Haya Molcho über „Kitchen Impossible": „Man muss wie ein Tier sein"
Nach dem Auftakt am Sonntag gegen Björn Swanson (20.15, VOX) wartet auf Tim Mälzer eine Woche später die 50. Folge von „Kitchen Impossible“ (ab heute, Sonntag, in Staffel 7 zu sehen). Sie bringt eine Neuauflage des „Duells der Emotionen" mit Haya Molcho. Die NENI-Gründerin im Gespräch über das Jubiläumsduell, Tränen, Buch-Pläne, Ruhestand. Und „Schäumchen" – „Entschuldige die Worte, aber das ist Onanie in der Küche."
KURIER: Sie werden in der neuen Staffel von „Kitchen Impossible“ das Jubiläum, die 50. Folge Tim Mälzers, bestreiten. Man kann es ahnen, es wartet „die Hölle“ auf Sie. Was hat Sie zu einem zweiten Antreten bewogen?
Haya Molcho: Tim wollte mir eine Revanche geben, weil ich beim ersten Mal nicht gewonnen habe, obwohl ich, wie sogar das Produktionsteam meinte, besser war. Beim ersten Mal hatte ich ihn nach Rumänien und Israel geschickt und er hat sehr hohe Bewertungen bekommen - man ist dort höflicher als in Westeuropa. Tim ist aber fair genug, so etwas zu erkennen und das macht ihn auch aus.
Man sieht bei „Kitchen Impossible“ Köche im absoluten Stress. Warum tut man sich das an?
Das ist absoluter Stress, egal wie gut du bist. Du kommst in ein fremdes Land zu fremden Leuten in fremde Küchen und kochst fremdes Essen. Man hat keine Ahnung, was auf einen zukommt. Der entscheidende Punkt ist: Hat man den Mut, zu sagen, egal, auch wenn ich hier verliere, ich habe es versucht. Wenn man da drüber steht, dann macht man Kitchen Impossible. Oder man hat Ängste, fürchtet das Scheitern und das Gesicht zu verlieren, dann ist man dort völlig falsch. Ich bin immer jemand gewesen, der ins kalte Wasser gesprungen ist, ich habe Bungee Jumping gemacht, ich bin mit dem Fallschirm gesprungen, schon als Kind habe ständig verbotene Sachen gemacht – Adrenalin gehört zu Haya Molcho.
Sie hatten keine Zweifel?
Auch ich habe mir Gedanken darüber gemacht, was bedeutet es für die ganze NENI-Gruppe, wenn ich mit einem Gericht gar nicht zurechtkomme. Für mich war aber klar, ich bringe vielleicht nicht das Richtige auf den Tisch, aber sicher etwas, das gut ist und ich werde die Leute verwöhnen, dass sie sagen: wow! In dieser Situation muss man wie ein Tier sein: man riecht, man schmeckt und reagiert darauf. Ich hätte niemals aufgegeben.
Diese Sendung bringt Köche an Ihre Grenzen. Es wird geflucht, es gibt tiefe Verzweiflung, manche sind fast am Weinen. Ist das alles echt? Es ist ja schließlich Fernsehunterhaltung
Man darf nicht vergessen, man ist in diesem Moment auf 100. Rund um einen sind Kameras und Menschen, die man nicht kennt, die vielleicht Sprachen sprechen, die man nicht spricht. Man ist absolut sensibilisiert auf alles. Das sind ehrliche Emotionen bei mir - wir waren auf einer Brücke über den Rhein, als mich das Team gefilmt hat. In dem Moment habe ich an meine Mutter gedacht. Ich bin ja in Deutschland aufgewachsen, und meine Mutter ist jung, mit erst 56, gestorben. Sie hatte eine Schifffahrt auf dem Rhein gemacht und sie hat es geliebt. Und da sind mir eben die Tränen gekommen, weil das eine sehr emotionale Situation und ich sehr sensibilisiert war.
Wie haben Sie Tim Mälzer kennengelernt? Wussten Sie von ihm und er von Ihnen?
NENI ist ein Partner der 25hours Hotels. Deren CEO Christoph Hoffmann ist natürlich auch mit Tim befreundet. Der hat uns schon länger beobachtet und ich natürlich auch sein Treiben und so kamen wir irgendwie zusammen. Ich muss ja sagen, Tim und ich, wir sind verschieden und trotzdem gleich. Emotion, Mut, Ehrgeiz – er muss sich ja bei jeder Herausforderung aufs Neue beweisen, das verbindet uns.
