Hatte zuerst Respekt vor Pferden: Gellért L. Kádár spielt János Hunyadi
Am Ostermontag feiert „Hunyadi“ TV-Premiere. Die Serie über den Heerführer wurde unter österreichischer Beteiligung in Ungarn realisiert. Sorge vor politischer Einflussnahme der Orbán-Regierung gab es nicht.
Mit nacktem Oberkörper reitet er durch die Wälder, rettet Frauen vor wilden Wölfen und kämpft gegen osmanische Angreifer: János Hunyadi, der Titelheld der Historienserie „Hunyadi“, die ab Montag (21. April) im ORF zu sehen ist (Sendedetails am Ende des Artikels).
Hunyadi ist in Ungarn als Heerführer bekannt, der 1456 im heutigen Belgrad die Osmanen besiegte. Eine Geschichte, die zu erzählen dem ungarischen Staat einiges an Geld wert war: Umgerechnet rund 37 Millionen Euro Förderung erhielt die Produktion. Bedenken, dass die Serie über den Nationalhelden von Viktor Orbáns Regierung vereinnahmt werden könnte, gab es beim ORF (der als Koproduzent beteiligt war) nicht.
Wird als "ungarisches 'Game of Thrones'" beworben: die Serie "Hunyadi"
„Wenn man im Team Leute wie Jan Mojto (Produzent, Anm.) und Robert Dornhelm (Regisseur) hat, dann kann man sich schon darauf verlassen, dass die sich nicht in irgendeine Richtung instrumentalisieren lassen“, so ORF-Programmchefin Stefanie Groiss-Horowitz. „Und wenn man die Produktion sieht, erübrigt sich auch jeder Zweifel“. Auch regierungskritische ungarische Medien orten keine Orbán-Propaganda.
In den vergangenen Jahren setzt Ungarn verstärkt auf Produktionen über historische Nationalhelden. Unabhängige Filmschaffende beklagen, dass sie keine Finanzierung erhalten und nur jene zum Zug kommen, die Kontakte zur Regierung haben.
„Hunyadi“ ist die teuerste ungarische Produktion aller Zeiten – sie erhielt rund 15 Milliarden Forint (rund 37 Mio. Euro) staatliche Förderung. Im März ist die Serie im ungarischen Fernsehen angelaufen. Propaganda orten regierungskritische Medien nicht: „Hunyadi“ hinterlasse keinen „bitteren Beigeschmack“ wie andere Historienfilme der jüngeren Vergangenheit, so das Portal telex.hu. Man spüre keine „aufgezwungene Identitätspolitik“.
Das Magazin HVG befand: Auch wenn es „seifenopernhafte Passagen“ gebe und die Frage im Raum stehe, „wie viele gute Filme man mit so viel staatlicher Förderung machen hätte können“, sei die Serie „sehenswert, spannend und unterhaltsam“
Für Diskussionen sorgte ein anderer Aspekt – die vielen Sexszenen. Die Medienbehörde wurde aktiv, der Sender TV2 zeigte schließlich zusätzlich eine „familienfreundliche“ Version.
Ungarisches "Game of Thrones"
Gedreht wurde die zehnteilige Serie, die als „ungarisches ,Game of Thrones‘“ beworben wurde, in der Nähe von Budapest mit mehr als 600 Schauspielerinnen und Schauspielern in neun Sprachen.
In die Hauptrolle des Hunyadi schlüpfte Gellért L. Kádár, der zuvor in einem Theater im ungarischsprachigen Teil Rumäniens tätig war. „Anfangs war es gar nicht so einfach, mich einzuleben“, berichtet er über die Dreharbeiten. „Ich hatte keine Filmerfahrung, dann kamen die Fremdsprachen dazu – auf Serbisch oder Tschechisch zu sprechen, war richtig schwer für mich.“ Auch das Reiten sei zu Beginn eine Herausforderung gewesen: „Ich liebe Pferde, aber hatte großen Respekt vor den Tieren.“
Dass in der christlichen Welt noch heute zu Mittag die Kirchenglocken läuten, geht auf Hunyadis Sieg zurück: Der Papst ordnete damals ein Dankesläuten an. Zum ersten Mal von dem Heerführer gehört hat Kádár daher bereits als Kind von seinem Vater – der Glöckner war, wie der Schauspieler erzählt. "Aber natürlich habe ich dann zur Vorbereitung die Romanreihe (des ungarischen Autors Bán Mor, Anm.) gelesen, auf der die Serie basiert."
