Die Wiener Werkstätte kennt man ja auch international. Aber Textil und Keramik klingt für manchen vielleicht nach Werkunterricht.
Das sind zwei Materialien, die in der zeitgenössischen Kunst zuletzt einen irren Boom erlebt haben. Das zu präsentieren, ist etwas, das das MAK leisten kann. Beim Titel der Ausstellung – „Hard/Soft“ – haben wir tatsächlich ein bisschen mit uns gerungen, der klingt vielleicht für manche sogar leicht schlüpfrig. Bei den Materialien, das stimmt, gehen bei manchen sofort die Rollläden runter. Aber viereinhalb Meter hoch oder 80 Kilo schwer beeindrucken sie dann doch die meisten.
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Leichter tut man sich, wenn man an bestehende Diskurse anknüpft: Auf „Hard/Soft“ folgt „Protest/Architektur“, es geht um „Barrikaden, Camps, Sekundenkleber“. Da hat jeder derzeit eine Emotion dazu. Was kann ein Museum da beitragen?
Das Seismografische. Der Entschluss, an dieser Ausstellung zu arbeiten, steht seit Herbst 2021 fest. Damals war die Frage nach den Mitteln und nicht nach dem Grund des Protestes bei weitem noch nicht so eine heiß geführte Diskussion.
Aber damals waren doch die Coronaproteste in voller Blüte, oder?
Ja, vor unserem Museum war ein Lager aufgebaut, aber die Architektur hat bei den Corona Protesten keine besondere Rolle gespielt. Und es folgte ein Protest auf den anderen. Darum geht es in unserer Arbeit: immer wieder Tendenzen rechtzeitig zu spüren. So eine Ausstellung bereitet man eben auch gute eineinhalb Jahre lang vor.
Ein anderes brennendes Thema – auch für die Museen – ist der Klimawandel. Im Mai ist eine Installation im MAK Teil der „Klima Biennale“. Ist es nicht im Nachhinein schade, dass das MAK diese Erfindung Ihres Vorgängers ziehen hat lassen?
Ich glaube nicht, dass Klimawandel und Nachhaltigkeit Themen sind, die man nur alle zwei Jahre abhandelt. Die Designwelt selbst befasst sich seit zumindest 15 Jahren intensiv damit. Fast alles, was wir in diesen Jahren gezeigt haben und in unsere Sammlung aufgenommen haben, ist ganz stark vor diesem Hintergrund zu sehen. Das ist einfach ein Backbone, ein Fundament zeitgenössischen Designs. Es gibt eigentlich keinen Zeitpunkt, an dem wir uns nicht dem Thema Klimawandel, Nachhaltigkeit und auch deren sozialen Aspekten widmen.
Ein anderes dieser Themen, die die ganze Museumswelt durchziehen, haben Sie bei Ihrem Antritt auch genannt: Die Diversität. Wie macht man ein Museum nach innen diverser, das stellt man sich nicht so leicht vor?
Diversität gibt es im MAK auch bisher schon. Aber das ist ein Bereich, in dem man nicht von heute auf morgen einen Umbruch machen kann. Es ist ein Mindset, das in den Sammlungen, bei Neubesetzungen und allem – auch bei der Beschriftung der Toiletten – gelebt werden muss. Das wird im Haus breit mitgetragen.
Was hat Sie denn überrascht im MAK?
Dass man Absperrbänder nicht einfach wegnehmen kann. Es hat mich überrascht, dass so etwas dann doch ein längerer Prozess ist. Ich fand es schade, dass man beim Betreten der Säulenhalle in eine Absperrung läuft. Das hatte den Ursprung, dass man versucht hat die Leute zu lenken. Ich glaube immer noch, dass es kein Fehler ist, manche Dinge schnell umzusetzen. Aber ich verstehe natürlich nach zwei Jahren gewisse Bedenken deutlich detaillierter. Das heißt nicht, dass ich alle teile. Wie man sieht, gehen die Besucher auch ohne Flughafenband zur Kassa. Es sind aber vielmehr positive Überraschungen. Ich war schon lange ein Fan dieser Sammlung, aber man entdeckt ständig etwas, was begeisternd und aus heutiger Perspektive nochmal neu und anders interessant ist zum Beispiel.
Was sind die nächsten wichtigen Umsetzungsschritte für Sie im MAK?
Es gibt so viel Atmosphärisches, das zu gestalten mir wichtig ist. Und das sind die Prozesse, die vielleicht sogar am längsten dauern. Es gibt da keine To-Do-Liste, auf der man Sachen abhakt. Aber wir haben jetzt zwei Jahre an einer gewissen Offenheit intensiv gearbeitet: den Garten geöffnet, den Umgang im MAK Design Lab im Untergeschoß des MAK am Stubenring wieder geöffnet und mehr Klarheit geschaffen, die Garderobe am Haupteingang verlegt und die ehemalige Direktion für das Publikum geöffnet. Das ist sicher ein stetiger Prozess. Unsere Besucherinnen und Besucher werden um 17:45 Uhr nicht mehr mit „Das Museum schließt jetzt“ in drei Sprachen verabschiedet, sondern mit einer neuen künstlerischen Arbeit vom Institut für Sprachkunst der Angewandten. Das ist eine schöne Art, sich vom Publikum zu verabschieden – und ihm zu sagen: Kommen Sie doch bald wieder.
Und ausstellungsmäßig? Verraten Sie doch einen großen Plan der nächsten Jahre!
Wir machen Ende 2025 eine Retrospektive eines Österreichers, der 70 wird und dessen Name auf New Yorker Taxis ebenso präsent ist wie in Museen .
Aber wer ist das?
Raten Sie!
Ich komme nicht drauf.
Helmut Lang lässt eine Retrospektive zu, die sein Schaffen als Modedesigner beleuchtet. Es ist uns gelungen, ihn zu überzeugen. Das ist eine Ausstellung, auf die ich mich persönlich sehr freue – denn diese wird so viele Aspekte abdecken, die wir im MAK immer wieder vermitteln. Helmut Lang ist so visionär gewesen, er hat im grauen Wien der 80er Jahre etwas entwickelt, das eine Art von Glamour hatte, die wie eine Bombe in Paris und New York eingeschlagen ist. Und er hat diese Marke so strategisch entwickelt – und bis heute Einfluss auf die Kunst und die Mode.
Vor der Pandemie war die Museumsdebatte sehr vom Geld geprägt: Die Museen pochten regelmäßig auf mehr Bundesmittel. Das hat irgendwie aufgehört, geht es zum Beispiel dem MAK finanziell jetzt so gut – oder jammert man die Kulturstaatssekretärin nur unter vier Augen an?
Andrea Mayer hat für die Museen wirklich viel bewegt. Aber die Herausforderungen sind immer noch groß, vor allem die Teuerung.
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