Der Kultursommer im ORF: "Da sind wir Champions League"

SALZBURGER FESTSPIELE: PRÄSENTATON "JEDERMANN 2024. ERSTE EINBLICKE IN DAS KONZEPT DER NEUINSZENIERUNG": PIASKO/HOCHMAIR
Wenn es um heimische Kultur-Events geht, betreibt der ORF weiterhin größten Materialaufwand. Diesen Sommer gibt es seit Längerem auch wieder eine „Jedermann“-Übertragung

Die heißen Sommermonate sind nicht die  Zeit der großen Serienpremieren – eher die der Wiederholungen. Ganz anders sieht es im Kulturbereich aus, zwischen Juni und September läuft die ORF-Maschinerie hier auf Hochtouren. 500 Stunden Kulturprogramm sendet man von den Schauplätzen zwischen Neusiedler- und Bodensee. 70 TV- und 160 Radioübertragungen wurden gestern präsentiert.

„Wir berichten nicht aus Selbstzweck heraus“, versicherte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann, und verwies auf 4,8 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer aus dem Vorjahr. „Wir können die Plattform sein und den Menschen Kunst- und Kulturgenuss übertragen.“ Hierfür investiere der ORF im gesamten Jahr rund 100 Millionen Euro. Zum Vergleich: Für den Sportbereich waren dieses Jahr 119,5 Millionen Euro reserviert. Dieses Budget erlaubte dem öffentlich-rechtlichen Sender nicht mehr,  Haupt-Broadcaster bei der Fußball-EM zu sein. Dem ORF bleiben nur 20 von 51 EM-Spielen (und Olympia in Paris).

Martin Traxl ist allerdings für die Kultur im ORF zuständig und sprach von einer Gnade, in einem Land wie Österreich Kultur übertragen  zu dürfen: „Das ist das Einzige, wo wir in der Champions League spielen, und das sollten wir verteidigen.“

 

 

Jedermann für alle ...

Zahlreiche Intendanten – und wenige Intendantinnen – waren  im Wiener Theatermuseum zugegen, als die Höhepunkte des Kultursommers vorgestellt wurden.

Besonders ins Auge sticht die Übertragung des neuen „Jedermann“ mit Philipp Hochmair. Zuletzt hatte es im Sommer 2020 einen „Jedermann“ (mit Tobias Moretti) im ORF zu sehen gegeben. Die TV-Version der Inszenierung mit Lars Eidinger (2021/2022) kam nur nachträglich über Initiative der Festspiele und Regisseur Michael Sturminger zustande und wurde Ostern 2023 auf 3sat gezeigt.

Salzburg-Intendant Markus Hinterhäuser betrachtet das Hofmannsthal-Stück  nicht als reine Pflichtübung. „Das Stück muss sein – und es ist zugleich unglaublich wichtig“, sagte er. 

... und sicher am Domplatz

ORF 2 überträgt Robert Carsens Neuinszenierung nicht am Premierentag (20. Juli), sondern erst am 27. Juli als Aufzeichnung – um wettermäßig auf Nummer sicher zu gehen. Man wolle "auf jeden Fall die Domplatz-Atmosphäre“ vermitteln, erfuhr der KURIER auf Anfrage vom ORF.

 

 

Neulinge

Es gibt auch Neulinge im Übertragungsreigen wie den Carinthischen Sommer, der nun unter der Leitung von Nadja Kayali steht. Die frühere Ö1-Moderatorin holt das ORF Radio Symphonieorchester (RSO) als Festivalorchester an den Ossiacher See, „weil es ein wunderbarer Klangkörper ist, der von Romantik bis zeitgenössischer Musik alles spielen kann“. Das RSO war  in der Phase des Ringens um das neue ORF-Gesetz zur Diskussion gestellt worden. Ein weiteres Anliegen ist Kayali, Musik von Frauen zu präsentieren. Ö1 überträgt das Eröffnungskonzert  mit Werken von Fanny Hensel, Clara Schumann u.a. am 6. Juli. 

Ebenfalls neu im  breit gefächerten ORF-Programm (siehe Kasten) ist die Oper Burg Gars im Kamp. Neo-Intendant Clemens Unterreiner wird Donizettis „Liebestrank“ mit Audiodeskription für Blinde und Sehbehinderte präsentieren. „Für mich als ehemals sehbehinderter Mensch ist es wichtig, Inklusion zu leben“, sagte Unterreiner.

Neu ist für Kabarettist Andreas Vitásek die Rolle als Intendant des Kultur Sommers Güssing. Aufgrund des kurzen Planungshorizonts entschied er sich dazu, ein Kabarettfestival zu machen. Übers Südburgenland sagte Vitásek: „Ich wollte dort unten eigentlich einen gemütlichen Lebensabend verbringen und habe mir nun eine Arbeit eingetreten.“

 

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