"Kunstphantom" Banksy scheitert am EU-Markenrecht
Ein Urteil in einem seit Jahren schwelenden Rechtsstreit könnte die Macht des Street-Art-Künstlers Banksy, der seine Identität seit vielen Jahren erfolgreich geheim hält, empfindlich schmälern: Wie Richter des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) befanden, hindert nämlich genau die unklare Identität Banksys den Künstler daran, Rechte - im konkreten Fall Markenrechte - auf sein Werk geltend zu machen.
Die bisherige Haltung Banksys, der sich selbst gern aus fremden Bildquellen bedient und einmal bekanntgab, dass Copyright etwas "für Verlierer" sei, hätten demnach sein Verlangen untergraben, seine Motive als Bildmarken zu nutzen, hieß es in der Entscheidung, die am Montag veröffentlicht und von mehreren Fachmedien aufgegriffen wurde.
Auch eine Wanderausstellung, die ohne Banksys Billigung entstand und derzeit - noch bis 4. Oktober - in den Wiener Sofiensälen gastiert, nutzt den rechtlichen Graubereich aus.
Im konkreten Fall ging es aber um die Nutzung eines Banksy-Motivs als Bildmarke. Der so genannte "Flower Thrower" - das Bildnis eines Protestierenden, der statt eines Molotow-Cocktails einen Blumenstrauß wirft - gehört zu Banksys bekanntesten Motiven. Eine britische Postkartenfirma, "Full Colour Limited", druckte das Motiv auf Karten und andere Merchandising-Artikel. Die Firma "Pest Control Office Limited", die als Banksys offizieller Repräsentant agiert und u.a. Echtheitszertifikate für Banksy-Arbeiten ausstellt, klagte dagegen.
Mit Fake gegen Fakes
Vergangenen Oktober eröffnete Banksys "Pest Control" (wörtlich "Schädlingsbekämpfung") sogar einen eigenen Merchandising-Shop - er hieß "Gross Domestic Product", was mit "Bruttoinlandsprodukt", aber auch mit "grauenhaftes heimisches Produkt" übersetzt werden kann). Sinn und Zweck war es, den Anspruch auf die Markenverwertung von Banksy-Motiven offiziell zu besetzen. Die EU-Richter sahen darin aber ein durchschaubares Manöver - es habe nie die tatsächliche Intention gegeben, das gegenständliche Motiv, den "Flower Thrower", als Marke zu nutzen.
In weiteren Erläuterungen sprechen die Richter dann die generelle Verfügungsgewalt Banksys über seine Bilder ab. Weil er "Graffiti auf das Eigentum anderer Menschen ohne deren Einverständnis malt statt auf Leinwand oder auf sein eigenes Eigentum" und weil seine Identität verborgen sei, könne er "nicht eindeutig als der fraglose Eigentümer solcher Werke identifiziert werden", heißt es. Weil er sich aufgrund seiner Anonymität nicht auf Urheberrechte berufen könne, habe Banksy den Umweg über das Markenrecht gewählt - doch dies sei nicht Aufgabe einer markenrechtlichen Prozesses.
Ob damit das letzte Wort gesprochen ist, ist unklar - Banksy versucht, seine Underground-Ethik durchzuziehen, doch ist mit seinen Motiven unzweifelhaft Teil des Mainstreams geworden. Doch jeder Graubereich hat Grenzen. Noch versucht das "Kunstphantom", auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen.
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