"... damit nicht die Kompletteinstellung der Wiener Zeitung stattfindet"
Von 1703 bis 2023 ist die „Wiener Zeitung“ erschienen, am Freitag, 30. Juni, wird die letzte Ausgabe der ältesten Tageszeitung verbreitet. Mit 1. Juli beginnt ein neues Zeitalter als Onlinemedium. Geschäftsführer Martin Fleischhacker im Gespräch (Langfassung) über das Ende der Printausgabe und die Kündigungen, die digitale Neuausrichtung und die Diskussionen um Traineeship und Content Agentur und warum es das gibt.
➤ Lesen Sie hier mehr zum Ende der gedruckten Wiener Zeitung
Herr Fleischhacker, sind Sie der Totengräber der Wiener Zeitung?
Nein, ich hoffe nicht. Wir setzen derzeit einen immensen, aber notwendigen Schritt der Transformation, indem wir uns vom Kanal Papier wegbewegen.
Dieser Schritt kostet vielen den Job. 80 Mitarbeiter – Redaktion sowie Administration - wurden zur Kündigung angemeldet.
Es werden viel weniger Kündigungen sein. Es handelt sich zumeist um Vertragsauflösungen im Rahmen des Sozialplans. Aber wir sind weit weg von den genannten 80 Mitarbeiter-Kündigungen. Im ganzen Haus, das sind doch bisher etwa 200 Mitarbeiter gewesen, werden es um die 60 sein.
Stimmt die Information, dass weitgehend alle journalistischen Führungskräfte das Haus verlassen werden?
Jedenfalls die beiden stellvertretenden Chefredakteure.
Meines Wissen auch die Ressortleiter. Es habe da nie ein Angebot zur Weiterbeschäftigung gegeben, heißt es.
Wir sind in der Auswahl bezüglich Weiterbeschäftigung rein nach sozialen Gestaltungspflichten vorgegangen und nicht nach der Hierarchie.
Restriktionen
Jedenfalls ist das weit weg davon, was man von den Regierungsparteien hörte, dass alle irgendwie weiterbeschäftigt werden könnten?
Es war und ist recht eindeutig, dass wir aufgrund einer geänderten Gesetzeslage, die auf einer EU-Verordnung basiert, künftig viele Millionen weniger an Einnahmen haben werden. Daraus ergab sich, dass es einschneidende Veränderungen geben muss, damit nicht eintritt, was in den Jahren davor – ich bin seit 20 Jahren hier - mehrfach überlegt wurde, die Kompletteinstellung der Wiener Zeitung.
Ein Vorwurf lautet, in der Verlagsleitung habe man sich nicht nachdrücklich um andere Möglichkeiten der Finanzierung umgeschaut.
Natürlich haben wir das getan und das ist ja nach wie vor ein Thema für uns. Zum Beispiel ist die Idee der Content-Agentur aus diesem Bemühen entstanden. Aber als Bundesunternehmen hat man so seine Herausforderungen: Beispielsweise wurde der Amtsblatt-Preis per Verordnung festgelegt und ist immer gleichgeblieben. Das heißt, wir hatten und haben Restriktionen. Dazu zählt auch, dass wir dem EU-Wettbewerbsrecht unterliegen. Die Gestaltung der Zukunft ist unter solchen Umständen herausfordernd.
Hätte man mit der Cashcow Amtsblatt nicht anders umgehen können?
Es gibt eine EU-Verordnung, die klar in eine Richtung geht: Man darf dem, der die Schaltung vornimmt, keinen Fantasie-Preis berechnen. Es darf im Grunde nur der Aufwand, dem die Schaltung verpflichtet entgegensteht, verrechnet werden. Das heißt, künftig können das keine Inseraten-Preise sein, sondern sehr viel weniger – und das tendiert gegen Null. Das heißt auch, dass man damit auf keinen Fall eine Tageszeitung finanzieren kann. Abgesehen davon, ist das Ganze eben auch ein EU-Wettbewerbsthema. Die Wiener Zeitung fiel unter das Regime der „Alt-Beihilfe“. Das ist hinfällig. Und insgesamt ist Österreich nicht der Markt, auf dem es möglich wäre, noch eine weitere Tageszeitung zu refinanzieren. Das ist leider Unsinn.
Wie viele Mitarbeiter wird die Nachfolge-Redaktion der Wiener Zeitung künftig haben?
