Beta Film-Chef Jan Mojto: „Erfolg ist nicht programmierbar“

Hier geht es gleich zur Sache: Murathan Muslu gibt in der Hochglanz-Serie „Hunyadi“ die vielschichtige Figur des Sultan Murad (montags, 20.15, ORF1)
Liebe, Politik, Triumph, Drama und große Schlachten: Der 50 Mio. Euro teure Serien-Event „Hunyadi“ (20.15, ORF1) mit Murathan Muslu als Sultan und wesentlich von Robert Dornhelm inszeniert, hat alles, was es für den internationalen TV-Markt braucht. Dort konnte zuletzt „Sisi“ reüssieren, auch ein neuer „Kommissar Rex“ soll das bald tun.
Hinter all den Titeln steht die Beta Film, die ROMY-Platin-Preisträger Jan Mojto zum internationalen Vertriebs- und Produktionskonzern aufgebaut hat: „Der Gedanke, Mitteleuropa als Handlungsort und Wien als zentralen Produktionsort zu etablieren, ist nicht neu.“ Mit „Hunyadi“ sei das nun gelungen. Dabei kommt der österreichischen Beteiligung, der MR Film mit Produzent Oliver Auspitz, eine wesentlich Rolle zu.
( „Wer den ORF in Frage stellt, hat das nicht zu Ende gedacht", Langfassung O-Ton-Interview am Ende dieses Textes)
Dass in Victor Orbáns Ungarn, mit dem ORF als Partner, ein National-Epos entsteht, ließ in Österreich Befürchtungen aufkommen. Das Projekt gehe auf Robert Lantos zurück, dessen Familie 1956 aus Ungarn geflohen und einer der wichtigsten kanadischen Produzenten sei, erklärt Mojto. „Seine Ansage ans Team der Drehbuchschreiber war sehr klar: wahrheitsgetreu, heißt: möglichst historisch belegt, und wenn erfunden, nur das, was so hätte geschehen können. Wie nun zu sehen ist, haben wir uns daran gehalten.“
Förderstopp in Österreich wäre „Selbstbeschädigung"
Gedreht wurde in Ungarn. „In Budapest gibt es die entsprechende Infrastruktur, Know-how und großzügige finanzielle Unterstützung. Das hat sich übrigens längst bis nach Hollywood herumgesprochen“, so der 76-Jährige.
Damit ist Ungarn dort, wo Österreich gern wäre. Hier gibt es Turbulenzen um die neue Film- und Serienförderung. Mit Verspätung wurde jetzt erst eine Tranche für Einreichungen aus dem Vorjahr freigegeben. Heuer waren bisher gar keine möglich.
Das Fördervolumen (von FISA+) erreichte etwa 100 Mio. Euro und zumindest das 1,5-fache floss an den Staat zurück. MR Film-Produzent Auspitz hofft, dass Vizekanzler (verantwortet Kultur und Medien) und Wirtschaftsminister diese Erfolgsgeschichte fortführen. „Den nachvollziehbaren wirtschaftlichen Effekt der Film- und Serienförderung nicht zu nutzen – neben Werbung fürs Land, fürs heimische Kulturschaffen, Identitätsstiftung, aber auch Internationalität – wäre ein Wahnsinn“, meint Auspitz. Eine Nicht-Fortführung wäre „Selbstbeschädigung“.
Beta Film investiert in Europas Produzenten
Es fügt sich das in die insgesamt schwierige Situation für Produzenten in Europa. (Öffentlich-rechtliche) Sender und Streamer investieren immer weniger. In Deutschland sank das Produktionsvolumen im zweiten Jahr in Folge um ein Drittel.
Die Beta Film begegnet dem mit Investitionen und Beteiligungen an Produktionsfirmen wie in Österreich der Gamma Film/MR Film mit Oliver Auspitz, Thomas Vacek und Florian Gebhardt. Man produzierte den erfolgreichsten spanischen Kinofilm des Vorjahres, dreht in Italien gerade die neue Serie von Marco Bellocchio und ein „Gomorrah“-Prequel, zudem läuft „Eagle of the Republic“ der skandinavischen Beta Film-Tochter unlimited stories im Cannes-Wettbewerb. Mojtos Resümee: „Wir sind eine ernstzunehmende europäische Produktions- und Vertriebsgruppe und das wollen wir weiterentwickeln.“ Die Gruppe stehe heute nah an einem Jahresumsatz von einer halben Milliarde Euro.
