Leiden mit Anna Netrebko

Leiden mit Anna Netrebko
Vollendetes Lieben und Leiden mit Anna Netrebko im Wiener Konzerthaus.

Auch so kann Oper perfekt wirken. Man braucht nicht zwangsläufig ein Bühnenbild, opulente Kostüme oder eine wie auch immer geartete Inszenierung. Nein,man braucht einfach „nur“ große Persönlichkeiten, die selbst ein Werk wie Tschaikowskys „Iolanta“ zum Triumph führen. 

Anna Netrebko ist so eine große Persönlichkeit, eine charismatische Sängerin, eine vollendete Künstlerin, die die Geschichte rund um eine blinde Königstochter, die durch die Liebe (und einen Arzt) das Sehen lernt, glaubhaft zu gestalten versteht. Auch in konzertanter Form, und im Rahmen einer Tournee, die im Zyklus „Great Voices“ am Freitagabend auch im Wiener Konzerthaus Station machte.

Berührend 

Die Netrebko also – sie sorgt grundsätzlich für Furore. Mit Fug und Recht. Denn hier ist eine Sängerin am Werk, die wahrhaftige Emotionen einbringt, die mit ihrer Interpretation berührt, anrührt und verführt. Netrebko singt diese Partie nicht einfach, sie lebt sie aus, sie erspürt und empfindet sie. Dass Netrebkos Stimme inzwischen auch zu höchster Dramatik fähig ist, dass sie dennoch alle geforderten Höhen erklimmt, dass sie mit ihrem dunkler gewordenen, schönen Timbre die Menschen bezirzt, ist fast eine Selbstverständlichkeit.  Anna Netrebko ist ein veritables Geschenk für die Gattung Oper, der sie auf genial-natürliche Weise Leben einhaucht. Ein Superstar, der diese Bezeichnung verdient.

Machtvoll 

Erfreulich aber, dass bei dieser umjubelten „Iolanta“ auch sonst gute, ja mächtige Stimmen zu hören waren. Etwa der Tenor Sergey Skorokhodov als Iolanta durch seine Liebe das Augenlicht schenkender Ritter Tristan Vaudemont, der über eine strahlende Höhe und den nötigen dramatischen Aplomb verfügt. Oder auch der profunde Bass von Vitalij Kowaljow als Iolantas Vater, der königliche Würde verströmte. 

Dazu kamen noch der Bariton Lucas Meachem, dessen Stimmkollege Vladislav Sulimsky sowie ein rundum homogenes Ensemble. Dirigent Emmanuel Villaume sorgte am Pult des Orchesters der Slowenischen Philharmonie (samt Slowenischem Kammerchor) nach mattem Beginn für das passende Fundament. Diese „Iolanta“ war keine „Netrebko-Show“, sondern große Oper. Bitte mehr davon. 

KURIER-Wertung: **** von *****

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