Kušej also boxte teufelswild gegen Schatten. Und seine Inszenierungen – etwa der „Hermannsschlacht“ – wurden nicht in dem Maße gelobt, wie er es sich wohl erwartet hätte. Man mäkelte über die schlecht lesbare Schrift der Programmhefte wie über seinen Führungsstil. Dann torpedierte Corona den Spielplan – und seine „Tosca“ ging im Schneegestöber, überlagert von einem Buh-Orkan, eiskalt unter.
Er konnte tun, was er wollte: Es lief einfach nicht. Kušej verhielt sich zunehmend wie ein trotziges Kind. Er unterstellte Staatssekretärin Andrea Mayer, das Burgtheater in eine Krise zu führen, weil sie seinen Vertrag nicht verlängerte. Er lässt es zu, dass man sich auf der Bühne über seinen Nachfolger Stefan Bachmann – er präsentiert am Dienstag (23. April) sein Programm – lustig macht. Und er verweigert Kulturjournalisten gerne Interviews.
Zu all dem kam der Fall Teichtmeister. Mitte September 2021 wurde eine „Prügel- und Porno-Affäre“ rund um einen „prominenten Schauspieler“ bekannt. Dass es sich um Florian Teichtmeister handelte, machte schnell die Runde – auch im Burgtheater. Es passierte aber nichts: Kušej übertrug dem Freund auch die Hauptrolle in „Nebenan“, seine Inszenierung hatte Mitte Oktober 2022 Premiere.
Drei Monate später wurde bekannt, dass bei Teichtmeister u. a. 58.000 Dateien mit Kindermissbrauchsmaterial gefunden worden waren. Kušej machte nun große Augen: Teichtmeister hätte stets beteuert, dass an den Vorwürfen nichts dran sei. (Er verschwieg das Ausmaß, weil er auf eine Diversion hoffte, also glaubte, die Angelegenheit ohne Aufsehen durchtauchen zu können.)
Und dann, nach Ende der Schockstarre, reagierte Kušej trotzig: Er setzte „Nebenbei“ einfach ab. Damit sich die Burg keiner Verfehlung schuldig machte, ging sie nun doch gegen Teichtmeister vor und klagte den Schaden für ausgefallene Vorstellungen, neu gedruckte Programmhefte und Rechtsanwaltskosten ein. Die Summe stieg auf bereits 94.493 Euro.
Mit Scheuklappen
Am Montag fand die Verhandlung vor dem Wiener Arbeits- und Sozialgericht statt. Teichtmeister, im September zu zwei Jahren bedingter Haft verurteilt, zeigte sich überzeugt davon, dass es der Burg möglich gewesen wäre, „Nebenan“ umzubesetzen. Und dessen Anwalt Manfred Arbacher-Stöger stellte berechtigte Fragen: Warum hat das Burgtheater nach Bekanntwerden der Vorwürfe nichts gemacht? Teichtmeister hätte ja dienstfreigestellt und eine Zweitbesetzung vorbereitet werden können. „Warum hatten Sie so Scheuklappen auf?“
Robert Beutler, der kaufmännische Geschäftsführer, bekannte – laut Kronen Zeitung – ein: „Vielleicht lag eine Blauäugigkeit vor.“ Das ist vornehm formuliert. Ihr Tratschpartner wird den Verdacht nicht los, dass es eine Justamenthaltung gab. Das Urteil wird erst in Monaten schriftlich ergehen.
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