Riesige Fußstapfen
Dazu trägt bald ein neuer „Kommissar Rex“ bei, der in Wien entsteht und 2026 bei Sat.1 und wohl ORF läuft. Mojto: „Es ist eine unendliche Erfolgsgeschichte, lokal und global zugleich!“ Das Original hat man in 150 Länder weltweit verkauft. Auspitz betont, man trete „in riesige Fußstapfen“, nur etwas aufzuwärmen, habe aber wenig Sinn. Ganz wichtig sei der Cast. „Mit Maximilian Brückner und Ferdinand Seebacher konnten wir überraschen.“ Mojto sieht Parallelen zu „Neue Geschichten vom Pumuckl“: „Etwas zu erneuern, aber im bewährten Rahmen zu bleiben, das ist die Schwierigkeit, aber auch die Kunst dabei.“
Stark involviert ist die Beta Film bei internationalen Serien wie „Sisi“ und „Maxima“. Mojto sieht darin keinen Trend. „Dieses Genre kann funktionieren, wenn es gut gemacht ist. Aber Erfolg ist nicht programmierbar.“ Entscheidend sei die inhaltliche Qualität und die Arbeit der Produzenten. Neben der Fortsetzung von „Maxima“ sind im Beta Film-Konzern ein spanisches Projekt über Königin Sophie und ein deutsch-skandinavisches in Planung. „In Schweden steht die goldene Hochzeit des Königspaares an“, erläutert Mojto. Zur frischen Zusammenarbeit mit der Produzenten-Legende Nico Hofmann hält er sich noch bedeckt, aber: „Wir wollen mindestens zwei große Produktionen pro Jahr für den deutschsprachigen und internationalen Markt umsetzen.“

Der "Granseigneur des deutschen Films" Jan Mojto (re.) und MR Film-Produzent Oliver Auspitz
Jan Mojto: „Wer den ORF in Frage stellt, hat das nicht zu Ende gedacht"
O-Ton-Langfassung des Interviews mit Beta Film-Chef Jan Mojto sowie MR Film-Produzent Oliver Auspitz:
KURIER: Warum hat sich die Beta Film für diese Produktion entschieden? Es geht bei „Hunyadi“, Gesamtbudget etwa 50 Millionen, um eine gewaltige Investition und um, zumindest von außen betrachtet, eine schwierige Konstellation in politischer Hinsicht?
Jan Mojto: Wir lieben Herausforderungen. Der Gedanke, Mitteleuropa als Handlungsort und Wien als zentralen Produktionsort zu etablieren, ist nicht neu. Bereits in den 70er Jahren haben wir viel mit dem ORF darüber gesprochen, ebenso mit der Politik. Es geht aber zuerst und vor allem immer um die Geschichte – die dann auf dem höchsten internationalen Niveau umgesetzt wird. Mit „Hunyadi“ ist es uns gelungen.
Jedenfalls in Österreich ist kritisch begleitet worden, dass in Victor Orbáns Ungarn, unter ORF-Beteiligung, eine Produktion über ein, sozusagen, ungarisches Nationalheiligtum, entsteht.
M: Es geht nicht nur um ungarische, sondern um mitteleuropäische Geschichte. In Ungarn hat man schon vor vielen Jahren und vor Victor Orbán entschieden, einer der Standorte in Europa zu werden, wo Film- und Serienproduktion in höchster Qualität entstehen kann. Dieses Ziel hat man erreicht. In Budapest gibt es inzwischen die entsprechende Infrastruktur, Knowhow und großzügige finanzielle Unterstützung. Dies hat sich übrigens auch längst bis nach Hollywood herumgesprochen.
Politisch ist diese Geschichte doch trotzdem heikel?
M: Die Idee für dieses Serienprojekt geht auf den Produzenten Robert Lantos zurück, dessen Familie 1956 aus Ungarn geflohen ist. Er lebt nun in Kanada und ist einer der wichtigsten kanadischen Produzenten, dem es gelungen ist, auf dem US-amerikanischen Markt erfolgreich zu sein. Seine Ansage an das Team der Drehbuchschreiber war sehr klar: wahrheitsgetreu, heißt möglichst historisch belegt, und wenn erfunden, nur das, was so hätte geschehen können. Wie nun zu sehen ist, haben wir uns daran gehalten.
