"2min2mio"-Investorin Steinberger: "Zivilgesellschaft wird viel Arbeit haben"
In der heimischen Start-up-Szene gilt Eveline Steinberger schon lange als Fixstern. Warum sie bei der Start-up-Show „2 Minuten 2 Millionen“ erst jetzt einsteigt, war daher eine nahe liegende Frage im KURIER-Gespräch.
„Puls 4 hat wiederholt gefragt, ob ich als Investorin teilnehmen möchte“, sagt Steinberger. „Und ich musste ein paar Mal Nein sagen, weil ich das Gefühl hatte, dass ich mich mit meinem Investmentfokus unter Umständen dort schwertue.“
Die Innovationsexpertin investiert mit ihrer Blue Minds Group (Sitze u.a. in Wien und Tel Aviv) im Hightech-Bereich mit Schwerpunkt Energietransformation. Bei #2min2mio geht es aber häufig um Neuheiten für die Supermarktregale und Onlineshops. Auch ein Spielhaus für Katzen – das Dienstag, 30. Jänner (20.15 Uhr, Puls4) vorgestellt wird – passt nicht unbedingt ins Beuteschema der gebürtigen Steirerin. Der Do-it-yourself-Ansatz der Karton-Katzenburg erinnert sie dann auch „an ein Möbelhaus“, wie sie in Folge 1 sagt. Mit dem Nachsatz: „Und ich scheitere öfters.“ Beim Zusammenbau wohlgemerkt.
Das gesamte Interview finden Sie weiter unten.
Motivation
Warum Sie nun mitmache?
„Weil eine weitere Motivation dazu kommt“, sagt Steinberger. „Am heimischen Standort haben wir zuletzt weniger gemacht, auch weil wir nicht die entsprechenden Teams gefunden haben. Für mich gilt es, junge, innovative Teams im Bereich Energietransformation und Technologien, die Bahnbrechendes bewirken, zu unterstützen.“ Sie wolle „einen Beitrag dazu leisten, dass sich mehr junge Teams mit diesen Themenwelten beschäftigen.“ Eine Idee, die ebenfalls in Folge 1 präsentiert wird, – eine Stromboje für Fließgewässer – passt schon besser in Steinbergers Energiefokus.
Gerade in den aktuellen „sehr turbulenten wirtschaftlichen Zeiten“ sehe sie ein „Umfeld, das für Investments mühsamer geworden ist, weil die höheren Zinsendienste das Ganze deutlich bremsen.“ Es sei wichtig, das entsprechende Klima für Innovationen zu schaffen. „2 Minuten 2 Millionen“ trage wesentlich dazu bei, meint Steinberger, „das sieht man an der Resonanz, die dieses Format in den letzten zehn Jahren auf sich zog. Und schließlich auch an Geldern, die diese Sendung bewegt hat. Eine tragende Rolle hatte dort Hans Peter Haselsteiner von Beginn an.“
Haselsteiner, der zwischendurch bei Steinberger investiert war, bestärkte sie auch darin, mitzumachen. „Er hat mir noch Argumente genannt, die sicher einen Beitrag dazu geleistet haben,“ sagt die Unternehmerin.
