Naturfilmer Prümm über „Katavi": „Es ist ein schmaler Grat, was man zeigt“

In Zeiten von Hunger und Durst streiten Löwen und Krokodille um den Kadaver eines Nilpferds
Der TV-Dreiteiler dokumentiert die Tierwelt in einem kaum bekannten Teil Afrikas und wie sie Extreme der Natur meistert – oder stirbt (Mi., 21.15 Uhr, ServusTV)

„Es ist ein Ort, von dem nur wenige je gehört und den noch weniger je gesehen haben“: Owen Prümms Dreiteiler „Katavi“, ab Mittwoch bei ServusTV (21.15 Uhr), führt in einen gigantischen Nationalpark im Westen Tansanias. Dieses Mosaik aus Grasland, Flüssen und Sümpfen ist geprägt von Hippos, Löwen und Krokodilen in zuvor nie gesehener Fülle. 

„In einer Szene sieht man – ich habe sie gezählt – 411 Flusspferde. Das sind unglaubliche Bilder“, schwärmt Walter Köhler, Chef der Wiener Terra Mater Studios, die „Katavi“ produziert hat. „Es ist ein Afrika, wie es vor 150 Jahren gewesen sein mag.“ Doch auf den gottvergessenen Landstrich kommt ein Drama zu…

Naturfilmer Prümm über „Katavi": „Es ist ein schmaler Grat, was man zeigt“

Tierfilmer Owen Prümm: „Bei Hippos musst du einfach rennen“ 

„Katavi ist ganz anders als alle anderen Gebiete, in denen ich zuvor gearbeitet habe“, sagt Owen Prümm, der u. a. für den mit der ROMY ausgezeichneten Mehrteiler „Das Gesetz der Löwen“ und den Kinofilm „The Bastard King“ verantwortlich war. 2015 hat der Naturfilmer, Regisseur und Kameramann die erste Erkundungstour in die Region gemacht.

„Ich hatte zuvor nur Gerüchte über diesen Ort gehört und es war schwierig, Menschen zu finden, die tatsächlich darüber erzählen konnten“, sagt Prümm im KURIER-Gespräch. Kein Wunder, wie Recherchen zeigten, denn in manchen Jahren sind nur 90, in anderen höchstens 200 Menschen dort eingereist.

Ort voller Geheimnisse

„Das Geheimnisvolle, das dieses Land umgibt, hat mich fasziniert“, so Prümm. Dass kaum Menschen dorthin vordrangen, machte es nochmals interessanter. „Denn heute haben wir häufig das Problem, dass auch einst entlegene Gebiete von Touristen überrannt werden und man deshalb dort kein natürliches Verhalten in der Tierwelt mehr einfangen kann.“

Wobei auch für Katavi der Tourismus eine Chance ist. „Ich habe die Genehmigungen, dort zu arbeiten, bekommen, weil auch die Regierung daran interessiert ist, das Gebiet zu promoten.“ Auch Naturschützer seien froh darüber. Denn „Landstriche, die auch keinen ideellen wirtschaftlichen Wert darstellen, können schnell den Begehrlichkeiten von Bergbauunternehmen ausgesetzt sein.“

Jahrhundert-Dürre 

Für die Dreharbeiten in jeder Hinsicht prägend war die durch El Niño ausgelöste Dürre. „Das war ein Jahrhundertereignis. Aus Sicht der Tiere ein Unglück, aus unserer Sicht ein Glück, dass wir das dokumentieren konnten.“ Beeindruckend war für den 61-Jährigen, neben der enorme Anzahl, „wie sich Flusspferde und Krokodile im immer weniger werdenden Wasser zu sehr engen Gruppen zusammenschließen. Ich bin mir nicht sicher, ob das jemals zuvor auf Film festgehalten wurde.“

Sehr dramatisch wird es, „als kurz vor den Regenfällen die massiven Krokodile vor unserer Kamera zu sterben beginnen.“

Einen weiteren Erzählstrang bilden die Löwen und ihre „Familiengeschichte“ – mit deren Höhen, etwa dem neuen Nachwuchs, und Tiefen durch die Grausamkeiten der Natur. „Es ist ein schmaler Grat, was man zeigt oder nicht, und es gibt immer Bedenken“, sagt Prümm. „Ich habe immer versucht, so viel wie möglich von der Realität zu zeigen. Darauf muss aber das jeweilige Publikum vorbereitet sein. Für diesen Film wurde deshalb manches auf das Wesentliche reduziert.“

Mit Elefantendung gegen Tsetse-Fliegen

Die Dreharbeiten über viele Monate waren auch für die Beteiligten und die Ausrüstung grenzwertig. „Aber ich habe ein kleines Team an Tansaniern, die genau wissen, was es für Dreharbeiten im Busch braucht“, sagt Prümm. „Angst spielt da keine Rolle. Es tauchen manchmal Probleme auf, mit denen wir über die Jahrzehnte gelernt haben umzugehen.“ 

Ein gravierendes Problem sind etwa Tsetse-Fliegen, die die Schlafkrankheit übertragen: „Die haben wir uns vom Leib gehalten, indem wir Elefantendung verbrannt haben“, erläutert Prümm.

Und manchmal kamen Hippos ins Camp. „Da heißt es ruhig bleiben. Das sind keine Tiere, mit denen man verhandeln kann.“ Bei Elefanten und Löwen habe man eine Chance, ihnen mit einer bestimmten Körpersprache etwas zu vermitteln, sagt der gebürtige Südafrikaner. „Bei Hippos musst du einfach rennen und hinter oder unter ein Fahrzeug springen. Die griffen gelegentlich auch meines ohne Grund an, die hatten einfach schlechte Laune.“

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