Dreh mit Adele Neuhauser: Eine gefallene Mama auf Spurensuche
Am Filmset muss es ruhig sein. Bei einem Außendreh ist das besonders schwierig.
Die Holzarbeiter, die in der Ferne zu hören sind, werden von der Aufnahmeleiterin per Funk gebeten, die Motorsäge abzustellen. Aus der Entfernung, in der die Journalisten stehen, ist dann nur noch Adele Neuhausers charakteristische Stimme wortdeutlich zu hören.
Gedreht wurde für den Zweiteiler „Mama ist die Best(i)e“ (Regie: Ute Wieland) rund um ein Schloss im Wienerwald. Neuhauser spielt eine gefallene Lady der Wiener High Society. Als ihr leichtlebiger Gatte (Bernhard Schir) einem Mordanschlag zum Opfer fällt, ändert sich Gloria Almedas Leben schlagartig. Ein Komplott wird ihr in die Schuhe geschoben, zehn Jahre hat sie im Gefängnis Zeit, über alles nachzudenken. Als sie ins Leben und an ihren feudalen Wohnsitz zurückkehrt, stellt sich die Frage: Will sie sich rächen? Neuhauser sagt: „Sie will Gerechtigkeit. Sie will nicht Rache, sondern die Wahrheit ans Licht bringen. “
Unter Verdacht
Auf der Suche nach der Wahrheit trifft Gloria auf ihre(prominent besetzte) Familie: Sohn Severin (Manuel Rubey), Schwiegertochter Stella (Stefanie Stappenbeck), Schwager Gaston (Andreas Lust). Ihre Tochter Leonie – aktuell mit Stella liiert – wird von Fanny Krausz gespielt. Sie sagt über ihre Rolle: „Wie alle anderen steht auch sie unter Verdacht. Wobei das am Anfang gar nicht so klar ist für sie. Es ist ein ziemlicher Schock, dass die Mutter wieder zurückkommt. Das wirft alle ziemlich aus der Bahn. Und dann geht es drunter und drüber.“
Dass sie hier mehr als bei „Die Toten von Salzburg“ mit Humor arbeiten kann, „macht natürlich großen Spaß“, sagt Krausz, „hier gibt es viele schöne, neue Farben, die ich ausprobieren und zeigen darf.“
Mut zur Komödie
Produzent Thomas Hroch (Mona Film) sagt: „Es ist kein oberflächlicher Film, er hat eine dramatisch-emotionale Entwicklung“. Hroch nennt es eine schwarze Kriminalkomödie, aber das höre man im deutschen Sprachraum gar nicht so gern. „Die Sender trauen sich keine oder wenige Komödien in Auftrag zu geben, darum werden ja fast nur mehr Krimis produziert.“
Hauptdarstellerin Neuhauser sieht es als „dunkle Familiensaga“, aber auch als Tragikomödie. „Tragisch wird sie dadurch, dass alle so deppert und oberflächlich sind und unter sich und den Umständen leidend. Interessanterweise sind es oft gerade diejenigen, denen es äußerlich am besten geht, die am unzufriedensten sind.“
Auf der Suche nach der Wahrheit ist auch Regula, jene Kommissarin, die Gloria einst hinter Gittern brachte. Für Aglaia Szyszkowitz, die bis 2013 auf „Einsatz in Hamburg“ war, ist es seit Längerem wieder eine Polizistinnenrolle – aber keine gewöhnliche. „Sie ist sicher mehr in den Fall involviert, als es normale Kommissare für üblich sind“, sagt Szyszkowitz. „Gloria und Regula sind beide einsam und an einem Punkt im Leben angelangt, von dem aus es so nicht mehr weitergehen kann.“
Nicht mehr weiter geht es auch mit dem Dreh, der vorvergangene Woche (nach Stationen in Wien und NÖ) zu Ende ging. Da war es auch schwer, Zeit für Interviews zu finden, weil das Wetter – kurz vor der angekündigt gewesenen massiven Schlechtwetterlage – noch einmal prachtvoll war und genutzt werden musste. Nur einmal zeigte sich ein Vorbote – und wehte ein Zelt für Equipment davon.
Ein Dreh im Freien ist eben nicht immer einfach.
„Es war doch eine sehr intensive Reise“
Adele Neuhauser spricht im Interview auch über Drehbuchautor Uli Brée ("Vorstadtweiber", "Biester", Faltenfrei") und ihre Zukunft beim „Tatort“
KURIER: "Mama ist die Best(i)e" spielt in drei Zeitebenen. Wie war es, in so verschiedene Abgründe einer Figur einzutauchen?
Adele Neuhauser: Fantastisch, das ist ein richtiges Geschenk. Ich bin Uli Brée sehr dankbar, dass er so einen Parcours für mich hingelegt hat, mit allen Facetten. Ich hätte beim Lesen des Buches gar nicht gedacht, dass es dann doch so emotional wird. Aber in all dieser Emotionalität verliert die Geschichte trotzdem nicht den Humor. Das ist eine großartige Mischung und macht irrsinnig viel Spaß.
Würden Sie es als eine schwarze Kriminalkomödie sehen?
