging einher mit der trimedialen Umstrukturierung der BR-Programmdirektionen zum 1. Juli 2020. Der Ex-Intendant erklärt den neuen Vertrag für Scolik in der Süddeutschen Zeitung so: Er habe seinen Rückzug als Intendant erst kurz vor der Juli-Sitzung des Rundfunkrates bekannt gegeben. Dort habe man „eine gute, argumentative Debatte“ darüber geführt, ob die Personalie Scolik noch auf die Tagesordnung kommt. Er habe argumentiert, dass sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin, damals noch nicht bekannt, beim Amtsantritt am 1. Februar 2021 sonst einen Monat später ohne Programmdirektion gewesen wäre – während Lockdown und Umstrukturierung wollte er aber ein „arbeitsfähiges Haus“ übergeben. Eine Verlängerung (per Mehrheitsbeschluss im Rundfunkrat) acht Monate vor Vertragsablauf sei überdies nicht unüblich. Er selber hab auch mit Personalien gelebt, die noch sein Vorgänger entschieden habe, meinte Wilhlem zur SZ.
Im Sender sagten bei Scoliks Ausscheiden viele, dass Wildermuth und er recht unterschiedliche Vorstellungen hatten. Der Wiener war 2016 vom ORF in Wien zum BR gekommen, damals als Fernsehdirektor.

Von links: Ilse Aigner (Vorsitzende Verwaltungsrat, Bayerischer Rundfunk), Godehard Ruppert (Vorsitzender Rundfunkrat, BR) und Katja Wildermuth (Intendantin, BR).
BR-Sprecher Huber sagte zur Vertragsauflösung nun der dpa: „Die Vereinbarung wurde von dem dafür zuständigen Gremium, dem Verwaltungsrat des BR, nach Prüfung genehmigt“.
Die Vorsitzende des zuständigen BR-Verwaltungsrates, Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU), wollte auf Anfrage nichts zu den Konditionen der Trennung sagen. „Da hierüber Stillschweigen vereinbart wurde, werde auch ich mich daran halten.“ Zugleich betonte sie wie auch zuvor in der SZ: „Ich kann mir aber vorstellen, künftig - im Sinne von öffentlicher Transparenz - im Einzelfall durchaus anders zu verfahren.“
Der viel größere Aufreger scheint aber ohnehin der Neubau des Bayerischen Rundfunks als „Campus Freimann“ zu sein, wohin in den nächsten Jahren mehr als 1000 Mitarbeiter zeihen werden. Hauptdiskussionspunkt dabei: eine Kantinenerweiterung um 15, 5 Millionen.
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