Wir gehen davon aus, dass die Redaktion 20 journalistische Angestellte haben wird. Zusätzlich haben wir 24 Trainees. Es ist ein insgesamt junges Team, gespickt mit vielen Mitarbeitern aus der Redaktion, die verdienstvoll viele Jahre an Bord sind, sehr gut wissen, wie Qualitätsjournalismus geht. Wir hoffen, dass wir damit junge Leute zu Leserinnen und Lesern machen können.
Konstruktiver Journalismus
Was wird das für ein neues Produkt?
Das ist klassischer, konstruktiver Journalismus, den es zunächst online geben wird. Ich kann nur sagen, schalten Sie ein, schauen Sie sich das an - wir werden in der Nacht auf 1. Juli um 00:00 Uhr umschalten, auf ein journalistisches Angebot, das dem neuen öffentlich-rechtlichen Auftrag entspricht. Und das, obwohl im Gesetz steht, dass wir bis Ende des Jahres dafür Zeit haben. Es wird das Angebot aber ohne Zweifel noch eine Weiterentwicklung brauchen, weil die Umstellung doch recht kurzfristig stattfindet. Die Entwicklungsabteilung arbeitet intensiv daran. Das neue Angebot folgt dem Grundsatz des konstruktiven Journalismus, und es wird auch sehr stark Daten getrieben sein.
Was heißt bei Ihnen konstruktiver Journalismus?
Lösungsorientiert. Das heißt, wir fassen Probleme an, greifen Themen auf und die Redaktion wird dann lösungsorientierte Ansätze darstellen, wie man eine Themenstellung behandeln könnte. Dazu werden die Quellen offengelegt, mit denen gearbeitet wurde, es werden Datensätze bereitgestellt und wir werden so transparent wie möglich unser Handeln darstellen. Wir haben insgesamt einen sehr kooperativen Ansatz. Das heißt, wenn ein anderes Medium ebenfalls über dieses Thema aktuell publiziert, wird bei uns darauf verlinkt werden. Die Leserschaft kann über uns einen Querschnitt an Publikationen zu einem Thema bekommen.
Wie weit bleibt bei „konstruktiv“ noch Platz für einen kritischen Blick auf die Welt – und Österreich?
Die Wiener Zeitung hat eine unabhängige Redaktion, die selbstständig und unabhängig agiert. Also gehe ich davon aus, dass sie auch in Zukunft genauso kritisch sein wird wie bisher. Wir haben ja einen großen Vorteil, denn wir sind durch den öffentlich-rechtlichen Auftrag sehr frei: Wir haben nicht den Druck, dass wir jede Leserin oder jeden Leser unbedingt bei uns auf der Homepage halten müssen.
Fallweise Print
Es soll fallweise ein Printprodukt der Wiener Zeitung geben. Das Projekt gehe, hieß es, insgesamt in Richtung von Mateschitz‘ schnell wieder eingestellten Magazins Addendum?
Das sind die Gerüchte. Nein, das Printprodukt wird seine Eigenständigkeit haben. Das ist ein Thema, dass wir aber noch bis Ende des Jahres entwickeln werden, also frühestens mit Jänner anbieten können. Dem kann ich nicht vorgreifen. Die Produktentwicklung und die Redaktion arbeiten daran.
Wie muss man sich die Produktentwicklung vorstellen?
Das sind sechs Leute aus der Redaktion und fünf aus der Kaufmannschaft, etwa Marketing. Die entwickeln nach agilen Methoden den neuen Auftritt der Wiener Zeitung. Mit 1. Juli kommen dann alle anderen Mitarbeitenden dazu.
Wird es den Schriftzug Wiener Zeitung auf der Homepage geben?
Er wird sich leicht verändern. Es wird aber eindeutig die Wiener Zeitung sein. Es wird zudem Podcasts und Bewegtbild geben, nach dem Prinzip klein aber fein. Es wird der Auftritt aber eine völlig andere Ausrichtung haben als bisher: Wir werden uns insgesamt sehr stark auf eine jungere Zielgruppe ausrichten. Das bedeutet natürlich einen radikalen Wandel für das Haus – wir haben ja aktuell mehr Leser über 90 Jahre als unter 40 Jahre, 70 Prozent sind über 65. Die Leserbindung war bislang stark, aber zahlenmäßig gering.
Es war die Rede von zuletzt einer Verkaufsauflage von nur etwa 8.000 Stück und von 6.600 permanenten Abonnenten, der Umsatz ist bei 24 Millionen gelegen, wobei 20 Millionen über das Amtsblatt kamen.
Das zeigt auch eindeutig die wirtschaftlichen Möglichkeiten ohne Amtsblatt.