Widerstandskraft
Einen krassen Pessimismus spüre sie derzeit nicht. „Ich glaube auch, dass das daran liegt, dass jene Menschen, die sich dazu entscheiden, sich in diesem Feld wirtschaftlich weiter zu entwickeln, resilient sein müssen.“
Hinzu kommt, dass in ihrer zweiten unternehmerischen Heimat, Israel, die Zeichen seit Monaten auf Krieg stehen. „Wir werden zu einer Normalität, wie wir sie vor dem 7. Oktober kannten, nicht zurückkehren. Davon bin ich – und auch meine ganzen Freunde und Geschäftspartner – überzeugt“, sagt Steinberger. „Dazu ist einfach viel zu viel Schreckliches passiert. Gleichzeitig kenne ich keine Bevölkerung, die so resilient ist wie die Israelinnen und Israelis.“
Einige Mitarbeiter seien zum Heer eingezogen worden oder engagierten sich ehrenamtlich. Manches sei also liegen geblieben. Aber: „Alle haben sich mittlerweile wieder sehr motiviert gezeigt, wir blicken jetzt wieder sehr positiv in die Zukunft.“
Keine große Zukunft sieht sie für die Regierung Netanjahu: „Da werden wir, glaube ich, neue Lösungen sehen. Ich wünsche es mir auch, weil ich der Überzeugung bin, das ist so festgefahren, dass nichts mehr Positives entstehen kann. Jede Form von Neubeginn auf innenpolitischer Ebene würde dem Land sehr guttun.“
➤ Mehr lesen: Energiewende: Steinbergers High-Tech-Coup in Israel
Ab Dienstag, den 30. Jänner 2024 jeweils um 20:15 Uhr auf Puls 4 und dem Streamingdienst Joyn bestreiten heimiesche Start-Ups vor der Investoren-Runde um Hans Peter Haselsteiner, Eveline Steinberger, Katharina Schneider, Heinrich Prokop, Christian Jäger und Bernd Hinteregger eine Gratwanderung zwischen Erfolg und Misserfolg. Zwei Minuten haben die Unternehmerinnen und Unternehmer Zeit, ihre Geschäftsmodelle zu präsentieren
Langfassung: Das komplette Interview mit der Tech-Investorin
KURIER: Sie sind nun bei "2 Minuten 2 Millionen“ eingestiegen. Welchen Spezialbereich bringen Sie hier ein?
Eveline Steinberger: Die Motivation, mein Unternehmen zu gründen, war es einen persönlichen Beitrag zum Umbau unseres Energiesystems zu leisten. Investments in innovative Technologie-Start-ups sehen wir als unsere Kernaufgabe. Dabei beschäftigen wir uns in erster Linie mit Software und Hochtechnologien, wie künstliche Intelligenz, additive manufactoring oder Cybersecurity. Weil wir glauben, dass das im Bereich der Energietransformation ganz entscheidend und auch notwendig ist, um all diese neuen Herausforderungen auch bewältigen zu können. Wir haben im Moment zehn Einzelbeteiligungen, also dort, wo die Blue Minds Gruppe direkt investiert hat und vier weitere über ein attraktives neues Engagement. Über dieses Vehikel in Israel sind wir Investmentpartner von Net Zero Technology Ventures, gemeinsam mit französischen und amerikanischen Industriegrößen. Dabei handelt es sich, um den ersten und einzigen Climate Tech Incubator, den auch das israelische Innovationsministerium unterstützt. Da sind Sachen dabei wie Nanotechnologie für die Produktionssteigerung von Batterien und Elektrolyzern.
Für Sie ist es jetzt die erste Staffel "2 Minuten. 2 Millionen" dabei. Warum gerade jetzt?
Puls 4 hat wiederholt gefragt, ob ich an „2 Minuten, 2 Millionen“ als Investorin teilnehmen möchte. Und ich musste ein paar Mal nein sagen, weil ich das Gefühl hatte, dass ich mich mit meinem Investmentfokus unter Umständen dort schwer tue. Diesmal habe ich aber ja gesagt, weil auch eine weitere Motivation dazu kommt. Am heimischen Standort haben wir zuletzt eher weniger gemacht, auch weil wir nicht die entsprechenden Teams gefunden haben. Für mich gilt es, junge, innovative Teams mit dem Investmentbereich Energietransformation und Technologien, die wirklich was Bahnbrechendes in diesem Bereich bewirken, zu unterstützen. Das wird natürlich für den Standort Österreich auch zusehends wichtiger. Und wenn ich einen Beitrag dazu leisten kann, dass sich mehr junge Teams mit diesen Themenwelten beschäftigen, dann bringt das schon was.
War die Sendung bisher für Sie zu Retail-lastig?