Es ist eher eine dunkle Familiensaga, eine Tragikomödie. Tragisch wird sie dadurch, dass alle so deppert und oberflächlich sind und unter sich und den Umständen leidend. Interessanterweise sind es oft gerade diejenigen, denen es äußerlich am besten geht, die am unzufriedensten sind. Und dass diejenige, die eigentlich am wenigsten von dieser Oberflächlichkeit in sich birgt - Desiree, die Geliebte meines Mannes und Freundin meines Sohnes- , relativ unbeschadet aus dieser Geschichte rausgeht, birgt eine große Qualität in sich. Das ,finde ich, ist auch eine sehr schöne Message.
Was lernt Gloria in ihrer Zeit im Gefängnis?
Im Grunde lernt sie, Mensch zu werden. Sie lernt im Gefängnis, dass es so nicht weitergeht. Mit ihrer Art kann sie dort nicht bestehen. Sie muss erst menschliche Qualitäten und wahren menschlichen Kontakt lernen. Und sie lernt, mit dem Herz zu denken. Das ist schon eine große Qualität.
Das klingt gar nicht so nach Bestie.
Sie war eine Bestie und wird zur Besten. Die Geschichte wird natürlich anders beschrieben, aber für mich ist es genau anders herum: Dass sie eigentlich früher eine Bestie war.
Aus dem Gefängnis kommt sie nicht mit Rachegedanken?
Sie will Gerechtigkeit. Sie will gar nicht Rache, sondern die Wahrheit ans Licht bringen. Und sie lernt ihre Enkelin kennen, mit der sie ein neues Leben beginnt.
Uli Brée schon viel für Sie geschrieben. Worauf können Sie sich da immer einstellen?
Er schickt mich immer auf eine emotionale Reise. Für mich gibt es nichts Schöneres und ich habe ein Urvertrauen zu ihm und weiß, dass es immer spannend wird, wenn er etwas für mich schreibt.
Was macht seine Figuren aus?
Sie werden immer wahrhaftiger und warmherziger. Was sie immer schon hatten: Ein sattes Leben, mit vielen Facetten - und das ist das Schönste für eine Schauspielerin. Und das ist es bei Gloria besonders, weil sie über so einen großen Zeitraum mit so viel Erfahrung gespeist wird und in so viele diffizile Situationen gerät.
Er hat im KURIER gesagt, dass er nicht mehr diese "grauslichen Killergeschichten" schreiben möchte, daher auch keine Lust mehr am Tatort hat. "Mama ist die Best(i)e" ist zwar auch gewissermaßen eine Killergeschichte, aber was macht sie anders?
Anders ist, dass sie ein bisschen patschert ist. Es sind keine wahren Killer am Werk. Alle sind ein bisschen dilettantisch unterwegs und es überschlagen sich die Ereignisse. Es ist in gewisser Weise ein modernes Märchen.
Den Tatort hat er ja ad acta gelegt. Aber sollte es irgendwann einmal die letzte Folge mit Moritz Eisner und Bibi Fellner geben, dann will er die schreiben. Hat er Ihnen das auch gesagt?
Ja, na klar hat er das gesagt. (lacht)
Aber das wird noch ein Zeiterl dauern, oder?
Schauen wir mal ... (lacht).
Also, Sie haben weiterhin große Lust am Tatort ...
Schon am 2. Oktober fange ich mit dem nächsten Tatort-Dreh an, den dritten dieses Jahr. Ich freue mich einfach auf Harry. Das ist eine schöne Konstellation. Daran gibt es nichts zu rütteln, das ist einfach super.
Der aktuelle "Tatort" spielt im Rapper-Milieu. Wie war das für Sie?
Das war wirklich ein neues Feld. Ich liebe Musik, aber Rap ist eines der wenigen Genres, das ich nicht so verfolge. Aber durch diesen Tatort habe ich ja auch rappen müssen, können, sollen, wollen. Und das hat schon Spaß gemacht. Es ist tatsächlich etwas anderes, wenn man versucht, in diese Gestik und in diese Welt einzutauchen, weil ich mich hier ja in die Figur des Toten hineinträume. Dadurch habe ich möglichst authentisch versucht, an diesen Typus heranzukommen. Und dann versteht man das Ganze ein bisschen mehr, in dieser Körperlichkeit. Es sind ja auch super Texte gewesen, das war nicht dieser für mich unnötig tiefe, uninteressante Gangsta-Rap.
Wenn so ein Projekt wie "Mama ist die Best(i)e" zu Ende geht, mit welchem Gefühl gehen Sie da raus?
Gestern vor dem Einschlafen habe ich das noch einmal so Revue passieren lassen. Es war doch eine ziemlich lange Strecke und ein ziemlicher Kraftakt für uns alle. Aber ich bin beschenkt von wirklich tollen Kolleginnen und Kollegen, sodass ich mir vorstellen könnte - nach ein bisschen Pause - (lacht) gleich mit ihnen weiterzuarbeiten. Weil das wirklich eine tolle Arbeit war, richtig gut. Es geht mit einem sehr wehmütigen Gefühl zu Ende. Dennoch bin ich auch froh darüber, dass es zu Ende geht, weil es doch eine sehr intensive Reise war.
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