Am Set des neuen Hader-Films: „Wenn ich den nicht versemmle ...“

Am Set des neuen Hader-Films: „Wenn ich den nicht versemmle ...“
Josef Hader dreht nach seinem Regiedebüt „Wilde Maus“ seinen zweiten Kinofilm: „Andrea lässt sich scheiden“. In der Hauptrolle: Birgit Minichmayr.

Mit einem weißen VW-Golf dreht Birgit Minichmayr Runden auf einem Schotterparkplatz in Ybbs an der Donau.

Die Burgschauspielerin steht derzeit für die Dreharbeiten zur Tragikomödie „Andrea lässt sich scheiden“ vor der Kamera. Darin spielt sie eine Polizistin vom Land, die sich von ihrem Mann trennen will – ausgerechnet dieser läuft ihr betrunken vors Auto. Im Schock begeht die sonst so korrekte Andrea Fahrerflucht. Als sie zur Unfallstelle zurückkehrt, hat sich bereits ein vermeintlicher Täter gefunden, der sich auch selbst für schuldig hält.

Es ist der zweite Kinofilm von Kabarettist Josef Hader, der erneut für Drehbuch und Regie verantwortlich zeichnet. Nach „Wilde Maus“ (2017) über einen vom Leben und sich selbst gekränkten Musikkritiker und „diese Blase von Stadtbewohnern“ wollte er „einen Film über das zweite Biotop machen, das ich auch ziemlich gut kenne, nämlich über die Gesellschaft am Land“, erzählt Hader bei einem Setbesuch in Ybbs an der Donau: Dort wurden die Szenen beim Mechaniker gedreht, dem Andrea nach dem Unfall ihr demoliertes Auto vorbeibringt.

Nicht künstlich lustig

Hader selbst steht auch wieder vor der Kamera, allerdings in einer Nebenrolle. Die Doppelfunktion von Hauptdarsteller und Regisseur habe bei „Wilde Maus“ zwar nicht so schlecht funktioniert, berichtet der 60-Jährige, „aber man hat doch ein starkes Augenmerk auf die eigene Figur. Dadurch fehlt ein bisschen der Blick aufs Ganze.“

Bei der Protagonistin seines neuen Filmes habe er von Anfang an Minichmayr vor Augen gehabt, mit der er bereits für den Brenner-Krimi „Der Knochenmann“ (2009) gemeinsam gedreht hat. „Die Birgit würde nie eine Situation an einen Effekt verraten und etwas künstlich lustig machen. Und sie kommt auch vom Land, dadurch trifft sie genau den Ton. Zum Beispiel, wie man sich als Frau in einer männerdominierten Umgebung durchsetzt, welche Strategien man da entwickelt“, so Hader. „Das bekommt man schon von der Jugend an mit und ich glaube, da können Schauspieler aus der Stadt zwei Monate arbeiten, mit allen Techniken – sie werden es nicht erlernen.“

Am Set des neuen Hader-Films: „Wenn ich den nicht versemmle ...“

Hader-Humor

Minichmayr habe zunächst ein bisschen zögern lassen, dass im Film „Gnade“ (2012) schon eine ähnliche Ausgangssituation hatte, „nämlich, dass ich jemanden zu Tode fahre“, erzählt die Schauspielerin. „Aber dann habe ich mir gedacht: Warum nicht? Hauptsache, ich kann mit dem Josef arbeiten“, sagt sie lachend.

Hader sei „ein sehr wacher Zuschauer und es herrscht ein sehr wertschätzender Umgang auf Augenhöhe. Wir fahren immer von Wien gemeinsam zum Dreh und besprechen dann auf den Fahrten, was wir uns gedacht haben. Ich mag das wahnsinnig gerne. Und er weiß genau, was er will“, so Minichmayr, die parallel zu den Dreharbeiten auch im Theater auf der Bühne steht. Wenn dadurch in Folge mehrere Wochenenden belegt sind, leide sie ein wenig unter der Doppelbelastung. „Aber es geht manchmal nicht anders und dann funktioniert es auch.“

Ihre Filmfigur Andrea beschreibt die 45-Jährige als unglücklich: „Sie wird dann noch unglücklicher, weil sie zum falschen Zeitpunkt die falsche Entscheidung getroffen hat.“ All das werde „in einem schönsten Josef-Hader-Humor aufbereitet“.

Ein bisschen einen Hau

„Meine Vermutung ist, dass der Witz vielleicht mehr kann, wenn er aus einer tragischen Situation heraus kommt“, so Hader, der im Vorjahr sein neues Kabarettprogramm „Hader on Ice“ präsentierte, über die Mischung aus Tragik und Komik. Er interessiere sich generell für Menschen, „die Dinge nicht aussprechen können, und für Schuld. Ich glaube, ich habe auch ein bisschen einen Hau in der Richtung. Vielleicht mach’ ich gern Filme über Leute, die meine eigenen Fehler reproduzieren“, grinst Hader.

In „Andrea lässt sich scheiden“ spielt er Franz – einen Religionslehrer, der nach Andrea an den Unfallort kommt und den überfahrenen Ehemann noch einmal überrollt. Franz hält sich daraufhin für den Schuldigen. „Und überraschenderweise gibt ihm das geradezu Auftrieb. Überspitzt formuliert könnte man sagen, dass Katholiken manchmal Schuld auch genießen.“

Am Set des neuen Hader-Films: „Wenn ich den nicht versemmle ...“

Kein sensibler Blick

Ins Kino kommen soll der Film voraussichtlich erst 2024. Hader nehme sich Zeit bei der Arbeit, wie Produzent Michael Katz von der Wega Film erklärt. Ob es ein Nachteil ist, wenn der Regisseur auch in seinem eigenen Film mitspielt? „Nicht, wenn er Hader heißt“, schmunzelt der Produzent, der bereits bei „Wilde Maus“ mit Hader zusammengearbeitet hat.

Und wie ist es nun, nach der Stadt das Landleben zu beleuchten? „Ich komme von dort. Da weiß man, wie die Menschen ticken“, sagt Hader. „Ich habe nicht diesen Blick auf die Landbewohner, den manche Regisseure aus der Stadt haben. Das ist oft kein sensibler Blick. Im Grund stecken wir alle in irgendeiner Blase und tun uns schwer, die in der anderen zu verstehen.“

Ob er nach „Andrea lässt sich scheiden“ wieder einen Film drehen wird, wisse er noch nicht. „Wenn ich den nicht versemmle, hätte ich wahrscheinlich eine Chance, aber das muss man abwarten.“

Kommentare