Es gibt sehr Retail-fokussierte Investoren und es gibt eben Investoren wie mich. Ich investiere in Hochtechnologie und darin vornehmlich in die Energietransformation, also alles, was irgendwo nachhaltig Energieeffizienz bringt und CO2 einsparend wirkt. Mit diesem Schwerpunkt muss immer ein Geschäftsmodell verbunden sein. Insofern hat das einfach eine Anlaufzeit für mich gebraucht. Jetzt bin ich dabei und versuche, mit meinem Mitwirken dort auch mehr solche Geschäftsmodelle, Gründer oder Ideen anzulocken, sich auch an "2 Minuten 2 Millionen" zu wenden.
Hat das in dieser Staffel bereits Früchte getragen? Ein Projekt ist ja die Stromboje.
Das ist natürlich ein Projekt, das absolut in diesen Investmentfokus fällt. Insofern kann man sagen, ja. Wobei das auch nicht von heute auf morgen geht, mehr davon zu sehen.
Sind Sie nach den Aufzeichnungen zufrieden mit der Ausbeute?
Ich bin ein Mensch, der nie zufrieden sein darf. Ich will neugierig bleiben. Es muss immer weiter, weiter, weiter gehen. Insofern gibt es immer noch Luft nach oben. Aber es hat mir sehr viel Spaß gemacht, in dieser Staffel von „2 Minuten 2 Millionen“ ein Gefühl dafür zu kriegen, wie sich das auch hinter den Kulissen und hinter der Kamera anfühlt. Das war definitiv eine neue Erfahrung für mich. Aber eine sehr positive Erfahrung. Ich fand dort eine wirklich bereichernde Arbeitsumgebung vor.
Ich nehme an, dass Sie mit Hans Peter Haselsteiner davor am meisten zu tun gehabt haben.
Richtig. Weil wir das eine oder andere Geschäftliche schon gemeinsam gemacht hatten.
Hat er Sie auch bestärkt, da mitzumachen?
Ich muss zugeben, ich hab mit ihm darüber gesprochen. Und ja, er hat mir noch Argumente genannt, die sicherlich einen Beitrag dazu geleistet haben, ja zu sagen.
"Das ringt viel Konzentration ab"
Sie haben bei der Vorstellung eines Katzenspielhauses darum gebeten, eine Plauderei zwischen den Investoren zu beenden. Ist es öfters vorgekommen, dass Sie ein bisschen zur Ordnung gerufen haben?
Wir sehen hier pro Tag mehrere verschiedene Geschäftsmodelle und Teams - und das im Stakkato. Da geht es auch darum, den Menschen, die zu „2 Minuten 2 Millionen“ kommen, die gebotene Wertschätzung zu geben. Mein Anspruch ist: Aufmerksam zu sein, sich mit deren Business auseinanderzusetzen und einen konstruktiven Beitrag zu leisten. Das ringt viel Konzentration ab. Es kann sein, dass meine Geduld da auch einmal strapaziert worden ist. (Lacht)
Sie beobachten den Markt genau. War auch etwas dabei, das für Sie komplett neu war, und das ihr Interesse stark angezogen hat?
In meinem Energietransformationsbereich noch nicht, aber darüber hinaus war eines mit dabei, das mich sehr fasziniert hat. Da habe ich eine Investmentzusage gemacht und zwischenzeitlich wurde, wie üblich, eine ausführliche Due Dilligence gemacht, um zu überprüfen, ob das, was uns gesagt wurde, auch in den Zahlen, Daten, Fakten wiederzufinden ist. Das eine oder andere wird in diesem Prozess noch konkretisiert. Aber es sieht weiter gut aus. Es hat mit Künstlicher Intelligenz zu tun.
Die Sendung soll natürlich auch unterhalten, soll auch eine breitere Öffentlichkeit über Trends informieren. Was kann so eine Sendung erreichen und was wollen Sie damit erreichen?