An „Hunyadi“ sind sehr, sehr viele Partner beteiligt. Wie bekommt man das unter einen Hut?
M: Im Gegensatz zu früher ist heute die Finanzierung viel komplexer. Die Kosten steigen, gleichzeitig erhöhen TV-Sender ihre Investitionssummen nicht bzw. bezahlen sogar weniger. Deswegen gehört es heute zu den wichtigsten Aufgaben der Produzenten, in der richtigen Konstellation den richtigen Stoff mit den richtigen Partnern an der richtigen Stelle bestmöglich umzusetzen. Zusammen mit MR Film haben wir das hier versucht.
Es gab einen Hype um „Game of Thrones“ und in der Folge entsprechend viele ähnlich gelagerte Produktionen. Lässt sich so etwas wie „Hunyadi“ in Europa und international heute noch verkaufen?
M: Das werde ich Ihnen in einem Jahr sagen können. Zunächst werden wir getragen von dem gewaltigen Erfolg in Ungarn und den sehr guten Zahlen in Österreich, vor allem in der jungen Zielgruppe. Es gibt großes Interesse aus anderen Ländern, zum Beispiel aus Italien.
Wie schaut es mit dem Interesse von Streamern aus?
Oliver Auspitz: In Ungarn hat Netflix „Hunyadi“ für die nationale Auswertung gekauft, weil das lokal spannend ist. Und natürlich ist das, was man hier zu sehen bekommt, wirklich beeindruckend, das fesselt nicht nur, es zieht die Leute an.
Mojto: Die Entwicklung, die diese auf den ersten Blick lokale Geschichte über die zehn Stunden nimmt: emotional, inhaltlich, aber auch was produktionsmäßig etwa bei den Schlachten aufgefahren wird, das ist internationales Niveau, groß und mächtig.
Nachvollziehbare wirtschaftliche Effekte der Film- und Serien-Förderung
Ungarn hat, was Österreich gerne hätte, nämlich ein industrielles und internationales Filmschaffen und Serienproduktionswesen. Die erfolgreiche Reform der Film- und Serien-Förderung ist in Österreich mit Regierungsbildungskrisen fast zusammengebrochen. Welche Auswirkungen hat das jetzt schon?
Auspitz: Nach langem Abwägen und Verhandeln wurde vor zwei Jahren das neue Fördersystem eingeführt – das hat in der Produktionsbranche einen Boom ausgelöst. Und nun kommt ein bisschen das Österreichische dazu: Nach dem großen Erfolg hat man die Förderungen evaluiert, ins Evaluieren kamen Wahlen und diverse Regierungsverhandlungen und dann muss man es wieder evaluieren und nun steht de facto alles. Das ist nicht gut, weil dem Wirtschaftsstandort hier viel Geld verloren geht.
Und Reputation, weil Österreich unkalkulierbar geworden ist?
A: Wir sind guter Hoffnung, dass sowohl der Vizekanzler, der für Kultur und Medien zuständig ist, wie auch der Wirtschaftsminister den bisherigen Erfolg auch gerne prolongieren werden. Wir hatten mit FISA+ ein Fördervolumen von bereits an die 100 Millionen erreicht - und zumindest das 1,5-fache ist an den Staat zurückgeflossen. Das ist ganz wichtig zu verstehen: Das ist nicht ein Geschenk oder nur eine Förderung, die dem Tourismus als Umwegrentabilität etwas bringt. Den nachvollziehbaren wirtschaftlichen Effekt der Film- und Serienförderung nicht zu nutzen - neben den positiven Dingen wie Werbung fürs Land, fürs heimische Kulturschaffen, Identitätsstiftung, aber auch Internationalität - wäre ein Wahnsinn. Das müssen wir unbedingt weitermachen, sonst ist das Selbstbeschädigung.
Für österreichische Produzenten aber auch deutsche verschärft sich so eine ohnehin schon schwierige Situation. Die Sender, insbesondere auch die Öffentlich-Rechtlichen, haben weniger Geld, auch die Streamer investieren weniger. Dazu kommen potenziell makroökonomische Einflüsse wie den von den USA angezettelten Handelsstreit. Auf welche Entwicklung steuern die Produzenten zu, wie plant man da drei oder vier Jahr im Voraus?
