ORF-Stiftungsratschef Lederer: "Müssen mit Beitragszahlern besser umgehen"

Interview: Heinz Lederer
Der neu gewählte Vorsitzende über die ORF-Führung und deren Wahl, die wirtschaftliche und programmliche Aufstellung, die Haushaltsabgabe und Spitzengehälter

In der konstituierenden Sitzung des ORF-Stiftungsrates am Dienstag wurde SPÖ-Vertreter Heinz Lederer zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er ist damit Nachfolger des grün-nahen Lothar Lockl, der ausgeschieden ist. Lederer, einst SPÖ-Kommunikationschef und nun PR-Berater, ist seit vielen Jahren Mitglied im obersten ORF-Aufsichtsgremium. Im kommenden Jahr wird er dann auch die Kür der nächsten ORF-Geschäftsführung zu moderieren haben - im Fall eines Stimmengleichstands entscheidet dann übrigens die seine. 

(Interview-Langfassung)

Sie sind als SPÖ-Stiftungsrat nun zum Vorsitzenden gewählt worden. Ist eine solche Konstellation mit einem Parteien-Vertreter nicht schon aus der Zeit gefallen? 

Gott sei Dank gibt es, außer dass aktive Politiker und in einigen Nebenorganisationen beschäftigte Menschen nicht Stiftungsräte sein dürfen, keine weiteren Beschränkungen dazu im ORF-Gesetz. Denn wenn man das etwas weiterdenkt: Es ist schon etwas Höchstpersönliches, dass man Parteimitglied ist. Das kann kein Ausschließungsgrund sein. Und: Meine Cooling-Off-Phase für eine solche Funktion ist nach 25 Jahren in der Privatwirtschaft ausreichend lange gewesen. Wichtig ist mir, man glaubt im Gremium, dass es mir um die Sache geht, ums Fachliche und dass ich nicht irgendwelche parteipolitischen Rankünen vorhabe. 

Die SPÖ stellt nun in beiden Gremien des ORF jeweils den Vorsitz. Sie im Stiftungsrat, Gabriele Zgubic-Engleder im Publikumsrat. Das heißt nach kolportierter Formel, dass der nächste Generaldirektor aus der türkisen Ecke kommt? 

Das heißt es definitiv nicht. Das amtierende ORF-Direktorium hat noch seine Funktionsperiode bis Ende 2026 zu erfüllen. Es arbeitet gut, hat einige Hürden genommen, aber die schwierigsten Herausforderungen noch vor sich. Wir haben ein Sparpaket von etwa 200 Millionen zusätzlich zu schultern durch die Nicht-Valorisierung des ORF-Beitrags, im kommenden Jahr stehen Sportgroßereignisse auf dem Programm und nun ist auch der Eurovision Song Contest zu meistern. Das heißt, da kommt ein wirklich hartes Stück Arbeit auf den ORF zu und darauf ist zu fokussieren. Etwa zwei Monate vor der Bestellung der ORF-Geschäftsführung, die im August 2026 stattfindet, sollte klar sein, wer sich bewerben wird. Es sollte jedenfalls genug Zeit für Hearings geben - intern vor den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch öffentlich, so dass sich die Beitragszahler ein Bild machen können. Vordringlich ist jetzt aber der Fokus auf die wirtschaftlichen und programmlichen Herausforderungen.

Interview: Heinz Lederer

Wie wollen Sie diese Funktion anlegen? FPÖ-Vertreter Norbert Steger hat als Stiftungsratsvorsitzender gemeint, ORF-Redakteure bewerten zu müssen. Ihr Vorgänger Lothar Lockl hat sehr zurückhaltend agiert. Wollen Sie es vernehmbar aktiv angehen, quasi als Neben-Geschäftsführung?

Wer mich kennt, so wie meine Kolleginnen und Kollegen im Stiftungsrat, weiß auch um meine Positionierung. Ich freue mich, dass ich Stiftungsratsvorsitzender eines so spannenden Unternehmens mit 4000 Mitarbeitern sein darf, einem House of Excellence sowohl in Hinblick auf den Journalismus als auch die technische Qualität. Mir ist ganz wichtig, dieser Stiftungsrat sieht sich als Partner der Geschäftsführung, aber vor allem auch als Repräsentant des ORF nach außen. Das zeigt sich auch schon in unserer inhaltlichen Arbeit. 

Inwiefern?