Es geht schon darum, dass wir auch ein Klima für Innovation schaffen und das für den heimischen Standort auch schärfen. Auch für die jüngere Generation, die nach den verschiedenen Ausbildungswegen sich hoffentlich auch damit auseinandersetzt, etwas zu bewegen, indem sie sich in einem Gebiet vertieft und innovative Geschäftsmodelle startet. Es geht auch darum, eine unternehmensfreundliche Kultur zu unterstützen. Ich glaube sehr, dass die PULS 4 Start-Up-Show wesentlich dazu beiträgt. Das sieht man ja auch an den Zuschauerzahlen und an der Resonanz, die dieses Format in den letzten zehn Jahren auf sich zog. Und schließlich auch an Geldern, die diese Sendung bewegt hat. Es ist wirklich beeindruckend, was damit zustandegebracht wurde. Und eine tragende Rolle hatte dort natürlich Hans Peter Haselsteiner von Beginn an.
Stimmt, er ist auch in der Sendung sehr investitionsfreudig.
Gerade jetzt befinden wir uns wirklich in sehr turbulenten wirtschaftlichen Zeiten. Die Pandemie, dann der Ukrainekrieg, mit der Folge hoher Energiepreise. Damit kam dann eine hohe Inflation und die Zinsen mussten weltweit von den Notenbanken als Gegenmittel angehoben werden. Das ist ein Umfeld, das vor allem auch für Investments mühsamer geworden ist, weil die höheren Zinsendienste das Ganze deutlich bremst. Gerade in so einer Zeit ist es wichtig, am Ball zu bleiben. Wir brauchen die Innovationen, Stichwort Klimawandel, Stichwort Gesundheitssystem, Bildungssystem. Innovation sichert uns Wachstum und damit Beschäftigung und letztendlich den sozialen Wohlstand. Und insofern ist es schon wichtig, dafür das entsprechende Klima zu schaffen.
Spüren Sie gerade einen gewissen Pessimismus in der Branche?
Zum Glück spüre ich diesen krassen Pessimismus nicht. Und ich glaube auch, dass das daran liegt, dass jene Menschen, die sich dazu entscheiden, sich in diesem Feld wirtschaftlich weiter zu entwickeln, resilient sein müssen. Das gehört zum Unternehmertum. Natürlich passieren auch Pleiten. Das ist auch vorher der Fall gewesen. Man scheitert mitunter mal. In unserer Branche wissen wir auch um eine gesunde Fehlerkultur, die ja unserem Kulturkreis sowieso nicht so inhärent ist. Umso mehr glaube ich, dass wir es in dieser Szene leichter schaffen, Misserfolge wegzustecken. Zumindest gilt das für mich und mein Umfeld, auch weil ich im Wirtschaftsraum Israel sehr viel unterwegs bin, wo diese Resilienz noch mal eine ganz andere Dimension hat. Ich habe auch in das Startup-Barometer von Ernst & Young reingeschaut. Klar ist das Investmentvolumen zurückgegangen, aber weniger als teilweise in anderen Ländern. Es sind interessanterweise mehr Kapitalrunden im Jahr 2023 gelaufen als 2022. Allerdings waren die Ticketgrößen, also die Größe der Investments pro Startup, kleiner. Ich glaube, es war überhaupt nur eines dabei mit über 100 Millionen € Investmentvolumen. Die anderen waren doch deutlich kleiner und im Durchschnitt lagen wir sohin bei vier bis fünf Millionen € pro Investmentrunde. Davor hatten wir einen doppelt so hohen Schnitt und vor Covid waren es überhaupt durchschnittlich 10 bis 12 Millionen Euro pro Ticket, auch in Österreich. Ich glaube daher, dass sich die Branche ganz gut gehalten hat. Die meisten haben sich davor offenbar hinreichend Liquidität gesichert oder Kosten gesenkt; wo das eben nicht gelungen ist, da haben wir in den Zeitungen die entsprechenden Meldungen vom Scheitern gelesen. Aber im Grunde genommen sehe ich die Entwicklung nicht so negativ und pessimistisch wie in anderen Branchen.
