Auf eine Pizza mit der KI
Lobo garnierte seine Ausführungen wie gewohnt mit zahlreichen Beispielen. Etwa, dass China bereits 2018 ein Schulfach KI eingerichtet habe. Oder dass der KI-Dienst AutoGPT per Telefonanruf die gewünschte Pizza beim Italiener bestellen kann. Gespenstisch muteten jene Beispiele an, wo die KI bereits jetzt menschlicher Leistungsfähigkeit überlegen zu sein scheint. Etwa beim Spieleklassiker Go oder sogar in Sachen Empathiefähigkeit gegenüber echten Ärzten.
Er nahm auch Bezug auf Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), die davor in einem „politischen Ausblick“den Medien die Rolle zuschrieb: „Sagen, was ist.“ Lobo sagte, er fühle sich dafür zuständig, zu sagen, „was wird.“
Ein Blick in die Zukunft wurde in den Diskussionsrunden versucht. Michael Grabner (Funktionen bei Holtzbrinck und Mediaprint) prognostizierte, dass mittelfristig „nur ein, zwei starke Medienmarken pro Kulturraum“ übrig bleiben. Daneben würden konkurrenzfähige Lokalmedien bestehen bleiben.
„Angst ist ein schlechtes Gefühl“, sagte hingegen Medienmanager Gerhard Zeiler, von Warner Bros. Discovery International. Der Medienmanager sprach sich dafür aus, den Disruptionsprozess durch KI anzunehmen, doch – anders als Lobo – vertrat er die Meinung, dass man diesen stärker regulieren müsse. KI könne bei Personalisierung der Inhalte helfen. Was die Inhalte selbst betrifft, glaube er aber „an die Magie des kreativen Prozesses“, sagte der frühere ORF-Chef. Das sehe man auch am Kino-Hit „Barbie“, dessen Erfolg man im Konzern „nicht im geringsten“ vorausgesehen habe.
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ORF-Chef regt Kooperation zu KI an
Die Aufmerksamkeit beim jungen Publikum sei eine komplett andere. Zeiler nannte Saudi-Arabien, wo die Durchschnittsdauer von Sendungen bei zehn Minuten liege. Nico Hofmann brachte ein Beispiel, wie man bei der UFA darauf reagiere. Der Soapklassiker „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ werde nun über TikTok verbreitet. Der Zeitgeist sei derzeit „unglaublich unruhig“, die Antwort darauf sei „ein ständiges Ausprobieren.“
Warnende Worte fand SWR-Intendant Kai Gniffke zum Thema „Fake News“. Die „größte Bedrohung der Menschheit“ sei mittlerweile die zunehmende Unfähigkeit, Fälschung von Wirklichkeit zu unterscheiden, dies bedrohe soziale Beziehungen. Auch sein Haus habe kürzlich „einen Bock geschossen“. Fehler müssten klar benannt werden, meinte auch ORF-Generaldirektor Roland Weißmann. Was KI betrifft, sagte er, den letzten Blick müsse immer ein Mensch haben. Er sprach sich für eine Kooperation am heimischen Medienmarkt aus, um einen gemeinsamen Umgang mit den neuen Technologien zu entwickeln und ein „Gütesiegel für echten Qualitätsjournalismus“ zu schaffen.
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Thema Wehrschütz
Gefragt nach der Affäre Wehrschütz um Verwendung gefälschter Videos, verwies Weißmann darauf, dass ein internes Kontrollsystem aufgesetzt worden sei. Einen anderen Aspekt zum ORF-Ukraine-Korrespondenten griff Ministerin Edtstadler auf. Dazu, dass dessen Akkreditierung im vom Krieg erschütterten Land bisher nicht verlängert wurde, sagte sie: „Es kann nicht sein, dass man sich aussucht, welcher Korrespondent aus der Ukraine berichtet.“ Sie zeigte sich verwundert, dass der Aufschrei aus anderen Medien nicht größer sei. „Weil Wehrschütz zu sehr vom Mainstream abweicht?“, mutmaßte sie.
Amtsgeheimnis
Zudem bekräftigte Edtstadler, das Amtsgeheimnis müsse in die „Mottenkiste der Republik wandern“, das Informationsfreiheitsgesetz werde kommen, man sei „auf den letzten Metern“.
Politische Ankündigungen ist man bei den Medientagen gewohnt. Am Donnerstag wird am Erste Campus auf Einladung des Manstein-Verlags weiterdiskutiert.
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