"La Straniera": Der Vergleich macht sicher

Die beiden Hauptrollen (Sopran – im Bild Petersen – und Tenor) alternierten, die Stammbesetzung blieb gleich – und man hörte zwei Werke
Vincenzo Bellinis "La Straniera" mit Marlis Petersen im Theater an der Wien.

Dieses Experiment ist Intendant Roland Geyer – allen Einwänden zum Trotz – wirklich geglückt. Eine Oper, eine Inszenierung, aber zwei Premieren mit zwei höchst unterschiedlichen, aber fabelhaften Künstlerinnen in der Titelpartie. Die Rede ist von Vincenzo Bellinis nicht ganz zu Unrecht selten gespieltem Werk "La Straniera", das an der Wien binnen weniger Tage eine Art Doppel-Premiere feierte.

Zwei Gigantinnen

Erst war Edita Gruberova als Alaide (so heißt"Die Fremde" im Stück) im Einsatz, auf die seit Jahrzehnten amtierende Königin der Koloraturen folgte nun Marlis Petersen. Und der direkte Vergleich lohnt, ja macht sicher: Wer Gruberovas sensationelle Vokalakrobatik liebt, kommt in diesem, aber auch fast nur in diesem Punkt auf seine Rechnung. Wer zeitgemäßes Musiktheater mit einer ebenso fantastischen Künstlerin erleben will, ist bei Petersen extrem gut aufgehoben.

Und das, obwohl Christof Loys hölzern-statische, dabei leicht historisierende Inszenierung (Bühne: Annette Kurz, Kostüme: Ursula Renzenbrink) sich immer wieder als Hemmschuh erweist. Denn Loy sucht in der ziemlich wirren Handlung psychologische Ansätze, nimmt das Geschehen rund um eine unmögliche Liebe bierernst, erstarrt aber trotz guter Ideen immer wieder in allzu biederer Opernkonvention.

Die Kritik von der ersten Premiere mit Edia Gruberova finden Sie hier.

Zwei Zugänge

Dagegen muss man erst anspielen, um dem Ganzen Leben einzuhauchen. In Gruberovas Fall fand all die Dramatik ausschließlich in der Stimme der Gigantin statt; die übrigen Mitstreiter blieben meist massiv unterbelichtet.

Bei Petersen ist das anders. Die deutsche Sopranistin zieht keine One-Woman-Show ab, sondern wirft sich mit Leidenschaft, Hingabe und vokaler Perfektion in ihre Partie hinein. Plötzlich versteht man auch szenisch, warum diese Frau den Tenor – er heißt Arturo – nicht lieben kann, nicht lieben darf. Petersen punktet stimmlich auf ganzer Linie und zeichnet ein betörendes Porträt der "Straniera". Eine hinreißende Singschaupielerin eben.

Aber auch Norman Reinhardt versteht es – im Gegensatz zu Gruberovas Partner – mit tenoralem Glanz zu überzeugen. Und der amerikanische Tenor vermeidet es gut, sich in dem einen oder anderen unfreiwillig komischen Regie-Strick zu verfangen. Stimmlich holt der Künstler das Maximum heraus.

Erstaunlich aber, dass unter anderen Vorzeichen auch in den "Nebenrollen" viel passiert. Zwar nicht bei Franco Vassallo, denn der Bariton agiert auch in der Gruberova-Spielserie (fast als Einziger!) auf höchstem Niveau. Sehr wohl aber bei Theresa Kronthaler, die sich plötzlich mehr traut und die Figur der Isoletta deutlich aufwertet. Bassist Stefan Cerny ist eine sichere Bank, Vladimir Dmitruk darf als Versprechen gelten, Martin Snell befindet sich längst im Spätherbst seiner Karriere.

Der frische "Petersen-Wind" überträgt sich jedenfalls auf das gute ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Dirigent Paolo Arrivabeni sowie den tadellosen Arnold Schoenberg Chor. Jubel.

KURIER-Wertung:

Eindrücke der Premiere mit Marlis Petersen

"La Straniera": Der Vergleich macht sicher

ARCHIVBILD: FOTOPROBE "LA STRANIERA" (2. PREMIERE)
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