A: In Europa ist einerseits eine Produktionsindustrie im Entstehen, andererseits findet aber auch eine Konsolidierung unter den Produzenten statt und es gibt eine Reduktion der Aufträge.
Mojto: In Deutschland ist das Volumen um mehr als ein Drittel zurückgegangen und das schon das zweite Jahr in Folge. Auf welchem Niveau sich das einpendelt, das wird man abwarten müssen.
Wie reagieren Sie darauf, wie die Beta Film?
M: Was es braucht, sind stärkere, handlungsfähige Einheiten. Deswegen arbeiten wir mit anderen Partnern zusammen, deswegen bauen wir an einer mitteleuropäischen bzw. kontinentaleuropäischen Produktions- und Vertriebsgruppe, die in der Lage ist, solche Schwankungen auszuhalten. Was immer auch passieren wird, die Menschen wollen unterhalten werden. Die größten Erfolge des amerikanischen Kinos sind während der großen Rezession entstanden – nicht, dass ich mir die wünschte.
Das heißt, es ist sehr viel in Bewegung.
M: Bei der Einschätzung der kommenden Entwicklung gibt es viele offene Fragen: Wie viel wird von wem künftig lokal produziert, wie viel wieder global? Wird wieder stärker eingekauft als selbst produziert? Wenn die Budgets nicht mehr so groß sind, wer bekommt das größte Stück vom Kuchen? Es gibt eine Konsolidierung, verbunden mit einer Qualitätssteigerung. Und wir, die Beta Film, wollen aus dieser Entwicklung gestärkt herauskommen.
Welche Auswirkungen hatte das auf die Struktur der Beta Film?
M: Wir kommen ursprünglich aus dem Vertriebsgeschäft, also aus dem Rechte-Handel. Durch die vorher beschriebene Entwicklung ist es sinnvoll und sogar notwendig, mit den Produktionen schon während der Entwicklungs- und Finanzierungsphase am Markt präsent zu sein. Zeigt man eine Serie erst, wenn sie fertig ist, kann es zu spät sein.
Investitionen in ambitionierte Produktionsfirmen
Die Beta Film ist zu einem europaweiten Konzern geworden.
M: Wir haben in Europa Beteiligungen an Produktionsfirmen, die von interessanten, ambitionierten und auch über den eigenen Tellerrand hinausschauenden Produzenten und Produzentinnen geführt werden; in Österreich die Gamma Film/MR Film, das heißt Oliver Auspitz, Thomas Vacek und Florian Gebhardt; In Italien produzieren wir gerade eine neue Serie des Großmeisters des italienischen Kinos, Marco Bellocchio, außerdem wird ein Prequel zur Mafiaserie „Gomorrah“ gedreht; Unsere spanische Produktionsfirma hat den erfolgreichsten spanischen Kinofilm des letzten Jahres produziert – und der neue Film unserer skandinavischen Tochter unlimited stories, „Eagle of the Republic“, läuft in Cannes im Wettbewerb.
Wir sind eine ernstzunehmende europäische Produktions- und Vertriebsgruppe und das wollen wir weiterentwickeln. Die Gruppe ist heute nah an einem Umsatz von einer halben Milliarde Euro.
Ungefähr 20 Prozent davon sind, wenn ich richtig informiert bin, der reine Rechtehandel, also der Bereich, aus dem Sie ursprünglich kommen. Der große Rest ist demnach schon Produktion?
M: Ja, wobei zu den Volumina zu sagen ist, dass eine große Produktion gleichbedeutend mit großem Umsatz ist. Der Rechte-Handel ist hingegen ein sehr kleinteiliges Geschäft.
Merken Sie auch etwas von einer Konsolidierung bei den Streamern bzw. Veränderungen bei deren Strategien, die ja höchst unterschiedlich sind?
Auspitz: Ja. Jede Woche. Auch darüber sprechen wir ständig. Zurzeit ist es so, dass die Streamer vor allem auf lokale Produktion gehen in den großen Märkten Kontinentaleuropas wie Deutschland, Frankreich, Italien. Denn der Abonnenten-Markt bei internationalen Produktionen ist gesättigt, wachsen kann man da nur noch durch lokale Produktionen. Das widerspricht auch dem, was vielleicht passieren wird in dieser Trumpschen Ära. Denn sobald Beschränkungen kommen würden, gehen die natürlich zu Lasten lokaler Produktionen und damit des Wachstums.
