Das tägliche Leben ist stark von Textilien und Keramiken geprägt: Die Kleidung, die man sich überzieht, Teppiche, über die man mehrmals am Tag geht, ohne sie näher zu beobachten. Und das Häferl, aus dem in der Früh der Kaffee und abends (aktuell) der Glühwein getrunken wird. Es sind zum Teil Gebrauchsgegenstände, die seit vielen Tausenden Jahren eng mit der Menschheitsgeschichte verknüpft sind.
Textil und Keramik. Diesen beiden Materialien widmet sich nun auch das Wiener MAK in der Ausstellung „Hard/Soft“, die am Dienstag eröffnet wurde. Wie der Titel der Schau (bis 20. Mai 2024) schon sagt, geht es um die Haptik, um die Formensprache und darum, wie fließend der Übergang zwischen hart, sperrig und weich sein kann.
Besonders gut sieht man dieses Wechselspiel bei den Kunstwerken, den Vasen von Ranti Bam. Die 1982 in Lagos geborene Künstlerin beschreibt Ton als Material mit engem Bezug zur Erde und zur Umwelt und als Medium, das es ihr ermöglicht, ein interkulturelles Bezugssystem zu entwickeln. Ihre überdimensionalen Gefäße, die sie aus verschiedenfarbigen Tonarten herstellt, haben eine hautähnliche Oberfläche und entsprechen den Proportionen des menschlichen Körpers. Sie wirken fragil, fast beweglich. Ranti Bam spielt damit auf die Zerbrechlichkeit der Natur, des Menschen an.
Ameisen und Pilze
Dem gegenüber stehen die haushohen skulpturalen Arbeiten der polnischen Künstlerin Magdalena Abakanowicz (1930–2017). Ihre Werke aus natürlichen Materialien wie Hanf, Sisal, Flachs oder Pferdehaar schweben durch den Hauptraum.
Dort setzt sich die Ausstellung dann auch mit der Ausbeutung, den schlechten Arbeitsbedingungen und der kulturellen Aneignungen auseinander. So verweist die kanadische Künstlerin Kapwani Kiwanga in ihren mit Weberinnen umgesetzten Wandteppichen auf den Sklavenhandel, in dem sie Reiskörner aus Glas eingenäht hat. Damit bezieht sie sich auf die Migration bestimmter Reissorten von Afrika nach Amerika.
Zu sehen sind auch zahlreiche Arbeiten österreichischer Künstler. So wird man etwa gleich zu Beginn der von Bärbel Vischer und Antje Prisker kuratierten Schau von Ameisen begrüßt, die der Tiroler Medienkünstler Peter Kogler auf überdimensionalen Vorhängen die Wand hochklettern lässt. Im selben Raum wachsen auch noch zwei Riesenschwammerl aus dem Boden. Sie stammen von der deutschen Künstlerin Cosima von Bonin, die für ihre surrealen und deshalb auch so faszinierenden Stoffskulpturen bekannt ist. Sie spielt sich in ihren Arbeiten mit den körperhaften, beinahe menschlichen Proportionen der Figuren. Ihre Pilze wirken gleichzeitig unwirklich und unheimlich, stehen als Metapher für Wachstum, Verfall und die engen Verflechtungen innerhalb von sozialen und kulturellen Systemen.
Die flächenmäßig größte und bunteste Arbeit hängt nur ein paar Meter von den Pilzen entfernt – und bildest den Abschluss einer gelungenen Ausstellung: Es ist eine aus 170 Keramikfliesen bestehendes Kunstwerk des heimischen Künstlerkollektivs Gelatin, das zwischen 2021 und 2023 entstanden ist.
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