Ein Blick auf die Tagesordnung Stiftungsrates zeigt, dass es am Dienstag keine Proforma-Sitzung war oder ein Aufwärmen, sondern dass wir gleich ans Eingemachte gegangen sind, gleich ans Arbeiten, gleich ans Umsetzen. Die Medienwelt ist in einem gigantischen Transformationsprozess, das gibt es keine Zeit mehr zuzuwarten. Das betrifft nicht nur uns als ORF, sondern den gesamten Medienstandort Österreich. Und hier sind auch unsere Partner. Die Bedrohung kommt von Big Techs, die dem Land jedes Jahr 2,5 Milliarden aus der Tasche ziehen, die Googles und Co, die wenig bis nichts zur Wertschöpfung hierzulande beitragen. 

Wie sehen Sie den ORF aktuell aufgestellt, zunächst wirtschaftlich? Da gibt’s, wie schon angesprochen, Herausforderungen, aber auch, zum Teil selbst gemacht, Schwierigkeiten, etwa bei der Haushaltsabgabe. Es gab dazu in der Sitzung ja auch einen Antrag von Ihnen und Kollegen von ÖVP und Neos.

Ich bin wirklich stolz, den ORF in dieser Phase der Transformation begleiten zu dürfen und da will ich auch gern meinen Beitrag leisten jenseits jeglicher parteipolitischen Zuordnung. Und deshalb spreche ich immer wieder dieses eine Thema an, die OBS. Es ist für die Marke ORF einfach schlecht, wenn es in der Kommunikation mit unseren Kunden vor allem darum geht, wer klagt wen und wann, ums Warten auf einen Bescheid oder um Mahnungen, die vor der ersten Rechnung kommen. Ich wiederhole mich, aber das muss sich endlich ändern. Wir müssen mit unseren Beitragszahlern auf Augenhöhe kommunizieren und mit ihnen besser umgehen. Man wird sich deshalb über den Sommer ganz genau anschauen, wie die OBS aufgestellt ist und auch Konsequenzen ziehen müssen. Ich fordere da schnelle Änderungen zum Besseren und ein mehr an Service ein.

OBS: Der Ton macht die Musik 

Es scheint bei der OBS nicht nur in der Kommunikation mit der Kundschaft Probleme zu geben, sondern auch intern mit Abläufen, etwa beim Abarbeiten von Anträgen. Das hängt sicher zum Teil mit schlechtem Datenmaterial von außen zusammen, etwa den Meldedaten, aber nicht nur. Das kann dem ORF ja einige Schwierigkeiten bis hin zu Liquiditätsproblemen einbrocken.

Die Probleme mit dem Adressenmaterial konnten inzwischen weitgehend gelöst werden und damit auch ein mögliches Cash-Problem für den ORF. Aber das ist für mich nicht der entscheidende Punkt dabei: Es geht mir darum, wie wir den Beitragszahlern gegenübertreten. Die eine Seite ist, der ORF hat ein vielfältiges multimediales Programmangebot, tolle Sportrechte wie die Fußball-WM 2026etc. Das heißt, wir liefern ab, und das honoriert das Publikum, das zeigen ja auch die guten Quoten des bisherigen Jahres. Die andere Seite ist die Aufstellung im Inkasso-Bereich und das Marketing der OBS. Ich glaube, dass da zum Teil die Gewichtung nicht stimmt und es eine stärkere, direkte Ansprache unserer Kunden braucht. Der Ton macht die Musik. 

Es drohen dem ORF da schon die nächsten Misstöne, für die er im Grunde nichts kann: Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Umstellung der Beitragszahlung auf Jahreszahlung mit Ende 2025 bei jenen, die kein SEPA-Lastschriftmandat haben. Wem auch immer das eingefallen ist, muss man da nicht offensiv auf den Gesetzgeber zugehen und Änderungen verlangen?

Ich bin nicht die Geschäftsführung, um das nochmals deutlich zu unterstreichen, sondern ich sehe mich als jemand, der nicht bloß Kraft Amt gewillt ist mitzuhelfen, sei es im ökonomischen Bereich, aber auch in anderen Bereichen wie Ausbildung oder Soziales. Was diesen Punkt betrifft, ist die Geschäftsführung gefordert. Das gilt auch in Hinblick auf die entsprechenden Ressourcen und das Direct-Marketing-Knowhow in der OBS. Die entscheidende Frage bei der Umstellung wird erneut sein: Wie kommuniziere ich mit meinen Kunden? Da drängt die Zeit und das geht nicht mit der Peitsche, soviel ist klar. Da braucht es, ich wiederhole mich, eine bessere direkte Ansprache. 