Wachstumsgrenzen
Bekrittelt wurde da aber auch, dass es kein Vertriebsmarketing gegeben hat.
Das gab es sehr wohl. Man muss da aber auch sehen: Die Wiener Zeitung war durch ihre Geschichte immer eine Firmen- und Amtsstuben-Zeitung - was nichts über den aktuellen Journalismus hier sagt. Aber die Zeitung lag in allen Ämtern auf und Firmen, die an Ausschreibungen teilnehmen wollten, hatten sie abonniert. Dann kam die Digitalisierung von Firmenbuch etc. und die Unternehmen haben sehr schnell diesen Sprung mitgemacht. Dann hat auch der Bund zu sparen begonnen und plötzlich lag die Wiener Zeitung nicht mehr in Ministerien etc. auf. Vielfach haben sie dann (einstige) Beamtinnen und Beamte privat weiterbezogen.
Um das doch etwas abzuändern, gab es zum Beispiel eine große Werbekampagne, von der Lowe GKK konzipiert, Kino-Werbung etc., wir haben Millionen ausgegeben. Aber man hat schnell gemerkt, dass wir den Peak erreicht hatten – und den haben wir auch einige Zeit halten können. Aber die natürlichen Abgänge in der Leserschaft haben sich zuletzt immer deutlicher bemerkbar gemacht. Dazu kamen dann die Entwicklungen der jüngsten Zeit wie die Papier-Preise, Energie-Kosten. Das spielt ja auch insofern eine Rolle, weil das Amtsblatt österreichweit auszuliefern ist. Das ging also bis nach Vorarlberg in die Trafiken – und kam wieder retour.
Training fürs Leben
Wir sitzen hier beim Media-Hub im Sitzungszimmer: Ein Teil dessen ist die Journalismus-Ausbildung der Wiener Zeitung, an der es Kritik gibt. Da wurde zunächst ein Bild gezeichnet von Menschen, die der Gehirnwäsche unterzogen werden und ferngesteuert vom Kanzleramt produzieren. Was wird das tatsächlich und wozu das?
Es ist de facto keine weitere Ausbildung, sondern die Möglichkeit zur journalistischen Praxis. Klassische Praktika dauern nur zwei Monate laut Kollektivvertrag. Währen der Strategieentwicklung im Vorfeld haben wir uns sehr stark damit beschäftigt, was ein Bundesunternehmen, hier die Wiener Zeitung, für den Medienstandort Österreich leisten kann. Eine Erkenntnis dessen war, dass die Anforderungen an die Journalisten mittlerweile überbordend sind. Auf der anderen Seite gibt es weiterhin das Problem der prekären Beschäftigungsverhältnisse. Ein ganz wichtiger Punkt ist da fast immer und für fast jede oder jeden, das erste Mal ein ganzes Jahr in einer Redaktion unterzukommen und nach dem Journalisten-Kollektivvertrag angestellt zu sein. Das ist nun ein ganz wichtiges Asset dieser Traineeships und das heißt auch, Arbeitsleistung wird fair abgegolten. Die Anstellung über zwölf Monate ist denn auch einer der großen Kostenblöcke.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, wir zeigen den Trainees wie Redaktionen – im Plural auch gemeint - funktionieren. Sie werden bei der Wiener Zeitung in der Redaktion eingesetzt, werden aber auch zu unseren Partnern entsandt und arbeiten dort mit. Das funktioniert jetzt schon sehr gut. Ergänzend kommen dann noch Vorträge etc. dazu – der Anteil dessen ist relativ gering -, die Einblicke in die Branche geben oder Themen behandeln, die man vielleicht in der klassischen Ausbildung sonst nicht hat. Das geht von der Kostenrechnung bis hin zum Innovationsmanagement und der Konzeption von Podcasts. Deswegen heißt das hier bei uns „360 Grad“, weil es nicht nur auf das klassische journalistische Schreiben abzielt.
Wer sind die Partner?
Partner sind Kleine Zeitung, Dossier, Die Furche, Profil, Puls24 und der Brutkasten. Wir haben aber jetzt einen Stopp gemacht und machen zunächst noch Satzung und Statut fertig. Offizieller Starttermin ist der 1. Juli.
Unabhängigkeit
Die Ausbildung läuft schon?