Mälzer ist ja in seinem TV-Leben ein wenig ein Polterer, flucht und schimpft. Im Umgang mit Ihnen ist er diesmal recht manierlich.
Er wurde nach der ersten Sendung stark kritisiert, weil er einmal „die Alte“ gesagt hat – für mich war das humorvoll. Ich hab zu ihm auch gemeint, du musst mich sehr lieb haben, wenn du das sagst. Das war also für mich gar kein Problem. Ich bin immer positiv. Er ist halt spontan, aber er hat auch die Kritik reflektiert. Vor allem glaube ich, dass er vor mir und vor uns als Familie und Firma Respekt hat. Tim hat ja mittlerweile selbst eine Familie mit drei Kindern und das hat ihn sicher reifer und nachdenklicher gemacht. Er ist ja auch keine 30 mehr. Und ich glaube, er schätzt das, wie wir uns entwickelt haben, langsam Schritt für Schritt und dabei authentisch geblieben sind. Man kennt die Marke NENI inzwischen ja genauso in Deutschland und in der Schweiz. Und natürlich wollte Vox mich haben und natürlich auch, weil ich eine Frau.
Es gibt ohnehin wenige Frauen in der Spitzengastronomie und wohl noch weniger, die bei „Kitchen Impossible“ mitmachen würden?
Das ist ganz selten, weil die Frauen perfektionistisch sind, weil sie mehr nachdenken und Angst haben, das Gesicht zu verlieren. Und deshalb machen sie dann nicht den Schritt nach vorne. Es gibt wenige, die sagen: Scheiß drauf, ich will Spaß haben, ich mache das, egal, was rauskommt. Ich hab’s öfter im Leben gemacht und ich habe trotzdem eine tolle Familie, vier Kinder geboren, die Firma aufgebaut und 12 Restaurants. Was soll’s, wozu Angst haben, was kann schon passieren?
Was kulinarisch gar nicht Ihre Welt ist, ist jene mit „Schäumchen“ und „Sößchen“ – wie man sehen wird.
Entschuldige die Worte, aber das ist Onanie in der Küche. Da hat man ein Team, das macht stundenlang „Sößchen“, das kommt als „Schäumchen“ aufs Teller, wo es ohnehin sofort schmilzt. Diese Art des Kochens ist für mich schon fast passé. Ich will als Gast einen spannenden Teller haben, ich will gut essen - und ich will nicht 100 Euro dafür bezahlen, dass die 10 Köche dafür brauchen. Heute geht man wieder back to the roots. Man will viele Geschmäcker in einem Biss. Mir ist einfach Streetfood näher als Molekularküche.
Mit „Kitchen Impossible“ hat Tim Mälzer (51) das deutschsprachige „Koch-Fernsehen“ umgekrempelt. Seit 2014 improvisiert, schimpft und schwitzt sich der norddeutsche „Küchenbulle“ durch die Weltgeschichte – und landet doch oft und gern in Österreich bzw. bei hiesigen Kollegen. Eine unterhaltsamere Fremdenverkehrswerbung kann man sich nicht wünschen.
Beute-Österreicher
So auch in der neuen 7. Staffel: „Kitchen Impossible“ verschlägt es neben Baden und Traunkirchen auch noch nach Lech am Arlberg (20. 2.) sowie Wien (27. 2.) und Oggau am Neusiedler See (6. 3.). Für letzteres Gastspiel sorgt „Beute-Österreicher“ und Eselböck-Schwiegersohn Alain Weissgerber.
Generationenduell
Zum Showdown dieser Staffel kommt es am 27. 3. – ein Team-Duell gegen die „Healthy Boy Band“: Mälzer tritt gemeinsam mit Küchen-Grantler, Hotelier und Ex-Neos-Politiker Sepp Schellhorn gegen dessen Sohn Felix Schellhorn, Philip Rachinger und Lukas Mraz an.
Die Zeit bis dahin verkürzen kann man sich mit dem Kochbuch zur Sendung, das am 21. 2. im Mosaik Verlag erscheint, mit 45 Rezepten (u. a. aus Österreich) zum gefälligen Scheitern.
Sie schicken Tim Mälzer für seine Aufgaben nach Baden bei Wien und nach Traunkirchen. War das Ihre Auswahl oder war das in Absprache mit der Redaktion bei Vox?
