Matt Damon: "Wut und Angst sind überall gleich"

Matt Damon
Matt Damon über seine Zwergenrolle in "Downsizing", Bauchansatz, Jason Bourne und Donald Trump.

Von Gabriele Flossmann

Er ist längst ein Hollywoodstar, kann das aber in der persönlichen Begegnung gut verbergen: In Jeans und T-Shirt wirkt Matt Damon eher wie einer jener Zuschauer, die gerne seine Filme sehen. Auch Starallüren scheint er nicht zu kennen, zumindest versichern alle, die je mit ihm gearbeitet haben, ihn nie schlecht gelaunt erlebt zu haben. Und das, obwohl er einer der meistgefragten Schauspieler des internationalen Kinos ist.

Nach seinen frühen Anfängen im Autorenkino ("Good Will Hunting", 1997) suchte er als Geheimagent mit Gedächtnislücken nach einer eigenen Identität ("Die Bourne Identität", 2002) und revolutionierte das Actionkino.

Sein neuer Film "Downsizing" wird auf der Viennale gezeigt, ohne ihn, aber doch in Anwesenheit von Christoph Waltz, der darin eine Rolle als vergnügungssüchtiges Schlitzohr hat (Dienstag, 21.15 Uhr, Gartenbau). "Downsizing" erzählt davon, wie Menschen – darunter Matt Damon – auf Winzlinge reduziert werden, um Ressourcen zu sparen und damit den Planeten zu retten.

KURIER: Wie war es, diese Zwergenrolle zu spielen? "Method Acting" wird ja nicht ausreichen, um sich in einen so kleinen Menschen hineinzudenken.

Matt Damon: Auf jeden Fall war das die größte kleine Rolle der bisherigen Filmgeschichte und ich war dabei auf die Hilfe des Regisseurs Alexander Payne angewiesen – und natürlich haben auch die Riesen-Kulissen geholfen, einem das Gefühl zu vermitteln, wie man sich als Mensch in Mausgröße fühlt.

Der Film ist eine Metapher für das wirkliche Leben. Was ist für Sie die wichtigste Aussage?

Ich will die Leute nicht unbedingt darauf stoßen, was für mich das Wichtigste an diesem Film ist – denn sie sollen sich selbst darüber ihre Gedanken machen. Aber für mich ist er vor allem eine Metapher dafür, wie wir von jenen "klein gemacht" werden, die das Sagen in einer Gesellschaft haben. Sie schreiben vor, wie der "kleine Mann von der Straße" zu funktionieren und was er zu denken hat. Dagegen sollten wir uns zur Wehr setzen. Der Film geht davon aus, dass mit der Verkleinerung der Menschen auch ihre Probleme kleiner werden. Darin sehe ich eine Botschaft, die wir mit nach Hause nehmen sollten: Wir müssen tatsächlich alles tun, damit unsere Probleme kleiner werden – allen voran die Umweltprobleme, die Klassenunterschiede und die ethnischen und nationalen Konflikte. Damit können wir Menschen Größe zeigen.

Wieweit können Sie sich als Schauspieler mit dem sogenannten "kleinen Mann von der Straße" identifizieren?

Das war offenbar auch ein Problem des Regisseurs. Beim ersten Meeting für diesen Film sagte er: Gut, dass du nicht aussiehst wie ein Filmstar, eher wie ein Durchschnittsmensch!

Haben Sie das als Beleidigung empfunden?

Im Gegenteil! Für mich als Schauspieler war das ein großes Kompliment. Und er hat ja recht! Manche Filmstars sind so schön, dass man sie in der Rolle eines Durchschnittsmenschen kaum akzeptieren kann. Die müssen dann schon verdammt gute Schauspieler sein, damit man ihr Aussehen vergessen kann. Oder man muss Ihnen Zeilen in den Dialog hineinschreiben wie: Er ist zwar unglaublich schön, aber trotzdem ein guter Installateur. Oder: Sie sieht zwar aus wie ein Model, aber sie ist trotzdem eine Sozialarbeiterin. Da habe ich es erheblich leichter – ich kann in viele Rollen hineinschlüpfen.

Trifft das auch auf eine Rolle wie Jason Bourne zu?

Das ist viel schwieriger! Vor jedem Film brauchte ich Monate, um mir einen ansehnlichen Körper anzutrainieren (lacht). Beim letzten Bourne-Film war ich schon über 45 und meine Freunde haben gesagt: Wow! Ich möchte auch so einen Waschbrettbauch. Aber glauben Sie mir, es ist sehr, sehr langweilig, jeden Tag sechs Stunden lang Gewichte zu heben! Der umgekehrte Weg ist leichter. Alexander Payne schickte mir vor den Dreharbeiten jeden Tag ein SMS: Iss möglichst viele Nudeln, Pizzen und Süßigkeiten! Du musst eine andere Figur bekommen. Ich möchte keinen Muskel an dir sehen!

Was sagt Ihre Frau zu Ihrem Wechsel von einer Bourne-Figur zum Durchschnittsbürger mit Bauchansatz?

Wir haben uns ineinander verliebt, als ich gerade die Komödie "Unzertrennlich" (2003) drehte – und damals war ich gerade etwas dicklich. Sie hat also wieder das, was sie damals bekommen hat (lacht). Vielleicht mag sie es auch, alle paar Monate neben einem anders aussehenden Mann aufzuwachen.

Werden wir Sie noch einmal als Bourne wiedersehen?

Mal sehen. Ich muss erst abwarten, wie ich mit meinen neuen Filmen als Durchschnittsbürger ankomme. Aber wer weiß, ob Jason Bourne nicht doch wieder gebraucht wird, um die Welt vor Trump zu retten.

Fürchten Sie wirklich, dass man dazu einen Bourne braucht?

Die Sorge habe ich durchaus. Nachdem ein Teil der Amerikaner ihn gewählt hat und die Briten für den Brexit gestimmt haben, halte ich endgültig alles für möglich. Die Wut und die Angst, die Wähler anscheinend zu solchen Entscheidungen antreiben, sind überall auf der Welt gleich.

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