Wir führen im Grunde seit zwei Jahren so etwas wie Marktforschung dazu durch. Beim ersten Mal lief das über acht Wochen. Dafür haben wir eigens Leute gesucht, mit denen wir das gemeinsam entwickeln konnten. Da gab es sehr viele Feedback-Schleifen und das machen wir auch jetzt noch. Damit können wir erkennen, ob das, was wir tun, gut und zielführend ist - für die Praktikanten wie für die Kooperationspartner. Da geht es u. a. auch um Fragen wie Unabhängigkeit, Geheimhaltung in Redaktionen und Verschwiegenheitspflichten, wenn weitergewechselt wird. Wir haben also über einen längeren Zeitraum geschaut, wie wir das sinnvoll aufsetzen können. Derzeit läuft bereits ein erster Durchgang über zwölf Monate. Bei dem verfolgen wir genau, ob das funktioniert, wie gedacht. Der nächste Starttermin soll im Oktober sein. Das wird der erste Lehrgang, der dann auch offiziell mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag verknüpft ist. Wichtig ist deshalb jetzt, dass die Unabhängigkeit klargestellt wird, und das soll neben den Satzungen mit einem Beirat abgesichert werden. Der wird dann auch die Trainings auswählen, Schwerpunkte künftig festlegen etc.
Wer sitzt im Beirat?
Den muss man etwas anders als sonst üblich vorstellen – bei uns bilden die Kooperationspartner den Beirat. Wir wollen ja nicht ins Blitzblaue arbeiten. Für uns ist also sozusagen der Markt der Inputgeber. Wenn die Trainees zu den Partnern wechseln, wissen beide Seiten, was Sache ist. Meine Hoffnung ist, dass wir nach der Startphase noch ganz viele Kooperationspartner bekommen werden. Dann wird der Beirat entsprechend anzupassen sein.
Müssen die jungen Leute eine Vorbildung bereits haben?
Ja, aber wir achten schon auch darauf, eine gewisse Diversität gegeben ist. D. h. sie müssen nicht vollausgebildet sein, aber die meisten haben eine journalistische Ausbildung, etwa eine FH, abgeschlossen. Wir sind aber natürlich auch mitten in der Diskussion drin, die die einzelnen Medienhäusern über Diversität führen. Das inkludiert die Frage, ob jeder bereits eine journalistische Ausbildung haben muss, ob eine klassische universitäre Ausbildung auch reicht oder gar keine universitäre Ausbildung notwendig ist. Die Entscheidung darüber hängt letztlich aber an den Kooperationspartnern, an deren Anforderungen.
Reibepunkte
In der Diskussion um die Zukunft der Wiener Zeitung ist die Content Agentur ein Reibepunkt …
… etwas, was viele andere Medienhäuser auch haben.
Hier geht es um PR für die Republik.
Die Content-Agentur gibt es ja schon seit 2009. Die besteht also schon einiges länger, als es die Diskussionen über die Wiener Zeitung gibt. Sehr häufig geht hier beispielsweise um verständliche Texte wie etwa für help.gv.at etc., also gewissermaßen um den Übersetzungsvorgang aus der Verwaltung heraus. Wenn man das verunglimpfen will, bezeichnet man es als Regierungs-PR. Man vertauscht da ganz gern die politische Ebene mit den Regierungsparteien mit jener der Verwaltung. In Wahrheit ist eine sehr wichtige Aufgabe, die da passiert, nämlich die gute Arbeit der Verwaltungen an die Bürgerinnen und Bürger verständlich heranzubringen, so dass sie damit umgehen können. Das sind mitunter wirklich komplexe Rechtstexte.
Und was hat das mit Journalismus zu tun?
Die 360 Grad Traineeausbildung, wie sie heißt, bildet den gesamten Medienbetrieb ab. Wie gesagt, haben auch andere Medienhäuser Content-Agenturen. Das heißt in unserem Fall ja auch nicht, dass es keine Trennung von Auftragsarbeit und unabhängiger journalistischer Tätigkeit gibt. Da sind die Grenzen ganz klar. Also, ich gehe schon davon aus, dass jeder, der bei uns an Bord kommt, im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist und das unterscheiden kann.
Sie haben zuvor Statut, Satzungen und Beitrag angesprochen. Was wird es da geben?
Es gibt in der Wiener Zeitung ein Redakteursstatut, das wird nun natürlich zu überarbeiten sein, weil das noch auf die Tageszeitung abstellt. Es wird aber wieder eines kommen und die Unabhängigkeit der Redaktion absichern. Das muss sich alles im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Auftrags bewegen, der im Gesetz definiert ist. Und dann gibt es das Traineeship, das eine Satzung bekommt. Das führt die Trainees durch drei Redaktionen pro Durchgang und sie unterliegen dann dem jeweiligen Statut oder den Vorgaben, die in den jeweiligen Redaktionen gelten. Ich meine, je mehr Kooperationen mit Medienhäusern später eingegangen werden, umso besser ist die Unabhängigkeit abgesichert. Denn das würde den Partnern sehr schnell klar werden, wenn da etwas schiefläuft.
