"Tatort"-Kommissar Axel Prahl in neuem Film: "Es war die Hölle"

Mit Roland Kaiser (re.) an der Bar: Traumartige Szene aus „Eisland“
Axel Prahl ist am Mittwoch in der skurrilen Tragikomödie „Eisland“ (20.15 Uhr, ARD) als Lieferant zu sehen. Der Schauspieler über Bandscheibenprobleme, Roland Kaiser und den nächsten "Tatort" aus Münster.

Der letzte Schluck Eierlikör, dann haucht Frau Meuer ihr Leben aus.

Die ältere Dame (Inge Maux) war eine treue Kundin von Marko Wendrichs. Er brachte ihr nicht nur Tiefkühlkost, sondern auch etwas Freude ins Leben – beim abendlichen Eierlikörtrinken.

Axel Prahl spielt diesen Hamburger Lieferanten, der sich in drei Jahrzehnten einen krummen Buckel gearbeitet hat und nun aufgrund eines Bandscheibenvorfalls seinen Job aufgeben musste. Als Wendrichs aus dem Eierlikörrausch erwacht, sieht er die tote Frau vor sich, jene Frau, die ihm zuvor ihre Bankomat-PIN anvertraut hatte, und fasst einen schwerwiegenden Entschluss. Er verfrachtet sie in die Tiefkühltruhe.

Marko hofft, sich und seinem Sohn mit ihrem reich gefüllten Konto ein schöneres Leben ermöglichen zu können, aber: Wenn’s dem bösen Nachbarn (Typ: Blockwart) nicht gefällt .... In der von Maximilian Kaufmann mit viel Gespür geschriebenen Tragikomödie (Regie: Ute Wieland) führt das freilich zu noch mehr Problemen.

Einen wunderbaren Auftritt hat Schlagerstar Roland Kaiser. Das Idol von Marko hat nachts an der Bar ein paar geheimnisvolle Lebensweisheiten auf Lager, die verdächtig nach Haruki Murakamis "Kafka am Strand" klingen.

KURIER: Was würde der erfahrene Kommissar Thiel über Marko Wendrichs Handeln sagen? Wie viel Verbrechen ist hier passiert überhaupt? 

Axel Prahl: Thiel wäre ja nicht zuständig gewesen, der ist bei der Mordkommission. Aber ich glaube, der Frank hätte sehr viel Empathie für diesen Marko, weil der ja mehr oder weniger unverschuldet in diese Situation gerät. Und einer der Schlüsselsätze zu seinem Sohn ist: "Ich habe 30 Jahre lang Tiefkühlpizza durch die Gegend gefahren, um dich großzuziehen, und jetzt kann nicht mal meine Miete bezahlen. Ist das gerecht?" Ich glaube, es wäre Thiel schwer gefallen, diesen Mann zu verhaften. Zumal die Dame ja auch eines natürlichen Todes gestorben ist, er hat ja nur den Zeitpunkt der Beerdigung verlegt. 

So kann man es auch sagen. Hätte er ihn überführt? 

Davon würde ich mal ausgehen. 

Haben Sie als Axel Prahl auch Verständnis für das Handeln von Marko?

Na ja, bedingt, sage ich mal. Ich glaube, ich hätte erst mal andere Alternativen versucht. Ich sage immer: Wer redet, dem kann geholfen werden. Dass er durch sein Rückenleiden seine Arbeit verloren hat, ist das eine. Aber es gibt immer Möglichkeiten, sich ein Zubrot zu verdienen, sei es in der Spielhalle als Aufsicht oder was weiß ich. Also irgendein Job, wo er seinen Rücken nicht unbedingt beanspruchen muss. Aber verständlich ist es natürlich, dass er so gehandelt hat. Die Versuchung war für ihn einfach recht groß. 

Es geht auch um tragische Themen, Einsamkeit im Alter, Jobverlust. Wie entsteht daraus dann eine leichtfüßige Tragikomödie? 

Allem voran ist natürlich das Buch von Maximilian Kaufmann zu nennen. Der war ein junger Filmstudent, als er das geschrieben hat. Ich war wirklich von Anfang an so begeistert, weil man das nicht sehr oft hat, dass mit einer kleinen Geschichte die ganze große Welt erzählt wird. „Eisland“ erzählt auch von der Entwicklung der modernen Kultur, angefangen beim Fernsehen, wie da Wünsche nach eigentlich völlig Überflüssigem generiert werden, wie beispielsweise diesem Kochautomat, das bringt der Film auf den Punkt. 

Sie haben selbst auch ähnliche Jobs gemacht. Wie war das so und hat Ihnen das bei der Rolle geholfen? 

Es war mit Sicherheit hilfreich, zu wissen, was man da normalerweise für Kollegen hat und wie das Klientel ist. Ich habe in meiner Studentenzeit, als ich Mathematik und Musik auf Lehramt studiert  hatte,  als Bierfahrer gejobbt. Und ich fühlte mich damals wie ein Held. Erstens durfte ich einen 7,5 Tonner fahren, habe morgens den LKW voll geladen und hatte dann eine Tour abzufahren und Getränke auszuliefern. Es gab damals noch 100-Liter-Fässer, das muss man sich mal vorstellen, das hätte durchaus zu einem Bandscheibenvorfall führen können. 

Was machen Sie, um gesund zu bleiben?

Ich hatte vor dem Film nie irgendwas mit den Bandscheiben zu tun, aber ein Jahr später hatte ich tatsächlich einen Bandscheibenvorfall. Ich war auf dem Weg zum Synchron Studio und konnte in meinem Auto nicht sitzen, nicht liegen. Es war die Hölle. Als ich dort ankam, musste ich sagen: „Tut mir leid, heute können wir leider nichts mehr aufnehmen. Ich habe solche Schmerzen und weiß gar nicht, wie ich mich halten soll, um den Schmerz zu vermeiden. Ich rufe mir jetzt ein Taxi und fahre in die Klinik.“ Dort hatte man mir einen Haufen Schmerzmittel verabreicht und dann gab es Physiotherapie, all das, was meine Rollenfigur Marko Wendrichs auch durchgemacht hat. Ich habe mir dann so einen hübschen Gymnastikball zugelegt und mache jetzt immer fleißig meine Rückenübungen. Auf dem Boden liegend, die Beine auf dem Ball, den Rücken durchstrecken und das linke Bein hoch und das rechte Bein hoch und nach vorne rollen, über den Brustkorb und Liegestütze. (Lacht) Damit die Muskulatur, die wir normalerweise überhaupt nicht beanspruchen, wieder trainiert wird. 

Dabei schlafen Sie aber nicht ein wie Marko Wendrichs?

Ja also, wenn es gemütlich wird und man alleine ist und dabei Musik hört, kann das schon mal passieren. (Lacht) Das fand ich ja das Schöne an diesem Buch, diesen lakonischen, leicht britischen Humor, der eben so nebenbei erzählt, was Sache ist.

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