Öffentlich-Rechtliche für gesellschaftliche relevante Inhalte wichtig
Welche Relevanz haben überhaupt noch die Öffentlich-Rechtlichen, die ja von der Politik quer durch Europa drangsaliert werden?
A: Obwohl die Streamer so stark sind und jeder über Streaming-Plattformen redet, sind die Öffentlich-Rechtlichen, gerade im deutschsprachigen Raum, aber auch in anderen Märkten, noch immer die größten Auftraggeber und Koproduktionspartner für Serien. Das vergisst man aber häufig in der Diskussion über öffentlich-rechtliches Fernsehen, dass sie es sind, die den von einer breiten Schichte geliebten Content bestellen und ausliefern. Dazu kommen auch mittlerweile im High-End-Bereich angesiedelten Serien wie „Babylon Berlin“. Auch die TV-90-Minüter liefern noch immer die Öffentlich-Rechtlichen mit u. a. uns als Partnern.
Mojto: Die Öffentlich-Rechtlichen sind ein wesentlicher Bestandteil des europäischen Mediensystems. Sie tragen dazu bei, dass auch gesellschaftlich relevante Inhalte produziert werden und wir unsere Geschichten aus Europa heraus selber erzählen. Dazu kommt die große Kompetenz im Nachrichtenbereich, die fast unersetzlich ist. Wer den ORF in Frage stellt, hat das nicht zu Ende gedacht.
Oft wird in der Diskussion auch der wirtschaftliche Aspekt übersehen. Denn die TV-Produktion bietet Beschäftigung für unglaublich viele Personen. Dazu kommt dann noch der kulturpolitische Aspekt mit der Förderung lokaler und europäischer Produktionen. Da sind die Öffentlich-Rechtlichen gefragt, die können das und das ist auch deren Aufgabe.
Auspitz: Man muss sich ja nur die Zahlen beim linearen Fernsehen anschauen. „Soko Donau“, um eine Produktion, die nicht von der MR Film, sondern der SATEL stammt, hat Woche für Woche jenseits der halben Million Zuseher im linearen ORF-Programm. Diese Menschen darf man nicht geringschätzen, indem man den ORF beschneidet. Oder die „Rosenheim Cops“ – die Zahlen sind gigantisch und auch dieses ORF-Publikum will versorgt werden. Dazu kommt jeweils noch Deutschland. Also dieser Abgesang aufs normale Fernsehen, der Tod des Linearen, ist verfrüht und die Wahrnehmung von „Highend“ ist auch verfälscht.
Wie steht es also um die Produktionsstandorte in Europa?
Mojto: Es gibt Länder, die ihre Produktionsstandorte bewusst fördern, nicht nur Ungarn, sondern stark auch Italien, Spanien, Frankreich; von den kleineren Ländern Belgien, Kroatien. Sie schaffen Sonderbedingungen über Produktionsquoten, Förderungen und Infrastruktur.
Und was denken Sie sich dann zu Österreich und der Entwicklung hier? Da haben Sie schon einmal die heimischen Produzenten zum „Aufstand“ aufgerufen, weil die Förder-Politik so gestrig war. Nach einem Zwei-Jahres-Hoch lässt sie nun ja fast völlig aus.
M: Es ist schade. Ich glaube aber noch immer, dass Österreich durch die geografische Lage, durch die Tradition, durch seine multikulturelle Vergangenheit, eine wesentlich größere Rolle spielen könnte, als es das Land tut. „Hunyadi“ ist dafür ein gutes Beispiel. Aber dazu braucht es zusätzliche Mittel – und die müssen von der Politik kommen. Irgendwann wird die Politik verstehen, dass es gut investiertes Geld ist, das ja nicht einfach versickert, sondern mit einem kräftigen Plus zurückkommt und Wirkung über das eigentliche Investment hinaus hat.
Sie bleiben also Optimist?
M: Ich bin Realist
Geschichten um „Kommissar Rex" ergeben inzwischen 600 Stunden
Eine Produktion der Beta Film, die den Österreichern ans Herz gewachsen war, ist „Kommissar Rex“. Als „Il Commissario Rex“ in Italien hatte er ein längeres Serien-Leben und als Neuauflage „Hudson & Rex“ ist er in Kanada seit Jahren ein Serien-Hit. Nun entsteht „Kommissar Rex“ neu in Wien – und wohl anders?