Vivien Rujder verkörpert Hunyadis Frau Erzsébet Szilágyi – die in ihrer Heimat ebenfalls eine wichtige Persönlichkeit ist, wie die ungarische Schauspielerin erklärt: „Das wird erst gegen Ende der Serie sichtbar. Aber ich habe mich sehr bemüht, diese Frau so darzustellen, dass man sich vorstellen kann, was für eine Politikerin sie später wird und wie sie sich in dieser männerdominierten Welt behauptet.“
Im Prinzip habe sie "einen Felsen verkörpern müssen", sagt Rujder. Ihre Figur dürfe nach außen hin keine Schwäche zeigen, obwohl es in ihrem Inneren brodle. "Das war schauspielerisch eine ziemliche Aufgabe, die mich aber sehr motiviert hat.”
Ob Erzsébet Szilágyi tatsächlich auch mit dem Schwert gekämpft hat, wie es in der Serie zu sehen ist, sei zwar nicht belegt. „Aber man traut es ihr zu“, findet Rujder.
Eine weniger actionreiche Rolle hatte Laurence Rupp als Albrecht von Habsburg – ein Gegensatz zum „Alphamann, der sich auf die Brust klopft und in den Krieg ziehen will.“ Neben ihm standen auch die Österreicher Cornelius Obonya als Friedrich von Habsburg und Murathan Muslu als Sultan Murad vor der Kamera.
„Es ist nicht schwarz-weiß gezeichnet“, so Rupp über die Serie. „Murathan spielt den Sultan auf so eine schöne Art und Weise, dass ich zum Beispiel ein viel größerer Sympathisant seiner Figur war. Also es ist nicht so, dass da auf der einen Seite die ,bösen‘ Türken wären und auf der anderen die ,guten‘ Österreicher und Ungarn.“
Dreherfahrung in Ungarn hat Rupp bereits durch die Netflix-Serie "Barbaren" gesammelt. "Da sind die Leute top ausgebildet und es gibt Stunt- und Pferde-Teams, die man in Österreich auf dem Niveau einfach nicht findet."
Und welche Rückmeldungen haben die ungarischen Schauspieler bekommen – vor allem von Kollegen aus der Branche, in der die großzügige finanzielle Unterstützung für "Hunyadi" durchaus kritisch gesehen wird?
„Ein guter Freund aus der Filmbranche hat mir geschrieben: ,Ich wollte das wirklich hassen, aber ich kann nicht. Ich bin sehr stolz auf euch, das ist wirklich gut geworden.‘ Die Branche hält zusammen, egal was passiert, man freut sich füreinander und ich denke, das ist das Entscheidende", erzählt Vivien Rujder. Als Schauspielerin sei sie nur ein kleines Rädchen in dem Ganzen, "aber ich glaube, man sieht am Endergebnis, wo das viele Geld hingeflossen ist: in die Arbeit."
Info & Sendehinweis Die rund 56 Mio. Euro teure Serie „Hunyadi – Aufstieg zur Macht“ wurde in Ungarn gedreht. Vor der Kamera standen u. a. Gellért L. Kádár, Vivien Rujder, Franciska Törőcsik sowie Murathan Muslu, Laurence Rupp und Cornelius Obonya. Bei vier Episoden führte Robert Dornhelm Regie. Die Serie ist ab Montag (21. April) wöchentlich in Doppelfolgen ab 20.15 Uhr in ORF1 zu sehen und bereits jetzt auf ORF ON.
Zum Auftakt am Montag zeigt ORF1 ab 22.05 Uhr „Hunyadi – Der Reiz des Mittelalters“. Die Dokumentation von KURIER-Autorin Gabriele Flossmann liefert eine historische Einordnung, zudem kommen die Darsteller der Serie zu Wort.
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