Seit fünf Jahren ist Nina Horowitz hauptberuflich TV-Kupplerin. Ab Montag hilft sie wieder 55 Singles in den „Liebesg’schichten und Heiratssachen“ auf die Sprünge. Im Interview erzählt sie, wie sie den Singles die Nervosität nimmt und welcher Wunsch ihr bisher unerfüllt blieb.
KURIER: Die „Liebesg’schichten und Heiratssachen“ sind auch beliebt für ihren Hinstellerchen-Kitsch. Die Deko in den Wohnungen erzählt ja gleich etwas über die Singles. Karl, der allererste Kandidat der neuen Staffel, hat etwa nicht nur ein, sondern sogar zwei ausgestopfte Murmeltiere im Schatten eines Gummibaums stehen. Haben Sie in den fünf Jahren, die Sie die Sendung jetzt machen, gewisse Einrichtungstrends feststellen können?
Nina Horowitz: Etwas, das sich immer durchzieht, ist der Katholizismus. Man sieht schon sehr viele Kreuze, aber die werden auch durchmischt mit Buddhas und indischen Gottheiten. Wie in einer Patchworkreligion wird zusammengemixt, was eben gefällt oder Bedeutung hat. Oft sind die katholischen Objekte da, weil man sie einfach hat oder weil man sie aus der Kindheit gewöhnt ist. Aber natürlich, die Soziologie dahinter interessiert mich schon sehr. Ich war in den vergangenen fünf Jahren bei fast 300 Menschen zuhause, in Villen und kleinen Wohnungen, in der Stadt, auf dem Land. Diese Möglichkeit hat man sonst nicht. So viele Menschen laden einen ja auch nicht ständig privat in ihre Wohnungen ein.
Die „Liebesg’schichten“ sind mittlerweile eine generationenverbindende Sendung.
Einmal habe ich mir eine Brille in einem schicken Geschäft gekauft, und als ich meinen Namen gesagt habe, haben die beiden jungen hippen Verkäufer gerufen: „Dürfen wir ein Autogramm haben?“ Ich habe gedacht, die machen einen Witz. Aber die beiden haben das früher mit ihren Großeltern geschaut und sind mit den „Liebesg’schichten“ aufgewachsen, für sie ist das eine Tradition. Es gibt auch viele Junge, die mir sagen, dass sie ein Public Viewing machen, wenn die „Liebesg’schichten“ gespielt werden. Einmal bin ich mit dem Rad an der Alten Donau an einem Lokal vorbeigefahren und hörte meine Stimme. Da haben die Gäste in einem Gastgarten kollektiv die Sendung angeschaut. Ich bin dann stehengeblieben und habe gelauscht und zugehört, ob sie an den richtigen Stellen lachen. Das haben sie getan – es war herrlich.
Liegt es vielleicht auch daran, dass die „Liebesg’schichten“ in unserer mitunter tristen Zeit Positivität und Hoffnung ausstrahlen?
Hoffnung ist ein schönes Wort. Ich habe 2019 die Sendung übernommen, im Herbst haben wir die Interviews gedreht und dann kam Corona. Da begannen die schwierigen Jahre. Covid, Ukraine, Nahost, wir alle kamen und kommen ja leider nicht wirklich zum Durchschnaufen. Bei uns kann man lachen. Die „Liebesg’schichten“ haben natürlich auch etwas Eskapistisches. Ich habe schon immer mit der Komik gearbeitet. Das ist in mir drinnen. Schon als Kind habe ich versucht, andere zum Lachen zu bringen. Humor war in meiner Familie groß angeschrieben. Bei uns in den „Liebesg’schichten“ ist die Hoffnung real, die Menschen verlieben sich wirklich, es kommt auch zu Hochzeiten, da kriege ich immer Ganselhaut, wenn ich dabei sein darf.
Ist es auch der Humor, der in den Interviews das Eis bricht?