Es gibt jetzt einen neuen Medienminister (SPÖ-Chef Andreas Babler, Anm.)  mit möglicherweise mehr Fingerspitzengefühl für die Leute. Den könnte ein SPÖ-Stiftungsrat auf das Problem stoßen? 

Das steht auf jeden Fall auf meiner To-Do-Liste. 

Neue Partnerschaftlichkeit am Medienstandort

Der ORF soll vor allem mit seinen Programmen und Produkten die Menschen überzeugen. Wie sehen sie die Aufstellung in diesem Bereich.  

Das schafft er heuer gut und er liegt bei den Quoten bis jetzt über dem Vorjahr. Auch die neue TV-Saison hat einige wirkliche Highlights zu bieten: Der ORF hat 2026 die Olympischen Winterspiele, die Fußball-WM und nun auch den Eurovision Song Contest. Aber ich verhehle nicht, dass wir auch gleichzeitig auf das Regelprogramm schauen müssen, wir haben einen Kultur- und Informationsauftrag ebenfalls zu finanzieren, obwohl unser Spielraum noch stärker eingeschränkt wurde. Deshalb gilt auch hier wie im Sportbereich und im Sinne der neuen Partnerschaftlichkeit am Medienstandort, wo und wie können wir etwa Rechtekosten gemeinsam schultern, damit das österreichische Publikum möglichst viel attraktives Programm im Free-TV sehen kann und nicht in Streaming-Plattformen einzahlen muss. 

Interview: Heinz Lederer

Wie soll sich der ORF am Medienstandort und gegenüber den weiteren Akteuren hier also positionieren?

Aus vielen Gesprächen mit der Geschäftsführung, aber auch mit Stiftungsräten ergibt sich für mich ein neuer anderer Zugang zum Medienstandort. Im Kern geht es um einen stärkeren partnerschaftlichen Umgang mit den anderen Marktteilnehmern, statt beidseits weiter an kleinen Fürstentümern und Königreichen zu bauen - ein klassisches Beispiel wäre der Streit um die blaue Seite orf.at oder auch die Diskussionen um Online-First und Online-Only beim ORF. Es wurden jetzt wichtige gemeinsame Schritte gesetzt, wie die gemeinsame Werbung für den Medienstandort und da muss noch mehr kommen. Das könnte auch, soweit es die gesetzlichen Schranken zulassen, den Bereich der Werbung bei Radio und Online betreffen. Ich kann mir auch vorstellen, dass über den Sommer nochmals über die blaue Seite geredet wird. Grenze dessen ist natürlich, dass der ORF einen öffentlich-rechtlichen Auftrag hat, den er in seiner Vielfalt zu erfüllen hat. Aber das sollte niemanden hindern, allseits darüber nachzudenken, wo man sich bewegen und wo gemeinsame Möglichkeiten liegen. Aber auch hier gilt, wie schon bei der Werbung: Nur weil etwas dem ORF weggenommen wird, heißt das noch lange nicht, dass die heimischen Partner am Markt davon profitieren. Das kann auch als Schuss in den Ofen enden, wenn man das Publikum dabei außer Acht lässt. Und ein ganz wichtiger Punkt ist da, auch für die multimediale Zukunft des ORF, der Bereich KI. 

Da will sich auch der Stiftungsrat einbringen?

Wir als heimische Medien müssen uns noch viel stärker auf das Publikum oder im Fall des ORF auch auf die österreichischen Beitragszahler konzentrieren. Das schließt die Unternehmen in Österreich mit ein, die eine schwierige Phase durchleben. Wir leben in komplizierten und, wir haben es in der Vorwoche miterlebt, auch schmerzvollen Zeiten. Es gibt jede Menge Fake News und reale Bedrohungen für Gesellschaft und Demokratie, wenn etwa versucht wird, von außen Wahlen zu manipulieren. Da kommt dem Öffentlich-Rechtlichen eine ganz zentrale Funktion als Anker der Gesellschaft zu, etwas das mit Partnern, den privaten heimischen Medien, auf eine noch breitere Basis gestellt werden sollte. Deshalb gilt Türen auf, durchlüften, schauen, wo kann man mit gemeinsamen Anstrengungen Impulse für den Medienstandort setzen. Und ein solches Thema ist eben auch die Künstliche Intelligenz. Das wird im Herbst ein Schwerpunkt in der Arbeit des neuen Stiftungsrates sein. Da spielt auch die APA eine relevante Rolle. Und es arbeiten ja alle an und mit diesem Thema, auch die Printmedien. Da muss das Ziel sein, gemeinsam etwas voranzubringen. 

