ÖVP-Stiftungsrat Schütze: ORF soll "erklären und nicht belehren"

Gregor Schütze ist seit Juni Freundeskreisleiter der ÖVP-nahen Stiftungsräte und seit 2018 im obersten ORF-Aufsichtsgremium
Zusammenfassung
- Gregor Schütze sieht den ORF vor großen Herausforderungen wie Sparpaketen, Digitalisierung und Generationenwechsel, betont aber dessen zentrale Rolle als seriöse und vielfältige Informationsquelle.
- Sparpotenziale identifiziert Schütze vor allem in den ORF-Strukturen und fordert mehr Budgethoheit für Landesstudios sowie eine stärkere Kooperation mit privaten Medien.
- Die Neuaufstellung des ORF-Beitragsservice und die Sicherheitslage am Küniglberg stehen ebenfalls auf der Agenda der Stiftungsratssitzung kommende Woche.
ÖVP-Stiftungsrat Gregor Schütze sieht den ORF vor einer „Zeitenwende für die nächsten fünf bis zehn Jahre“. Gleichzeitig sei der öffentlich-rechtliche Sender „in unsicheren Zeiten wie diesen wichtiger denn je“. Im Gespräch mit Journalisten bekräftigt der PR-Unternehmer, die bis Ende 2026 amtierende ORF-Geschäftsführung unter Roland Weißmann genieße „aktuell sein vollstes Vertrauen.“
Schütze sieht den ORF zur Zeit in der Verantwortung, ein „Ort der Orientierung, größtmöglicher Seriosität und gleichzeitig auch im Programm Ort der Begeisterung und der Vielfalt“ zu sein. Verantwortung trage jeder, der im ORF arbeite, „und dazu zählt auch der Stiftungsrat“, betont er. Besonders in der Information sei es wichtig, „ein Stück der Welt den Österreicherinnen und Österreichern zu erklären und sie nicht zu belehren. Ich sage das sehr bewusst“, so der ehemalige Pressesprecher.

Schütze zum Thema Sparpotenziale im ORF: „Ist es noch zeitgemäß ist, dass die ,ZiB1' von zwei Personen moderiert wird?“
Zu den größten Herausforderungen für den ORF zählt Schütze das nächste „massive Sparpaket“ ab 2027 und die digitale Transformation, die noch mehr Druck durch Google, Youtube und die großen Streamer bringt. „Ich glaube deshalb, dass die Bespielung von Kanälen wie Tiktok richtig ist, um neue junge Generationen mit dem Gütesiegel des ORF zu erreichen.“ Eine weitere Herausforderung sei der Generationenwechsel im Haus.
Ist die Doppelmoderation noch zeitgemäß?
Sparpotenziale ortet Schütze vor allem in den Strukturen des ORF. Denn „das Programm und die Information sind das, wofür die Menschen mit ihrer Haushaltsabgabe zahlen.“ Beispielhaft hinterfragt er, ob „es noch zeitgemäß ist, dass die ,ZiB1' von zwei Personen moderiert wird“, und er verweist auf Ineffizienzen wie „vier ORF-Mikros plus Kamera“ bei Pressekonferenzen.
Für „extrem wichtig“ hält Schütze die Landesstudios, auch jenes in Südtirol samt dem Format „Südtirol heute“. Er plädiert dafür, den Landesstudios mehr Budgethoheit etwa auch im Personalbereich zu geben.
Der 41-Jährige sieht den ORF programmlich für 2026 gut aufgestellt. Persönliches Highlight ist die neue „Rex“-Serie, weil ein Format seiner Kindheit.
Der Song Contest ist ein Privileg
„Großartig“ findet er den Eurovision Song Contest, der ESC sei „ein Privileg“ für Österreich und den ORF. „Freuen wir uns, dass wir so ein Ereignis, das weltweit ausgestrahlt wird, bei uns veranstalten dürfen.“ In Anlehnung an ein Zitat von Generaldirektor Weißmann plädiert er für eine Show, die „spektakulär, aber sparsam“ ist. Die Finanzierung „wird man schaffen“.
Neuaufstellung der OBS
Im Zusammenhang mit den ORF-Finanzen wertet Schütze die Ablöse der Geschäftsführung beim ORF-Beitragsservice „als ersten Schritt in die richtige Richtung.“ Die OBS müsse „die konsumentenfreundlichste Stelle der Republik sein“. Im Stiftungsrat am Donnerstag wird die neue interimistische Führung bestellt. Die Nachbesetzung, zum Jahreswechsel geplant, ist noch nicht ausgeschrieben.

Der ORF gehört zur kritischen Infrastruktur. Die Sicherheitsdefizite machen ÖVP-Stiftungsrat Schütze nachdenklich
Aus der öffentlichen Finanzierung leitet der frühere ATV-Geschäftsführer auch die ORF-Verpflichtung zur verstärkten Kooperation mit privaten Medien ab. „Muss man alles herschenken – Stichwort Joyn und Urheberrechte? Das muss man sich im Stiftungsrat genau anschauen“, meint nun auch Schütze.
Kritische Infrastruktur
Ebenfalls auf der Agenda steht im Stiftungsrat die Sicherheitslage am Küniglberg, nachdem man im Zuge einer Führung von einer Palästina-Solidaritätsaktion überrascht wurde. „Das darf nicht passieren“, sagt Schütze.
Der ORF sei Teil der kritischen Infrastruktur dieser Republik mit besonderen Aufgaben im Krisenfall. „Man kann ja auch nicht einfach ins Innenministerium hineinspazieren.“ Die Sicherheitsfrage müsse man auch infrastrukturell nochmals bewerten.
Nächste ORF-Führung
Im August 2026 wird die nächste ORF-Führung gekürt. Für Schütze „stellt sich die Frage nach der Generaldirektorenwahl noch nicht.“ Seine Einschätzung? „Ich glaube, dass der Stiftungsrat überwiegend die Arbeit der Geschäftsführung, so wie ich auch, als sehr positiv sieht.“

Gregor Schütze ist Gründer und Geschäftsführer einer großen PR-Agentur im Bereich der Wirtschafts- und Krisenkommunikation. Davor war der Jurist bei ATV Direktor für Finanzen und Marketing und als stv. Kabinettschef und Pressesprecher im Finanz- sowie Innenministerium unter Maria Fekter tätig.
Seit 2018 ist der Oberösterreicher auch Mitglied im ORF-Stiftungsrat. Privat ist der 41-Jährige Vater von vier Kindern und lebt in Wien.
Kein Postillon der Politik
Mit der Konstituierung des neuen Stiftungsrats im Juni hat Schütze die durchaus machtvolle Funktion des Leiters des ÖVP-nahen Freundeskreises von Thomas Zach übernommen. Zu seinem Selbstverständnis als Stiftungsrat, der er seit 2018 ist, meint Schütze: „Ich war nie ein Postillon in Sachen Politik. Weder in die eine, noch in die andere Richtung.“ Auch wenn „der Stiftungsrat ein besonderer Aufsichtsrat ist, am Ende des Tages ist er ein Aufsichtsrat“. Und „eine Ehre“.
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