M: Es ist eine unendliche Erfolgsgeschichte, lokal und global zugleich! Wir haben nachgezählt: Alle Episoden der unterschiedlichen Fassungen und Remakes ergeben weit über 600 Stunden „Rex“. Bei der österreichischen Originalversion muss ich eigentlich nicht erwähnen, dass sie einmalig war und sich in 150 Länder weltweit verkauftet hat. Der kanadische Ableger „Hudson & Rex“ ist ein perfektes Fernsehprodukt, effizient produziert und ebenfalls international höchst erfolgreich. Und jetzt gehen wir wieder „back to the roots“. Wir wollen „Kommissar Rex“ dabei auf die nächste Qualitätsstufe heben - durch den Cast, die Macher und durch das Budget.
Auspitz: Ich bin zu „Hunyadi“ gefragt worden, ob man nervös ist bei so einer Koproduktion, wenn es Massenszenen gibt, wenn sich so viel bewegt vom Pferd über Reiter usw. Ich kann nur sagen, man ist nicht halb so nervös, wie wenn man einen Hund am Set hat. Denn das ist für uns eine neue Erfahrung. Mit „Kommissar Rex“ treten wir in riesige Fußstapfen. Die will man auf der einen Seite auch füllen, auf der anderen Seite aber absichtlich auch nicht ganz. Denn nur etwas aufzuwärmen, hat wenig Sinn.
Was ist also anders?
A: Es ist eine andere Herangehensweise. Dazu gehört die Einigung mit den Sendern darauf, dass wir 90-Minüter, also Filme, machen, die als Serie funktionieren sollen. Es werden abgeschlossene Fälle, die aber seriell gedacht sind. Ganz wichtig ist der Cast, bei dem, glaube ich, uns schon etwas gelungen ist. Wir wurden nach der KURIER-Geschichte über das „Rex“-Comeback gelöchert, wer da was spielen wird. Mit Maximilian Brückner und Ferdinand Seebacher konnten wir überraschen. Gerade Brückner, der ein sehr renommierter Schauspieler ist, mit bayerischem Charme und Tiefgründigkeit punkten kann, ist definitiv kein typischer Serienheld - das ist, glaube ich, die richtige Antwort auf all die Fragen, ob es ein „Remake“ ist. Und Ferdinand Seebacher, auf den die Medien voll anspringen, das wird der neue österreichische Shootingstar werden. Er bringt dafür alles mit.
„Rex" ist , was man so hört, sehr schnell in die Umsetzung gegangen?
A: Wir hatten sehr schnell eine Verständigung darauf und eine sehr kurze Vorlaufzeit für den Dreh. Denn Sat.1 will schon im ersten Halbjahr 2026 damit auf Sendung gehen.
Mojto: Druck ist manchmal gar nicht schlecht.
Auspitz: Regisseur Andreas Kopriva sagte beim Warm-up zum „Rex“-Dreh jüngst, dass die Vorbereitungszeit bei Film und Serie immer zu kurz ist, daher kann man auch gleich beginnen. Wichtig ist: Man darf nicht „Rex“ ankündigen und dann irgendwas machen, sondern man muss die Leute abholen. Ich glaube, die Zeit, in der wir leben mit allen Vorteilen, aber auch mit diesen vielen Schwierigkeiten und Belastungen für die Menschen, da kann ein Hund für einige Minuten am Tag einiges retten – auch in dem Gefühl, das vom „Rex“ von damals bei vielen auch Älteren geblieben ist.
Kein einfaches Unterfangen.
Mojto: Unsere Beteiligung NeueSuper hat „Neue Geschichten vom Pumuckl“ gedreht. Viele wollten, dass Pumuckl ein Handy hat, Drohnen zum Einsatz kommen und was weiß ich alles noch. Der junge bayrische Produzent Korbinian Dufter, zu dessen Kindheit Pumuckl gehörte, hat darauf bestanden, den Kern des Kobolds zu erhalten und ihn nicht zu sehr in die Moderne zu rücken - und das war richtig. Etwas zu erneuern, aber im bewährten Rahmen zu bleiben, das ist die Schwierigkeit, aber auch die Kunst dabei.