Ich glaube, das hat bei mir drei Komponenten: Humor, Empathie und das Unperfekte. Ich glaube, ich komme schon sehr nahbar rüber. Und da verlieren die Singles beim Dreh die Nervosität. Das ist nicht so ein offizielles „Jetzt kommt das Fernsehen“. Eine Freundin hat einmal zu mir gesagt, „du bist ein Flaschenöffner“, das fand ich ein lustiges Kompliment. Ich musste im ersten Jahr schon auch Überzeugungsarbeit leisten, damit die Leute mir vertrauen. Aber nach der Ausstrahlung „meiner“ ersten Staffel war es dann leichter. Als Zuschauerin oder Zuschauer merkst du, ob jemand ein Interview liebevoll macht oder die Interviewten auf der Bananenschale ausrutschen lassen will. Und das wollen wir bei den „Liebesg’schichten“ eben nicht. Editorin Bettina Mazakarini und ich sprechen viel darüber, was wir besser nicht in die Sendung nehmen, weil es für einen Single nicht gut sein könnte.
Was hat Sie in den letzten fünf Jahren besonders berührt?
Wenn jemand einsam ist, wenn ich zum Interview komme, dann spürt man das auch in der Wohnung. Da brauche ich selbst ein, zwei Tage, um nicht mehr daran zu denken. Wenn dann dieser Mensch verliebt ist, schaut die Wohnung auch ganz anders aus. Da sind dann Bilderrahmen mit dem neuen Paar, neue Zierkissen, es wird einfach wohnlicher. Das ist wahnsinnig berührend. Und natürlich Hochzeiten, das sind berauschende Momente.
Ja, schon sehr oft. Ich wäre auch endlich gern mal eine Trauzeugin. Aber komischerweise gibt es Freunde, Freundinnen oder Verwandte, die da eher gefragt werden. Ich meine es natürlich nicht ganz ernst …
Man kann auch zwei Trauzeugen haben …
Guter Tipp! Dann hat niemand mehr eine Ausrede!
Trauen sich mehr Menschen, die gleichgeschlechtliche Liebe suchen?
Es waren über die Jahre schon viele schwule Männer dabei. Aber lesbische Frauen sind es noch wenige. Die einzige lesbische Frau, die in jedem Interview sitzt, bin ich. Es gibt ja auch noch Lebensumstände, in denen ein Outing schwierig wäre. Ich erinnere mich zum Beispiel an ein trauriges Telefonat. Mich hat eine junge Frau angerufen, die gern bei den „Liebesg’schichten“ mitmachen wollte, aber sie hat gewusst, ihre Großmutter „jagt sie vom Hof“, wenn sie erfährt, dass sie lesbisch ist. Sie ist aber finanziell abhängig von ihr. Und da habe ich ihr gesagt, ich würde ihr nicht raten, in der Sendung mitzumachen. Noch nicht! Vielleicht ändern sich ihre Lebensumstände ja.
Aber es wagen mehr Jüngere den Schritt in die Sendung als früher, oder?
Ja. Weil vielen das Online-Dating auf die Nerven geht. Die Fake-Profile, die Oberflächlichkeit, die ganze „Wisch und Weg“-Mentalität. Bei uns können die Menschen sich zeigen, wie sie wirklich sind.
Auch eine Seltenheit im Fernsehen.
Es gibt Menschen, denen hat noch nie jemand so viele Fragen zu ihrer Biografie gestellt. Das kann schon intim sein. Es gibt aber auch Singles, die sagen: „Ich will nicht weiter in der Vergangenheit graben, fragen’s mich lieber, ob der Neue einen Knackarsch haben soll.“ Das ist ein riesiges Spektrum, vieles ist möglich. Der eine Herr schüttet mir sein Herz aus und die andere Dame sagt: „Können wir jetzt endlich ins Wohnzimmer tanzen gehen?“ Was man übrigens nicht muss, wenn man bei uns mitmachen will! Aber man kann.
Info:
Die neue Staffel der „Liebesg’schichten und Heiratssachen“ startet am Montag, 8. Juli. Zehn Folgen laufen montags um 20.15 Uhr, ORF2. Auf ORF ON sind sie schon um 9 Uhr früh zu sehen.
Neue Singles gesucht: Man kann sich melden über liebesgschichten@orf.at bzw. per Brief an ORF, Kennwort „Liebesg’schichten“, Hugo-Portisch-Gasse 1, 1136 Wien oder telefonisch unter 0800 44 30 140
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