Kooperationen
Die Finanzierung ist im Gesetz festgeschrieben, auch schon die Aufteilung, also ist alles klar?
Anmerken möchte ich, dass es sich dabei um Brutto-Summen handelt und es keine Valorisierung gibt. Das sind also gleichbleibende Summe. Das führt natürlich in der Folge zu einer weitergehenden wirtschaftlichen Herausforderung. Wir unterliegen zudem einem öffentlich-rechtlichen Auftrag, das heißt, wir werden online von Werbung Abstand nehmen. Bei Print ist möglicherweise ein Kostenersatz ein Thema. Das wird noch zu diskutieren sein.
Und Kooperationen?
Kooperationen sind ein sehr großes Thema. Der Mediahub Austria besteht ja aus drei Bereichen: Neben dem 360 Grad Traineeship sind das noch das Zentrum für Medienwissen und das Media Innovation Lab. Bei letzterem haben wir uns sehr stark am Media Lab Bayern, einem Startup-Förderungsprogramm, orientiert, aber mit einigen neuen Akzenten.
Was tut sich in diesem Media Lab?
Wir haben jetzt im dritten Durchgang elf Startups bei uns in der Wiener Zeitung. Sie begleiten wir neun Monate lang, arbeiten mit ihnen an ihrer Ideen-Entwicklung, so dass sie danach an den Start gehen können. Im Gegensatz zum privatwirtschaftlichen Bereich haben wir kein Interesse, uns daran zu beteiligen. Für uns geht es lediglich darum, Innovationen für den österreichischen Markt zu ermöglichen. Einerseits sollen sie für die Medienpartner oder sonstige Medienhäuser interessant sein, etwa als Beteiligung oder über Technologietransfer. Andererseits sind sie auch künftige potenzielle Arbeitgeber, als Teil der Medienbranche.
Wir haben Startup-Büros, sie können also bei uns arbeiten, Ideen pitchen. Wir helfen auch bei Förderanträgen und schauen, dass sie sich etablieren können. Spannend dabei ist auch der Aspekt der Vernetzung von Startups, Trainees/Redaktion sowie Leserschaft. Denn diese Medien-Startups können sich hier bei der Wiener Zeitung mit der jungen Zielgruppe, den Trainees austauschen, können sich auch Input von den Journalistinnen und Journalisten holen. Tech-Startups können bei unserem Medium ihre Technologie ausprobieren und so erste Marktforschungsergebnisse von unserer Leserschaft einholen. Das ist wiederum für weitere Medienhäuser interessant, ganz besonders, wenn sie selbst in dem Bereich nicht ausreichend Innovationskraft haben.
Qualitätsfragen
Und das Zentrum für Medienwissen als dritte Säule des Media Hub?
In Österreich ist die Zahlungsbereitschaft für Digital-Inhalte, anders als etwa in den skandinavischen Ländern, kaum vorhanden. Die Leserinnen und Leser klassischer Medien werden immer älter, die Jungen sind nur schwer zu erreichen. Vielfach fehlt völlig das Verständnis, warum Qualitätsjournalismus etwas wert ist und warum das wichtig ist für Österreich. Hier versuchen wir gegenzusteuern. Ein Beispiel: Wir haben gemeinsam mit fit4internet einen Kurs kreiert für Leser der Wiener Zeitung. Wir haben versprochen, wir machen sie fit fürs Internet und fit für Mobile. Wir haben ihnen gleichzeitig auch gezeigt, wie eine Redaktion arbeitet und wieso das wichtig ist, wie eine Redaktion arbeitet. Da wurde etwa erläutert, warum Diversität in einer Redaktion wichtig ist oder auch Diskurs oder was der Unterschied zur PR-Arbeit ist. Das ist auch vielen jungen, potenziellen Lesern nicht bewusst. Wir haben deswegen das Zentrum für Medienwissen gegründet und es ist nun eine der drei Säulen des Media Hub Austria.
Wie lang haben eigentlich Sie noch Vertrag?
Bis September 2024. Der Vertrag für den Geschäftsführer läuft immer über drei Jahre. Ich selbst bin aber schon seit 2002 im Unternehmen. Die erste Aufgabe damals war die Digitalisierung der Bundesgesetzblätter. Das war damals ebenfalls eine Zäsur.
Danke für das Gespräch.
Kommentare