Auspitz: Es gibt ja einige Beispiele, bei denen das Erneuern danebengegangen ist. Beim neuen Pumuckl ist das Schöne, weil ich den mit meinem siebenjährigen Sohn schaue, da habe ich das Gefühl, ich bin wieder dort, wo ich früher war und gleichzeitig erlebt mein Sohn ihn zum ersten Mal und wird zum Fan. Wenn uns das mit „Rex“ gelingt, dass die Leute, die ihn früher geliebt haben, wieder schauen und neue Fans dazu kommen, dann wäre das natürlich toll.
Neue Projekte über Europas Hoch-Adel
Was die Menschen zuletzt sehr interessiert hat und wo die Beta Film ebenfalls stark involviert war und ist, sind Geschichten rund um gekrönte Häupter. Stichwort sind „Sisi“ oder auch „Maxima“. Setzt sich dieser Trend fort oder steht schon der nächste an? Und wie kommt es zu zwei, drei „Sisi“-Produktionen binnen kurzem?
Mojto: Das war tatsächlich ein Zufall. Erfreulich ist, dass beide Serien im linearen Fernsehen, im Streaming und auch international funktionieren.
Folgen noch mehr gekrönte Häupter?
M: Generell kann man sagen, gekrönte Häupter sind kein Trend, das hat es schon immer gegeben. Auch die Gekrönten haben Gefühle und „Die Reichen weinen auch“, wie eine sehr erfolgreiche südamerikanische Soap heißt. Das ist ein Genre, das funktionieren kann, wenn es gut gemacht ist. „Maxima“ ist die reale Geschichte einer „unstandesgemäßen“ Liebe. Die fesselt und wird auch fortgesetzt.
Hat die Beta Film diesbezüglich noch weitere Pläne?
M: In der Entwicklung sind ein spanisches und ein deutsch-skandinavisches Projekt. Spaniens Königin Sophia gilt als die letzte europäische Prinzessin, die noch dazu erzogen wurde, einen König zu heiraten. Und in Schweden steht die goldene Hochzeit des Königspaares an.
Der Adel ist offenbar ein Fundus an Geschichten.
M: Ja, aber der Erfolg ist nicht programmierbar. Entscheidend ist neben der inhaltlichen Qualität die Arbeit der Produzenten.
Kein „Hitler", aber Event-Produktionen für den internationalen Markt
Ist es immer noch das Prinzip der Beta Film, dass die ganzen Beteiligungen im Grunde als selbstständige Firmen agieren? Denn das ist doch ungewöhnlich.
M: Wir fördern so die Kreativität der einzelnen Produzenten. In einer Zeit, in der Produktionsfirmen ein Teil von Konzernen sind, steigt der finanzielle Druck, insbesondere, wenn Finanzinvestoren dahinterstehen. Diesen Druck haben wir nicht. Natürlich wollen und müssen wir Geld verdienen, um weiter investieren zu können. Ab das kommt aus dem Unternehmen heraus, nicht durch Druck von außen. Beta Film gehört zu den wenigen Gruppen in Europa, die diese Freiheit haben. Der Einzelne, der Produzent/die Produzentin, bleibt bei uns wichtig. Ein gutes Beispiel ist unsere intensive Zusammenarbeit mit Nico Hofmann.
Wieso gibt es diese?
M: Weil wir beide glauben, dass am Anfang das Wort, sprich: die Geschichte, steht. Das galt vor 25 Jahren, als wir „Der Tunnel“ gemacht haben, und das gilt auch heute. Wir wollen mindestens zwei große Produktion pro Jahr für den deutschsprachigen und internationalen Markt umsetzen.
Sollen das Event-Produktionen werden?
M: Ja, natürlich.
Sie greifen wieder das Projekt „Hitler“ auf?
M: Nein. Wer gerade Adolf Hitler zum Thema hat, sind Tom Tykwer, Achim von Borries und Henk Handloegten in der letzten Staffel von „Babylon Berlin“. Das ist ein fantastisches Drehbuch, es geht um die sechs Wochen zwischen Hitlers Ernennung zum Reichskanzler und den letzten Reichstagswahlen. Das ist der zeitliche Rahmen für eine unglaubliche Geschichte, in der vieles zusammenkommt.
Haben Sie noch ein Großprojekt, das Sie ansteuern?
M: Ja. Aber darüber zu reden, ist es noch zu früh. Da stehen wir ganz am Anfang.
Danke für das Gespräch.
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