Menschen mit Behinderung in Medien: Helden oder Opfer

Berichterstattung über Menschen mit Behinderung fokussiert meist auf Charity oder Spitzensport. Im Bild: Para-Eishockey bei den Paralympics 2022
Eine neue Studie zeigt, dass Menschen mit Behinderung in österreichischen Medien unterrepräsentiert sind - es gibt jedoch auch positive Entwicklungen.

Menschen mit Behinderungen sind in Massenmedien und den dazugehörigen Social-Media-Kanälen noch immer stark unterrepräsentiert. Das ergab eine Studie des Marktanalyse-Unternehmens MediaAffairs, die am Dienstag im Parlament präsentiert wurde. Untersucht wurde die Berichterstattung in Österreich im Zeitraum August 2021 bis Juli 2022. Obwohl laut Statistik Austria mehr als 18 Prozent der Bevölkerung mit einer sichtbaren oder unsichtbaren Behinderung leben, kämen Menschen mit Behinderungen in Medien kaum vor.

Wenn berichtet wird, liege der Fokus zu fast 50 Prozent auf zwei Themen: Behindertenspitzensport und Charity. „Das ist eine massive Einschränkung“, wie Studienleiterin Maria Pernegger erklärt. Einerseits gebe es in der Sportberichterstattung eine Art „Heldeninszenierung“. Den Gegenpol bilde die Darstellung als „Opfer“, wenn Menschen mit Behinderung als „bemitleidenswert“ inszeniert würden. „Beides stellt den Alltag von Menschen mit Behinderung nicht angemessen dar“, so Pernegger. Themen wie inklusive Bildung, finanzielle Absicherung, Arbeiten oder Wohnen blieben hingegen unterrepräsentiert.

Verbesserung

Seit der letzten Erhebung im Zeitraum 2015/16 seien jedoch einige positive Entwicklungen festzustellen: Themen wie Bewusstseinsbildung oder Best-Practice-Beispiele seien stärker aufgegriffen worden.

Aus Sicht der UN-Behindertenrechtskonvention sei ein Großteil der Berichterstattung in klassischen Medien und den dazugehörigen Social-Media-Accounts als neutral zu beurteilen. Ein Viertel widerspreche der Konvention noch immer, etwa durch diskriminierende Formulierungen wie „an den Rollstuhl gefesselt“. „Aber wir sehen, dass sich Einiges tut“, betont Pernegger. Zum Vergleich: Im Zeitraum 2015/2016 lag dieser Wert noch bei 50 Prozent.

„Inklusion passiert nicht automatisch, nur weil sie gesetzlich festgeschrieben ist. Inklusion kann nur gelingen, wenn möglichst alle mitwirken.“ Medien würden da eine wichtige Rolle spielen – es brauche aber auch Wirtschaft und Politik: Nur zwei Prozent der Berichterstattung über Menschen mit Behinderung sei mit Vertretern der Parlamentsparteien besetzt – und dann vor allem im Zusammenhang mit Sport und im Charity-Kontext.

Spenden

Ende des Vorjahres hatte eine kritische Doku über „Licht ins Dunkel“ von der inklusiven Online-Plattform andererseits für Aufsehen gesorgt. Darin pochen Menschen mit Behinderung und Experten auf die Einhaltung der UN-Konvention, anstatt durch „Licht ins Dunkel“ als Bittsteller dargestellt zu werden, während Politikern und Unternehmern eine breitenwirksame Bühne geboten werde. ORF-General Roland Weißmann lud Anfang Februar zu einem Runden Tisch, Konkrete Änderungen wurden dabei aber nicht fixiert.

„Licht ins Dunkel“ findet auch in der Studie von „MediaAffairs“ Erwähnung: Der Social-Media-Auftritt der Spendenaktion setze immer wieder positive Akzente für Bewusstseinsbildung. Auch in den Sendungen gebe es „erwähnenswerte Verbesserungen“. Dennoch: „Vom Narrativ der großen Events, bei denen für bemitleidenswerte Behinderte durch engagierte Promis mit großem Herz Spenden gesammelt werden, kommt man so schnell nicht weg“, heißt es da.

Die Studie wurde im Rahmen der Auftaktveranstaltung der Zero Project Conference 2023 präsentiert und ist auf mediaaffairs.at downloadbar.

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