Opulentes Opernleid

Kritik - Paul Hindemiths „Mathis der Maler“ im Theater an der Wien

Szenisch sehr klug, musikalisch meist sehr gut und dennoch langatmig – mit Paul HindemithsMathis der Maler“ landet das Theater an der Wien einen vollen Erfolg, deckt aber schonungslos die Schwächen des Werkes auf.

Etwa vier Stunden (inklusive Pause) verfolgt man die Geschichte des Malers Matthias Grünewald, sieht ihn an seinem Isenheimer Altar arbeiten, bleibt Zeit, über die moralische Verantwortung eines Künstlers in politisch gefährlichen Zeiten zu sinnieren. Aus gutem Grund. Denn mit der Oper „Mathis der Maler“ hat Hindemith (auch Libretto) eine Parabel auf den aufkeimenden NS-Terror geschaffen – die Uraufführung des vom Nazi-Regime verbotenen Werkes fand 1938 in Zürich statt.

Es ist das große Verdienst von Regisseur Keith Warner und seinem Bühnenbildner Johan Engels (Kostüme: Emma Ryott, Licht: Mark Jonathan), Hindemiths umständlich-ausufernd erzähltes Drama nicht auf diese historische Dimension herunterzubrechen. Weder gibt es NS-Schergen noch religiöse Bigotterie. Ja, schmerzhafte Bücherverbrennungen finden statt. Aber Warner und Engels thematisieren vor allem das Leiden Christi und jenes der gesamten Menschheit im Breitwandformat.

Eine überdimensionierte Christus-Statue ist der opulente Eyecatcher. Sie lässt sich drehen, bewegen, zerlegen und beherrscht das Geschehen. Dazu gibt es schöne Projektionen, Übermalungen und eine starke Personenregie – mehr kann man für dieses Stück nicht tun.

Szenenfotos aus "Mathis der Maler"

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Pure Dramatik

Und auch musikalisch passiert sehr viel, um Hindemiths nicht ganz zu Unrecht selten gespielter Oper zu massivem Glanz zu verhelfen. Das liegt auch an Dirigent Bertrand de Billy, der am Pult der exzellent geprobten Wiener Symphoniker auf packende Dramatik setzt, der sogar den (sehr mäßigen) Slowakischen Philharmonischen Chor im Griff hat. De Billy inszeniert Hindemith regelrecht und ist den Sängern ein starker Partner.

Die Sänger: Hier ist an erster Stelle Wolfgang Koch zu nennen, der als Mathis zu unfassbarer Intensität findet, dessen Bariton alle Klippen der Partitur perfekt meistert. Der Tenor Kurt Streit hingegen gibt den Erzbischof von Mainz fast schon als eine Art Richelieu-Karikatur; die dramatische Sopranistin Manuela Uhl als Ursula ist extrem schrill und wort-undeutlich. Wunderbar Franz Grundheber und Raymond Very – sie führen ein gutes, homogenes Ensemble an.

KURIER-Wertung: **** von *****

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