"ZiB2"-Interview zum Streik-Montag: "Mir tun die Vorgesetzten leid"

Der Eisenbahnerstreik erforderte in der "ZiB 2 am Sonntag" auch eine Lektion in Arbeitsrecht. Und brachte die Erkenntnis, dass Streiks wehtun müssen.

* Disclaimer: Das TV-Tagebuch ist eine streng subjektive Zusammenfassung des TV-Abends*


Das große Streik-Chaos ist am Montag ausgeblieben. Auf den Straßen kam es nach dem Bahnstreik nicht zum großem Stau-Chaos – auch wenn noch Klima-Klebe-Aktivisten hinzukamen, die sich den Montagfrühverkehr für weitere Aktionen ausgesucht haben.

Vielleicht war auch der Arbeitsrechtsexpertin Katharina Körber-Risak schon im Vorfeld klar, dass nicht viel sein wird. Nicht einmal drei Minuten dauerte das "ZiB2 am Sonntag"-Interview mit der Rechtsanwältin, die ob der großen Aufregung tiefentspannt wirkte. So ist halt das Expertinnenleben: Man kennt eben selbst schon die Antworten.

Keine Ausreden

Eine der Antworten war, dass es wenig Ausreden für jene gebe, die ansonsten auf den Zug angewiesen sind.

Diese sollen „schauen, ob sie bei wem mitfahren können, sich eine Mitfahrgelegenheit besorgen.“ Es wäre aber „überhaupt der Tag für Homeoffice schlechthin, da, wo das möglich ist“. Falls die Präsenzarbeit aber unausweichlich sei, dann gelte: „Alles Mögliche versuchen bis zum Leihwagen.“

Wir erinnern uns: Die Nachricht vom Bahnstreik kam am Sonntagmittag.

Arbeitgeber müssten ein Taxi oder einen Leihwagen jedenfalls nicht bezahlen, erklärte Körber-Risak.

Moderator Martin Thür schien es nicht recht glauben zu wollen und fragte daher noch einmal: „Das muss ich dann selbst bezahlen, um in die Arbeit zu kommen?“

Körber-Risak: „Ja.“

In diesem Gespräch wurde keinerlei Zeit verschwendet.

Planung oder Workaround

Streng stellte Körber-Risak auch die Situation bei Verspätungen dar: „Ich kann nicht einfach dann losfahren, wenn ich normalerweise losfahren würde und dann sagen, na ja, ich bin halt später da, sondern ich muss entsprechend einplanen.“

Aber immerhin: „Natürlich wird es trotzdem wahrscheinlich Leute geben, die alles versucht haben und entweder nicht oder zu spät kommen. Man kann sich auch kurzfristig vielleicht einen Urlaubstag oder Zeitausgleich nehmen, das wäre noch ein Workaround.“

Urlaubstag am Tag des Urlaubstages anmelden. Über diesen „Workaround“ jubeln die Personalabteilungen garantiert.

Die Vorgesetzten

Thür wies darauf hin, dass der Bahnstreik bei Schulkindern sehr wohl ein Entschuldigungsgrund sei. Aber: „Dürfen Eltern dann zu Hause bleiben?“

Sonderbetreuungszeit? Eher unwahrscheinlich laut Körber-Risak. „Ehrlich, ohne Zustimmung des Arbeitgebers würde ich gar nichts machen morgen“, sagte sie. „Ich würde mich tatsächlich melden in der Früh, wenn überhaupt nichts anderes geht. Mir tun die ganzen Vorgesetzten leid, die morgen telefonieren müssen, aber es wird nicht anders gehen. Und dann macht man sich das halt aus.“

Moderator Thür fragte sich dann eher, wie es den vielen Angestellten geht: „Morgen um neun muss ich in der Arbeit sein. Da bleibt sehr wenig Zeit, um noch irgendwie Dinge regeln zu können, sowohl für den Arbeitnehmer als auch für die Arbeitgeber.“

Körber-Risak: „Absolut, das ist das Wesen von Streik, dass es wehtut, sonst wäre es, glaube ich, sinnlos.“

Hier lässt sich anmerken, dass nicht jede Sorte Streik so weitreichende Konsequenzen hat. Üblicherweise ist die Idee eher, dass es den Arbeitgebern der jeweiligen Branche wehtut.

Kulanz

Die Rechtsanwältin zeigte sich dann aber doch kulant: „Ich glaube, dass es das Beste ist, auf Kulanz zu setzen. An sich gibt es eine Arbeitsverpflichtung und wenn ich nachweisen kann, dass es mir absolut unmöglich ist im Einzelfall, dann hätte ich vielleicht einen Entgeltfortzahlungsanspruch.“

Und dann gibt es auch noch ein Wink an die geplagten Vorgesetzten: „Ich kann auch ArbeitgeberInnen nur davon abraten, morgen beispielsweise Entlassungen wegen Nichterscheinung oder so auszusprechen, das glaube ich, wäre überschießend.“

So geht Streik

Thür stellte zum Abschluss eine interessante Frage: Ob denn die streikenden Eisenbahnerinnen und Eisenbahner auch pünktlich zum Dienst erscheinen müssten.

„Naja, wenn sie streiken, dann werden sie nicht zum Dienst erscheinen, das ist ja das Wesen des Streiks“ sagte Körber-Risak trocken. Und sie lieferte noch eine nähere Beschreibung des allgemeinen Streikwesens: „Die werden sich wahrscheinlich irgendwo versammeln und irgendwelche Trillerpfeifen haben.“

Fürs Versammeln und Pfeifen gebe es „natürlich auch keinen Entgeltfortzahlungsanspruch, aber dafür gibt es ja den ominösen Streikfonds, der das dann übernimmt, allerdings nur für Gewerkschaftsmitglieder.“

Warum der Streikfonds ominös ist - also anrüchig, berüchtigt oder zweifelhaft - blieb ungeklärt.

„Wir werden sehen, was morgen passiert“, sagte Thür.

Im nicht sehr streikerfahrenen Österreich ist „Schauen wir mal“ wohl der beste Workaround.

Kommentare