Liam Payne: Tod eines Sängers, der der Vernünftige sein sollte

In einer Zeit, in der man dachte, Boybands hätten sich überlebt, sollte eine Gruppe solche Theorien Lügen strafen: One Direction hieß sie, sie entstand 2010 aus einer Entscheidungsbredouille der Jury von „The X-Factor“. In der Castingshow hatte man einfach zu viele Talentierte. Deswegen bastelte Juror Simon Cowell kurzerhand eine Boyband aus fünf vielversprechenden Sängern: Sie hießen Niall Horan, Liam Payne, Harry Styles, Louis Tomlinson und Zayn Malik.

Erster TV-Auftritt mit 14

Liam Payne war schon zwei Jahre zuvor bei „The X-Factor“ aufgetreten, da war er gerade einmal 14 Jahre alt. Er sang „Fly Me to the Moon“ und sagte selbst, eigentlich sollte er Hausaufgaben machen, aber er könne halt nun mal nur ans Singen denken.

In einem seltenen Fall von Verantwortlichkeit schickte die Jury den Burschen zurück in die Schule und lud ihn für zwei Jahre später wieder ein. Der Rest ist Boyband-Geschichte. Die Truppe gewann „The X-Factor“ nicht, aber dafür brachen ihre Plattenverkäufe und Konzerttouren bald danach Rekorde.

Druck und Depression

One Direction standen ganz in der Tradition der Backstreet Boys, der New Kids on the Block oder Take That. Leider auch, was interne Spannungen betraf. Robbie Williams hat in einer Netflix-Doku Einblick gegeben in die (selbst-) zerstörerischen Kräfte, die sich im Druckkessel solcher Pop-Produkte entfalten – Eifersucht, Größenwahn, Drogen, Depression. In drastischerem Maße sah man dies in den vergangenen Jahren im koreanischen K-Pop, der nachgerade eine Suizid-Epidemie unter Bandmitgliedern auslöste.

Liam Payne, der auch Lieder für die Band schrieb, erzählte einmal, er war als der „Vernünftige“ gecastet worden, er sollte schlichten, wenn etwa wieder Teller aus dem Hotelfenster flogen. Man muss sich vielleicht noch einmal vergegenwärtigen: Die Bandmitglieder waren beim Start zwischen 15 und 17 Jahre alt. In Interviews berichtete er, wie der Ruhm bei ihm zu Alkohol- und Tablettenmissbrauch geführt habe, auch Suizid-Gedanken seien ihm nicht fremd gewesen.

Komet Harry Styles

Zayn Malik stieg 2015 aus „One Direction“ aus, im selben Jahr wurde beschlossen, dass die Band eine Pause einlegt. Sie führte schließlich zur Trennung. Das ermöglichte Harry Styles eine kometenhafte Solokarriere, auch Zayn Malik schlug sich passabel. Liam Payne veröffentlichte 2017 seine Debütsingle „Strip that down“, gefolgt vom Album „LP1“ 2019. Richtig abgehoben ist seine Karriere nicht – zuletzt floppte eine Comeback-Single.

Am Mittwoch ist Payne gestorben, nachdem er von einem Hotelbalkon gestürzt war. Er war in Buenos Aires, um das Konzert seines Ex-Kollegen Niall Horan zu besuchen. Payne war 31 Jahre alt.