Unfreiwillig entgegenkommend ist der ORF im Bereich Radio, da muss die Cash-Cow Ö3 Federn lassen und die Diskussion über die Flottenstrategie scheint mir auch noch nicht beendet. 

Da war und bin ich immer sehr kritisch. Der Bereich sollte 2026 sehr schnell ein Themenschwerpunkt des neuen Stiftungsrates mit einem Studientag sein. Wir müssen aufarbeiten, warum ORF-Sender in manchen Bereichen verlieren. Auch hier geht es nicht zuletzt auch um Technologiefragen und um neue Formen des Community-Buildings. Wir kennen das von Ö1, auch vom sehr präsenten Ö3 und durchaus auch FM4. Ich bin nur nicht sicher, ob die jeweils angesprochenen Zielgruppen tatsächlich sich auch in den Analysen des ORF wirklich wiederfinden und umgekehrt. Also, es bedarf hier einer tiefgehenden Analyse der Radioflotte.

Billiges Emtionenschüren

Bei ORF On ist wohl auch noch nicht das Ende der Entwicklungsmöglichkeiten erreicht, gerade wenn man das auch programmplanerisch denkt. Braucht es da vielleicht auch strukturell eine andere Aufstellung auch in Hinblick auf Online-First-Produktionen etc.?

Da ist der ORF noch nicht ganz in dieser Plattform-Welt angekommen. Das liegt sicher auch an den gesetzlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten. Aber das ist dann auch die Kunst, möglichst viel herauszuholen. Also, da muss sich der ORF noch weiterentwickeln. Denn das ist, da muss man kein Hellseher sein, auch für den ORF die Zukunft. Eine strukturelle Veränderung kann deshalb sinnvoll sein, ist aber zunächst Sache der Geschäftsführung.

Wieder ein Thema im Stiftungsrat vor allem für FPÖ-Vertreter Peter Westenthaler waren die ORF-Gehälter und vor allem Spitzenverdiener Pius Strobl. Nachdem jetzt das von Strobl verantwortete Bauprojekt seinem Ende zugeht, müsste man eigentlich zu dem Schluss kommen: Man muss ihm nicht um den Hals fallen, aber der Mann war sein Geld offenbar wert.

Ich wehre mich gegen dieses Herausstellen von einzelnen Persönlichkeiten, die auch ihre Meriten haben. Das Bauprojekt ist trotz Inflation gut in den Planzahlen, das ist keine Selbstverständlichkeit, dafür gibt’s genug Beispiele. Um genau zu sein: Der ORF liegt bei den Kosten sogar unten den Planzahlen. Das ist aller Ehren wert. Das auszublenden, um jemanden vorzuführen, bringt diese Diskussion nicht weiter. Und genau darum sollte es aber gehen und nicht nur darum, billig Emotionen zu schüren. Und: Es gibt im ORF sehr viele Menschen, die weit von den wenigen Spitzenverdienern entfernt sind. Tatsächlich reden wir von 70 aus 4000 Mitarbeitern.

Was schlagen Sie vor?

Es gibt für mich da mehrere Aspekte: Der erste betrifft den Ethikkodex. Das heißt, wie viel und in welcher Form ORF-Mitarbeiter nebenbei etwas machen können und dürfen. Da muss man sicher nachschärfen, um zu mehr Transparenz zu kommen. Da geht es für mich auch um die Frage, ob es nicht auch einen Rückfluss in einen Topf für andere Mitarbeiter geben kann von jenen, die dank ihres Standings durch den ORF Nebenjobs haben. Der zweite Aspekt betrifft die verkürzte Darstellung von Einkommen durch das Transparenzgesetz.

Was wollen Sie ändern, wenn es das Gesetz zulässt?

Kollege Kratky ist zum Beispiel ein wesentlicher Faktor für den Erfolg des „Ö3 Wecker“, der dem ORF Zuhörer und Werbemillionen bringt und zudem ist er auch selbständig. Natürlich ist in seiner Gage auch enthalten, dass er von Konkurrenten wegengagiert werden könnte. Und da gibt es andere auch noch, für die das gilt. Beispiel Strobl: Er macht ja nicht nur das enorm anspruchsvolle Bauprojekt, sondern hat noch weitere Funktionen wie Facility Management, Sicherheit etc.. Wenn man das aufschlüsselt, kann man jedem vermitteln, warum am Ende eine Summe X herauskommt. Ja, es ist viel, aber es ist auch viel Leistung, die damit eingekauft wird. Und das ist für mich die dritte Komponente, nämlich Verantwortung und Leistung. D. h. eine Aufschlüsselung dessen, was ist das Basisgehalt, was die Funktionszulage, was sind Leistungsprämien etc. Das ist dann nachvollziehbar. Heute wird mit dem Transparenzbericht vermittelt, die bekommen ihr Geld, weil sie im ORF herumsitzen, was Unsinn ist und auch der Kollege Westenthaler weiß. Damit verbunden ist für mich dann aber auch die Konsequenz, wer eine Funktion nicht mehr ausübt, Leistungsvorgaben nicht erfüllt, ist mit dem Gehalt dann auch schnell wieder unten und das nachvollziehbar. 

