Deutscher Journalist erhielt heimlich Geld aus Russland
Der deutsche TV-Journalist und Putin-Biograf Hubert Seipel soll laut Medienberichten hunderttausende Euro aus Russland erhalten haben, ohne dies dem Sender NDR als seinem Arbeitgeber mitzuteilen. Wie der Spiegel und das ZDF-Magazin Frontal am Dienstag unter Berufung auf vertrauliche Dokumente aus Zypern berichteten, geht es namentlich um 600.000 Euro, die im Rahmen eines sogenannten Sponsorenvertrages gezahlt worden seien.
Seipels Vertragspartner war demnach offiziell eine Briefkastenfirma namens De Vere Worldwide Corporation mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln. Diese gehöre augenscheinlich zum Firmengeflecht des russischen Oligarchen und langjährigen TUI-Großaktionärs Alexej Mordaschow, den die Europäische Union nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mit Sanktionen belegte. Es gebe Hinweise darauf, dass es zuvor eine zweit, ähnliche Vereinbarung gegeben habe, hieß es.
➤ Mehr lesen: Russlands Oligarchen: Sie zahlen Putins Krieg – und verdienen daran
Seipel gilt im deutschsprachigen Raum als einer der besten Kenner von Wladimir Putin. Nach eigenen Angaben hat Seipel Putin "knapp 100 Mal getroffen", schreibt der Spiegel, ihn auf der Rotwildjagd in Sibirien begleitet. Das ARD-Magazin "Titel, Thesen, Temperamente" nannte Seipel einst "den deutschen Putin-Kenner schlechthin". Der Journalist warb öffentlich stets um Vertrauen und Verständnis gegenüber dem Kremlchef und kritisierte, dass in der Debatte die Russen die Bösen und die USA die Guten seien.
Ende Januar 2022 etwa, kurz vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine, war der Journalist zu Gast in der Polit-Talkshow "maischberger" in der ARD. Dort nannte er die Annahmen eines bevorstehenden Angriffs Russlands "Hysterie" und schloss einen Krieg aus.
Zu Gast im ORF
Auch in der ORF-Sendung "Im Zentrum" sorgte Seipel anlässlich ein Jahr Einmarsch Russlands mit seinen kremlfreundlichen Einschätzungen zu Putin und Co für erhöhten Blutdruck bei Mitdiskutanten. Er sprach einen Verhandlungsvertrag vom Dezember 2021 an, der von den USA und der NATO abgelehnt worden sei und stellte die "Unabhängigkeitserklärung" im russisch besetzten Donbass als freie Abstimmung dar. Die Antwort des ukrainischen Botschafters Vasyl Khymynets damals: "Sie haben wahrscheinlich zu viel Zeit mit Putin verbracht."
➤ Mehr lesen: Putin-Kenner in ORF-Talk: "Was kann ich für russische Schulbücher?"
Putin-Interviewer
Seipel hatte den russischen Präsidenten mehrfach interviewt und ihn mit der Kamera begleitet. 2015 erschien seine Biografie "Putin. Innenansichten der Macht". 2021 folgte das Buch "Putins Macht. Warum Europa Russland braucht". Beide Bücher wurden vom Hamburger Verlag Hoffmann und Campe veröffentlicht. Der Verlag und auch der NDR erklärten, nichts von den Zahlungen gewusst zu haben, und kündigten eine Prüfung der Vorgänge an.
Laut Spiegel und ZDF wurden die Zahlungen im Rahmen von "Cyprus Confidential" aufgedeckt, eine internationale investigative Recherche, bei der es um fragwürdige Geschäfte des EU-Landes Zypern geht.
➤ Mehr lesen: Wer alles "Blutgeld" für Gas an Russland zahlt
Der NDR ortete "einen erheblichen Interessenskonflikt, der Seipels journalistische Unabhängigkeit in Zweifel zieht". Intendant Joachim Knuth ließ per Aussendung wissen: "Es besteht der Verdacht, dass wir und damit auch unser Publikum vorsätzlich getäuscht worden sind. Dem gehen wir jetzt nach und prüfen rechtliche Schritte. Die Vorgänge um die Beauftragung und Umsetzung der Filme, die Hubert Seipel für den NDR realisiert hat, werden wir gründlich überprüfen." Der Autor sei zuletzt 2019 für den NDR tätig gewesen.
Bücher-Verkauf gestoppt
Der Verlag Hoffmann und Campe stoppte den Verkauf seiner Bücher über Putin. Der Hamburger Verlag teilte am Dienstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit: "Der Hoffmann und Campe Verlag hat sich aufgrund des vom Spiegel und des ZDF veröffentlichten Berichts zu Hubert Seipel entschlossen, dessen Bücher nicht mehr zum Verkauf anzubieten." Der Verlag habe keine Kenntnis von dem geschilderten Sachverhalt gehabt. In den vergangenen Jahren waren zwei Sachbücher des Autors und Journalisten über den russischen Präsidenten Putin erschienen.
Kommentare