"Jemanden aufs Glatteis führen, das kann ich nicht"
KURIER: Haben Sie lange überlegt mitzumachen und warum haben Sie ja gesagt?
Nina Proll: Die Anfrage habe ich schon zu Beginn des Jahres über meine Agentur erhalten. Und tatsächlich war ich zunächst skeptisch und habe nicht reagiert. Aber irgendwie ging mir der Titel „Kann ich Kanzler?“ nicht aus dem Kopf. Nach einem ersten Treffen zum Brainstorming habe ich zugesagt. Die Zusammenarbeit mit Katharina Gellner, der Regisseurin, hat mich überzeugt.
Wie war die Vorbereitung? Man setzt sich ja nicht blank zu einem Kanzler a. D.?
Ich war sehr überrascht und natürlich auch aufgeregt, als so viele Ex-Kanzler bereit waren, mit mir zu reden. Ich habe im Vorfeld viel gelesen. Unter anderem das Buch „Message Control“ von Gerald Fleischmann – sehr zu empfehlen – und „Die letzte Ausfahrt“ von Markus Huber über den Wahlkampf 2017. Und ich habe immer tagelang gemeinsam mit meiner Regisseurin an meinen Fragen herumgefeilt.
Wie hat Ihnen der Rollentausch – nun als Interviewerin – getaugt?
Es hat mir irrsinnigen Spaß gemacht. Aber ich bin natürlich auch an meine Grenzen gestoßen, denn das Handwerk eines Investigativ-Journalisten beherrsche ich nicht. Ich unterhalte mich einfach gern, bin neugierig, aber jemanden aufs Glatteis führen, das kann ich nicht.
In der Schauspielerei steckt mehr Wahrheit
Haben Sie am durchaus launigen, aber auch informierenden Off-Text ebenfalls mitgearbeitet?
Die Off-Texte stammen in erster Linie von meiner Regisseurin. Bei bestimmten Punkten, die mir wichtig waren, hab ich mich eingemischt und meinen Senf dazu gegeben. Bei der Archivrecherche hatten wir tolle Unterstützung der gesamten Redaktion.
Welchen wichtigen Unterschied haben Sie für sich ausgemacht zwischen der Rolle als Bundeskanzler und jener einer Schauspielerin in der Öffentlichkeit?
Der größte Unterschied ist natürlich die Verantwortung, die ein Bundeskanzler trägt. Aber es gibt erstaunlich viele Parallelen: Beides sind Bühnenberufe, man steht in der Öffentlichkeit, beides lebt von Inszenierungen und PR. Ich würde sogar sagen: In der Schauspielerei steckt mehr Wahrheit als in der Politik. Denn als Schauspieler ist man immer um Wahrhaftigkeit bemüht, um seelische Entblößung, Enthüllung von Konflikten und ehrlichen Gefühlen, während ich den Eindruck habe, dass es in der Politik immer mehr um künstliche Narrative, Aufbauschen von Bedrohungen, Ablenkung von wahren Problemen und Vertuschung von Korruption geht.
Kanzlerkandidatur als Rollenspiel
Am Ende von Folge 1 sagen Sie: „Kann ich Kanzler? Ich probier’s.“ Würden Sie es wirklich probieren wollen?
Ich möchte nicht zu viel verraten, die Menschen sollen schließlich an beiden Donnerstagen Puls4 einschalten. Ich kann nur sagen, ich habe probiert, in die Rolle eines potenziellen Kanzlerkandidaten zu schlüpfen. Letztlich entscheiden die Zuschauer, ob sie mir diese Rolle abkaufen oder nicht.
In Folge 2, am nächsten Donnerstag zu sehen, sind die Politik-Berater am Wort.
Da geht es richtig zur Sache: Die Bedeutung großer Narrative und die praktische Umsetzung von allem, was ich in der ersten Folge gelernt habe. Die Kampagnenplanung mit Philipp Maderthaner (früherer Berater von Sebastian Kurz, Anm.) ist dabei natürlich ein Höhepunkt.
Was planen Sie als nächstes Projekt – vielleicht wieder mal ein Drehbuch?
Tatsächlich arbeite ich an einem neuen Drehbuch, dass ich – so Gott und die Förderer – wollen, nächstes Jahr gerne in die Umsetzung bringen möchte. Und es soll auch eine Fortsetzung von „Braunschlag“ geben, worauf ich mich sehr freue!
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