Interview: Heinz Lederer

Gegen parteipolitische Zuordnungen 

Stichwort weiße Elefanten?

Das ist etwas despektierlich formuliert. Ich meine damit, wer eine Funktion nicht mehr ausübt, kann auch nicht mehr das gleiche Gehalt erhalten wie davor. Das ist in der Privatwirtschaft auch meist nicht anders. 

2026 geht es um die nächste ORF-Geschäftsführung. Ein oberflächlicher Blick auf den neuen Stiftungsrat zeigt eine relative SPÖ-Mehrheit, wenn alle so mitmachen. 

Ich wehre mich entschieden gegen diese parteipolitischen Zuordnungen. Das wird den Mitgliedern des Stiftungsrates und ihren Qualifikationen einfach nicht gerecht. Das sind ausgewiesene Experten, die sich für dieses Ehrenamt zur Verfügung stellen. Glauben Sie mir, es ist mir völlig egal, ob und welches Parteibuch jemand hat, wenn er oder sie dazu beiträgt, den ORF weiterzubringen, was ja auch im Sinne der Beitragszahler ist. Es gibt kaum sonst wo so viele Universitätsprofessoren, so viele Rechtsanwälte an einem Platz, es gibt Exponenten der Wirtschaft, welche große Unternehmen führen, welche die kleine haben. Das ist ein hochqualifizierter Mix an Menschen und die lasse ich mir nicht schlechtreden. Die nehmen ihre Verantwortung wahr.

Und trotzdem werden sie 2026 die Hände heben und das wahrscheinlich im Block und eine neue Geschäftsführung bestellen.

Ich hätte überhaupt nichts dagegen, wenn man Abstimmungen wie etwa über den Generaldirektor in geheimer Form durchführt, so dass jede und jeder ohne Druck und aus Überzeugung die Besten für das Unternehmen wählt. Das haben damals Wolfgang Schüssel und Peter Westenthaler ja nicht zulassen wollen. Deshalb gibt es noch diese offene Wahl und wir halten uns natürlich ans Gesetz. Ich kann aber garantieren und stehe als Person auch historisch dafür, dass wir eine offene und harte inhaltliche Diskussion über die mit einer Geschäftsführung anstehenden Fragen führen werden. Und das wird nicht allein in irgendeinem Freundeskreis abgehandelt. Das versteht und akzeptiert ja heute auch niemand mehr. Solche Diskussionen wird man auch öffentlich führen. 

Apropos zeitgemäß: Der Gesetzgeber gibt genau alles vor vom Alleingeschäftsführer bis zur Zahl der Direktoren. Müsste man da nicht auch deshalb anklopfen beim Gesetzgeber, dass die Führung eines Milliarden-Unternehmen heute etwas fürs Vorstandsprinzip ist?

Ich habe noch immer die Antrittsrede von Roland Weißmann im Ohr, in deren Mittelpunkt er das Wort Teamwork gestellt hat. Und das wird auch so gelebt. Es ist ohnehin jeder gut beraten, sich ans Vier-Augen-Prinzip zu halten. Insofern ist es altes Recht ist, dass am Ende immer der Generaldirektor allein entscheidet. Die Prozesshaftigkeit ist dieser Geschäftsführung immanent. Und weil es hin und wieder an der Kopfzahl von Verantwortungsträgern im ORF Kritik gibt: Also, ein Milliardenunternehmen mit 4000 Mitarbeitern braucht einfach eine gewisse Qualität und Anzahl an Führungskräften. Und noch etwas: Allein in diesem Interview wurde ich mehrfach nach dem Gesetzgeber gefragt, wir sind aber der Stiftungsrat, wir vollziehen Gesetze, wir machen sie nicht. Es ist gut, Fragen aufzuwerfen, aber sie müssen an die richtige Adresse gerichtet sein und das ist die Regierung und das Parlament. Dort, wo wir es können, werden wir als Stiftungsrat unseres beitragen. 

Danke für das Gespräch.

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