"Innenpolitischer Neubeginn würde Israel sehr guttun"
Sie sind sehr stark auch in Israel tätig, in Tel Aviv. Inwieweit hat sich seit dem 7. Oktober dort das Arbeitsklima verändert? Wie bewerten Sie überhaupt die Lage in Israel?
Man muss jetzt natürlich sagen: Wir werden zu einer Normalität, wie wir vor dem 7. Oktober kannten, nicht zurückkehren. Davon bin ich und auch meine ganzen Freunde und Geschäftspartner überzeugt. Dazu ist einfach viel zu viel Schreckliches passiert. Gleichzeitig kenne ich keinen Kulturkreis, keine Bevölkerung, die so resilient ist wie die Israelinnen und Israelis. Ungefähr 4 bis 5 Wochen nach dem Angriff der Hamas haben wir überall, wo ich involviert bin, unsere Aktivitäten wieder aufgenommen. Natürlich eingeschränkt, weil sehr viele sich der Nation zur Verfügung gestellt haben und als Reservisten eingezogen wurden. Viele haben sich ehrenamtlich im Kriegsgebiet oder auch innerhalb Israels bei Rettungsorganisationen oder Krankenhäusern engagiert. Da ist also einiges liegengeblieben, viele Dinge haben sich verzögert, aber das heißt nicht, dass das Engagement völlig zum Erliegen gekommen ist. Im Gegenteil: Alle haben sich mittlerweile über den Jahreswechsel wieder sehr motiviert gezeigt und wir blicken jetzt wieder sehr positiv in die Zukunft. Das gilt für die wirtschaftlichen Aktivitäten. Den Rest wird man sehen müssen. Es ist tragisch genug, dass dieser Krieg noch immer andauert, dass noch immer 130 Geiseln nicht heimkehren konnten. Und dass es vor allem für danach noch kein allgemein akzeptiertes Modell gibt, wie man in dieser Nahostregion in Frieden miteinander leben kann. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir sehr bald auch positive nächste Schritte nach all der Tragödie und dem Unheil sehen werden. Ich wünsche es mir zumindest sehr.
Schon vor dem 7. Oktober gab es in anderer Hinsicht große Probleme im Land. Die Proteste gegen die Justizreform. Rechtsstaatlichkeit ist ja auch sehr wichtig für ein investmentfreudiges Klima. Haben Sie sich davor schon Sorgen gemacht, in welche Richtung es in Israel politisch geht?
Natürlich ging das auch an mir nicht vorüber. Ich habe mich solidarisch gezeigt mit vieler meiner Freunde. Einmal bin ich auch bei einem Samstagsprotest mit dabei gewesen. Außerdem gehört es zu meinem Wertesystem, für demokratische Strukturen und Regeln einzustehen. Da wird noch sehr viel passieren. Ich glaube nicht, dass es innenpolitisch so bleiben wird. Da werden wir glaube ich neue Lösungen sehen. Ich wünsche es mir auch, weil ich der Überzeugung bin, das ist jetzt so festgefahren, dass meines Erachtens auch nichts mehr Positives entstehen kann. Die Fronten sind so verhärtet. Jede Form von Neubeginn auf innenpolitischer Ebene würde dem Land sehr guttun.
Es war ja auch jahrelang schwer, eine stabile Regierung zu bilden. Immer wieder gab es Neuwahlen.
Ich habe kein Land erlebt, wo das so oft der Fall war. Wir haben wirklich schon gewitzelt. (Lacht)
Österreich: "Hoffe, das sich Gesamtbevölkerung für das Richtige entscheidet"
Auch in Österreich sieht es danach aus, dass es in Hinkunft immer schwieriger wird, eine Regierung zu bilden. Wie blicken Sie auf diese Situation?
