Lieder gehen durchs Ohr ins Herz

Lieder von der Liebe singt Ulla Meinecke seit mehr als 30 Jahren: Stimmstark, bittersüß und authentisch
Deutschlands Rock-Poetin Ulla Meinecke wieder on tour – auch in Österreich am 13. 12. in Tulln.

Mit 14 Jahren kam sie zufällig an eine John-Lee-Hooker- Platte und verehrt die Blues-Legende bis heute. Sie dachte immer, dessen Musik müsste es auf Rezept geben. Diese Stimme kann heilen.

Sie selbst steht für Lovesongs ohne Kitsch. Die erzählen von zarten Anfängen, kleinen Fluchten, großen Dramen und starken Abgängen. Vom Zueinanderfinden und Verlassenwerden.

Ulla Meinecke. Gefühlsseelige Momente knackt sie mit Ironie. Wir kennen sie – die Aufmüpfige und zugleich Feinnervige – schon aus Zeiten, als ihre spröde, authentische Stimme noch aus der Rille im Vinyl kam.

Ohne Wehmut

"Wenn schon nicht für immer, dann wenigstens für ewig" nannte sie 1983 ihr erfolgreichstes Album, das auch ihren größten Hit enthielt: "Die Tänzerin". Und auch Ihr Album "Der Stolz italienischer Frauen" war nicht zu überhören.

Die Songpoetin und Vorreiterin für deutsche Rock- und Popmusik blickt, auch wenn sie über die Endstation Sehnsucht, die Liebe auf den letzten Blick singt, nicht wehmütig zurück.

Schon früher, als sie mit Liedern wie "Nie wieder" oder "Feuer unterm Eis" ungemein erfolgreich war und sie zu den bekanntesten deutschen Sängerinnen zwischen Pop und Chanson zählte, waren ihre Texte anspruchsvoll und schnörkellos poetisch, tiefgründig und sarkastisch. Das hat sich bis heute nicht geändert.

"Die Zeit wartet auf niemand", sang sie einst. Im letzten Jahr wurde sie 60. Mit ihrem Programm "Songs & Stories" gastiert die Wahlberlinerin auf Tournee auch in Österreich am 12. 12. in Bleiburg in Kärnten und am 13. 12. in Tulln: Da hat sie wieder ihre großen zeitlosen Hits im Reisegepäck, die nie in den Charts waren. Lieder ohne Schnellschüsse, Kompromisse oder modische Gags. Denn nichts ist langweiliger als die Mode von gestern. "Die Konstanten über die Jahrzehnte in meinem Leben waren das Schreiben und die Bühne. Ich habe das Spielen auf der Bühne immer als das Herz meines Berufes verstanden", sagt Meinecke im KURIER-Gespräch.

Rockmusikerin

"Musikalisch war ich nie glücklicher als mit Ingo York und Reinmar Henschke, mit denen ich seit vielen Jahren zusammenarbeite, was die reinste Freude ist. Beide sind Multi-Instrumentalisten, die eine Woge von Musik verbreiten. Die Leute sind dann immer ganz verblüfft, wo das alles herkommt."

Sie sah sich nie als Liedermacherin. "Ich b i n eine Rockmusikerin", sagt sie. "Und das ist eine Lebenshaltung. Ich kenne Leute, die haben das Herz eines Rock ’n’ Rollers, obwohl sie keine Musiker sind. Das ist für mich ein ganz bestimmter Wert."

Wenn es im Song "Feuer unterm Eis" heißt: "Zum Fallen habe ich kein Talent". Und an anderer Stelle: "Ich geb’ nicht zu, was du längst von mir weißt", dann finden sich darin viele mit Humor beschriebene Alltagssituationen wieder. Mit Wiedererkennungswert für Zuhörer.

Emotionale Wahrheit

"Das ist bei meinen Sachen offensichtlich so. Ein bestimmter Teil von mir selber ist wohl auch immer drin. Allein mein Blick auf die Dinge", sagt die Meinecke. "Aber es gibt Leute, die schwören, dass sie Figuren aus meinen Songs, die ja alle Kunstfiguren sind, persönlich kennen. Und das freut mich. Dass das gut funktioniert."

"Es gibt ja so etwas wie eine emotionale Wahrheit. Also sogar erfundene Figuren in Romanen, Filmen oder Songs können zutiefst wahr sein, weil sie eine emotionale Wahrheit haben." Wenn sie mit angerauter Stimme "Ich geh den Weg, der mir gefällt" ins Mikrofon haucht, dann ist es – mehr als eine Textzeile – das Credo eines intensiv gelebten Lebens.

Cover-Versionen

Auf ihrem Streifzug durch 35 Jahre Musik hat sie neben Oldies und bisher Unveröffentlichtem auch eigene Interpretationen von Carly Simons "You’re So Vain", Tom Waits’ "Grapefruit Moon" und eine deutschsprachige Version von Joe Jacksons "Is She Really Going Out With Him" im Tour- Gepäck.

Lyrics wie "Jeder Tag ist ein Fest, wenn du dich lieben lässt" gehen ebenso durchs Ohr ins Herz wie ihr sehnsuchtsvolles "Lieb ich dich zu leise". Und mit Udo Lindenberg verbindet sie heute noch viel. "Das ist Familie. Udo ist gerade in einem illuminierten Cello über das Brandenburger Tor geflogen. Und ich habe jetzt im neuen Live-Programm, das sich ständig ändert, als Zugabe die kleine, süße Ballade ,Bis ans Ende der Welt‘. Die habe ich für und mit Udo geschrieben – die Musik ist von ihm, der Text von mir. Ich dachte, nach 36 Jahren kann ich das einmal machen."

Ulla Meinecke, Jahrgang 1953, brachte ihre erste LP 1977 heraus, war stark geprägt von Udo Lindenberg, dessen Büro sie in Hamburg leitete. Neben zahlreichen Alben veröffentlichte sie auch Bücher, u. a. mit Fotos von Jim Rakete. In Berlin stand sie auch mit Ben Becker in "End- station Sehnsucht" auf der Bühne.

Wann & Wo live

Ulla Meinecke & Band "Songs & Stories ..." am 12. 12. im Brau- haus Bleiburg in Kärnten; und am 13. 12. (19.30 Uhr) im Danu- bium in Tulln 01 / 96 0 96

INFOS und Tickets finden Sie untern events.at/e/ulla-meinecke

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