Schönheit allein wird nicht reichen
Der römische Kaiser Elagabal – er regierte von 218 – 222 n.Chr. – gilt in der Literatur als Vorzeigebursche der Dekadenz. Er „beförderte Männer niederer Herkunft aus seiner Umgebung in hohe Ämter“, heißt es im Wikipedia-Eintrag, er protzte und feierte ausschweifende Orgien. Bei einer sollen Gäste gar unter Rosenblättern erstickt sein.
Es fällt schwer, angesichts dieser Geschichten nicht Bezüge zur Gegenwart herzustellen, zumal die berühmteste Darstellung der Rosen-Orgie beinahe einer Homestory über Donald Trump entsprungen sein könnte: Tatsächlich inspirierte Lawrence Alma-Tadema, dessen Werk 2017 im Unteren Belvedere ausgebreitet wird (22.2. – 18.6.), die Macher vieler Sandalenfilme – und wohl auch Innendesigner mit Hang zu imperialem Pomp.
Kunst und Umbruch
Dass sich die Welt im Umbruch befindet und das „unwiderstehliche Imperium“, wie die Historikerin Victoria de Grazia die USA nannte, an Glanz verloren hat, dürfte wohl niemand bestreiten – wie die Kunst 2017 auf den Wandel reagieren kann, ist aber noch schwierig vorauszusagen. Ein Rückzug in reine Schöngeistigkeit wird sich wohl nicht ausgehen.
Die Kunsthalle Wien widmet den Phänomenen der Polarisierung und neuartiger sozialer Beziehungen 2017 jedenfalls eine große Schau mit dem Titel „How to Live Together“ (25.5. – 15.10.). Abseits der internationalen Großereignisse Documenta und Venedig-Biennale (siehe unten) bringt das Wiener MAK mit Partnerinstitutionen 2017 wieder eine „Vienna Biennale“ mit aktuellen Bezügen an den Start: Es geht um die Auswirkungen der Automatisierung auf die Gesellschaft (21.6. – 1.10.).
Jubilare und Regenten
Dass der frühe Vogel den Wurm fängt, dachte sich wohl auch Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder, als er für 2017 eine große Schau zu Egon Schiele ansetzte (22.2. – 18.6.): Der Reigen von Gedächtnisausstellungen zum 100. Todestag des Künstlers ist nämlich erst 2018 zu erwarten.
Das Wiener KHM fokussiert 2017 seine Kräfte auf eine monumentale Rubens-Ausstellung, die die kreative Methodik des Meisters verdeutlichen will (17.10.2017 – 21.1.2018). Außerdem ist Maria Theresia Jahresregentin: Die Habsburgerin, die am steht im Fokus von Ausstellungen in der ÖNB (17.2. – 5.6.), in der Wagenburg Schönbrunn und den Schlössern Hof und Niederweiden (15.3 – 29.11.) sowie im Belvedere (30.6. – 5.11.).
„Die Peripherie ist das neue Zentrum!“, posaunen die Vorausdenker der Kunstwelt seit längerem – und insistieren dann, dass wirklich bahnbrechende Kunst heute nicht mehr bei etablierten Events entsteht, sondern eher auf Francesca Habsburgs Forschungsschiff im Südpazifik, bei der Kochi-Muziris-Biennale, dem Dhaka Art Summit oder der Attnang-Puchheim-Quadriennale (okay, letztere ist nur erfunden).
In der Lagune
Die Kunstbiennale zu Venedig – sie findet heuer zum 57. Mal statt – ist insofern stockkonservativ, als sie wirklich nur in Venedig über die Bühne geht, dort aber an vielen unterschiedlichen Orten (13.5. – 26.11.). Österreich wird diesmal von Erwin Wurm und von Brigitte Kowanz vertreten, das von Kuratorin Christine Macel ausgegebene Über-Motto „Viva Arte Viva“ soll ein lebensbejahendes Statement sein.
Betuchte Kunstfreunde aus aller Welt, die aus Anlass der beiden Events die Tradition der als „Grand Tour“ bekannten Kulturreise wiederbeleben, finden dazu in Paris eine große Ausstellung aus Anlass des 100. Todestags von Auguste Rodin vor (Grand Palais, 22.3. – 31.7.). Auch das Centre Pompidou feiert in Paris Geburtstag (den vierzigsten), am Programm stehen u.a. Ausstellungen der Maler David Hockney (21.6. – 23.10.) und André Derain (ab 4.10. ).
In London blickt eine Schau auf die Tradition schwuler Kunst in Großbritannien (Tate Britain 5.4. – 1.10.). Vorzumerken wäre auch eine Ausstellung des einflussreichen US-Künstlers Jasper Johns in der Royal Academy (23.9. – 10.12.) sowie eine Werkschau von Ilya und Emilia Kabakov (Tate Modern, ab 18.10.).
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