Im Moment sehe ich das mit großem Bauchweh, wenn ich auf die Umfragewerte schaue. Ich spreche mich klar gegen Rechtsextremismus und Faschismus aus. Ich bin gegen alles, was irgendwo versucht, demokratischen Rechte einzuschränken oder überhaupt zu beseitigen. Und da wird die Zivilgesellschaft in den nächsten Monaten wohl einige Arbeit vor sich haben, um eben für diese Werte und für ein funktionierendes gesellschaftliches Zusammenseins einzutreten, das es uns möglich macht, den sozialen Frieden und Wohlstand weiter zu sichern. Das ist die Voraussetzung für alles übrige auch, für gute wirtschaftliche Entwicklung und auf Basis von Innovation und Wachstum. Ich habe eine Tochter, die mittlerweile fast 17 ist. Und ich muss da auch an die nächste Generation denken und umso mehr ist mir das ein Anliegen. Ich hoffe sehr, dass wir uns als Gesamtbevölkerung für das Richtige entscheiden.
Thema Klimawandel. Worauf sollte der Fokus gerichtet werden? Für welche Energieformen sehen Sie am meisten Zukunft, die auch am besten angenommen werden?
Natürlich ist das eine sehr wichtige Frage, aber ich glaube, es geht gar nicht so sehr darum, welche von den vielen Möglichkeiten, die uns ein nachhaltigeres, energieeffizienteres, CO2-sparendes Energiesystem bringen, wir einsetzen. Am besten eine bunte Mischung davon. Es geht, glaube ich, viel mehr darum: Wie kommen wir überhaupt dorthin? Und eine der wesentlichen Fehlentwicklungen für diese Herausforderung ist für mich das staatliche Subventionssystem. Vor allem in Europa haben wir derzeit ein ziemliches Problem damit. Es sind weniger Subventionen an sich, aber die bleiben wirkungslos, weil man den privaten Sektor viel zu wenig einbindet. Man müsste diese Subventionen an ganz andere Regelmechanismen binden. Das muß immer eine Kombination aus Staat und privat sein. Der Staat muss Investitionen in Klimawandel für den privaten Sektor attraktiv machen. Wenn ich heute die Deutsche Börse blicke und sehe, wie viele große Unternehmungen derzeit Milliarden in die Hand nehmen, um eigene Aktien zurückzukaufen, dann frage ich mich, was irgendwie schief läuft. Man könnte diese Gewinne wohl besser in Innovation stecken, die neue Produkte oder Dienstleistungen beispielsweise für den Klimawandel schaffen. Offenbar werden Gewinne erwirtschaftet, aber man versucht dann nichts produktives damit zu tun. Da ist irgendwo der Wurm drin. Die Mechanismen , wie wir zu dieser Energiewende kommen, müssen daher noch einmal überdacht werden. Man darf das nicht nur dem Einzelnen überlassen, nachhaltig einzukaufen, energieeffizient zu wohnen oder elektrisch zu fahren. Die großen Innovationen und die Technologien können nur Hand in Hand mit Staat und Unternehmen in den Markt gebracht werden. Es braucht ein breites Angebot.
Wenn man die Energiepreisentwicklung betrachtet: Muss das System in Europa noch optimiert werden oder hat es den Test durch die kriegerischen Entwicklungen im Großen und Ganzen bestanden?
Wir haben noch immer eine Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus Regionen, die problematisch sind. Zuletzt war und ist das Gas aus Russland. Und diese Abhängigkeit haben wir nicht wesentlich zurückgefahren seit Beginn des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine. Das hat natürlich die Energiepreise empfindlich in die Höhe getrieben. Wir sind mittlerweile wieder auf ein niedrigeres Niveau zurückgekommen, sind aber noch längst nicht wieder dort, wo wir vor dem Ukrainekrieg waren. Das hat natürlich als wesentliche Größe im Warenkorb die Inflation angeheizt. Aber auf der anderen Seite hat ein gewisses Energiepreisniveau auch den Vorteil, dass man neue Technologien schneller in den Markt bringt. Zumindest theoretisch. Wären da nicht staatliche Subventionen, die aktuell Fehlentwicklungen produzieren. Denn sie initiieren nicht die erforderlichen privaten Investitionen der Unternehmen.
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