Nein, ich würde „Kitchen impossible“ nicht machen, wenn ich das nicht selbst aussuchen dürfte. Ich habe ihn zu meinem besten Freund Andreas Pohlodek geschickt, der ein fantastischer Koch ist. Tim ist ja auch einer, der eine ehrliche Küche bevorzugt und die wollte ich ihm hier gönnen. Ich glaube, das hat ihm wirklich Spaß gemacht. Das war bei beiden, wie Liebe auf dem ersten Blick. Lukas Nagl in Traunkirchen kennen wir von einem Familienurlaub und haben uns mit ihm wirklich befreundet. Er macht im gleichen Verlag wie wir auch Bücher. Er hat eine große Leidenschaft für Produkte. Und ich weiß, dass Tim Raue dort geheiratet hat. Also das waren mehrere Faktoren, aufgrund derer ich mir gedacht habe, das könnte Tim Mälzer gefallen – und es ist auch keine zu leichte Küche, also da musste Tim tatsächlich kämpfen. Wir werden sehen, was da am Ende für ein Punktestand herauskommt.
Werden Sie sich ihre Folge bei „Kitchen Impossible“ ansehen?
Es kommt Marcel Speidel, bei dem ich die Hühner auf spezielle Art gegrillt habe und meine Sohlen mit dazu, mit Familie aus Mainz zu uns. Wir machen genau das gleiche Gericht nochmals für die Familie und Freunde und schauen uns die Folge gemeinsam an. Das ist auch etwas Besonderes an „Kitchen Impossible“: Es entstehen Freundschaften. Ich fahre dieses Jahr zu Lukas Nagl und wir machen ein Pop-up. Lucky Maurer hat wiederum mich besucht und da folgt jetzt mein Gegenbesuch. Also, dass ich hier fantastische Persönlichkeiten kennengelernt habe, ist mir noch wichtiger als irgendwelche Punkte.
Sie haben ihren Heimatstädten Tel Aviv und Wien zwei aufwändig gestaltete Koch-Lese-Bücher gewidmet. Letzteres entstand im Lockdown. Sollte das auch eine Botschaft sein?
Ja, dass auch wenn Corona ist, kann und soll man kreativ sein. Ich wollte auch nie das Buch wegen der Umstände um ein Jahr verschieben. Ich wollte es so, wie es gekommen ist. Es sind damals die Kinder im Lockdown wieder zu uns gezogen und wir haben gemeinsam diese Zeit genutzt. Die Interviews haben wir nach dem Ende des Lockdowns gemacht. Diese beiden Bücher sind eine Hommage an die Länder, in denen ich lebe: Israel, wo ich geboren wurde und Österreich, wo ich mit Sami seit 43 Jahren glücklich lebe und wo unsere Kinder geboren wurden.
Gibt es schon ein nächstes Buch-Projekt oder verlangt jetzt das europaweite Restaurant-Imperium alle Aufmerksamkeit?
Die Restaurants sind viel Arbeit, aber wir haben auch ein wunderbares Team. Allein für die Restaurants außerhalb Wiens haben wir vier Köche und eine tolle Qualitätskontrolle. Aber ich kann verraten, dass wir gerade dabei sind, ein weiteres Buchprojekt beim Verlag Brandstätter zu machen. Es soll einfachere Rezepte mit nur fünf, sechs Elementen enthalten, etwas, das jedermann nachkochen kann. Aber es wird auch ein Mehr an Überraschungen geben. Wir arbeiten mit tollen Kreativen – es wird im positiven Sinn anders sein. Es geht zurück zu den Wurzeln, wie damals „Lust auf fremde Küche“. Es soll noch dieses Jahr herauskommen.
Haya, Sie brennen für das, was sie tun. Können Sie sich so etwas wie Ruhestand überhaupt vorstellen?
Doch, wenn ich gestorben bin (lacht). Ich wurde jetzt einmal gefragt, wie ich mir das Paradies vorstelle. Ich meine, bevor wir an das Danach denken, haben wir hier noch so viel zu tun – Klimakrise bewältigen, Rassismus beenden und Menschen wertschätzen. Ich habe eine wunderbare Familie, ich habe tolle Freunde, großartige Mitarbeiter und eine schöne Aufgabe, mein Paradies ist im Hier und Jetzt.
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