Das Gebäude auf der Freyung gehört ihr. Vor etlichen Jahren stand eine Verlegung an einen weniger attraktiven Ort zur Diskussion.
Diese Pläne, die dem Kunstforum den Atem genommen hätten, konnte ich abwenden – wie auch den Versuch des Albertina-Direktors, das Kunstforum zu übernehmen.
Er war ja der Gründungsdirektor – und ist Ihr Ex-Mann. Ja. Eine private Institution ist natürlich kein Bundesmuseum mit Bestandsgarantie. Aber es gab seither keine weiteren Überlegungen, das Kunstforum abzusiedeln. Und ich bin zuversichtlich. Der jetzige Generaldirektor der Bank Austria steht hinter dem Kunstforum. Zudem habe ich anlässlich des 30-Jahr-Jubiläums ein Board gegründet, für das ich viele namhafte Persönlichkeiten gewinnen konnte. Es ist nicht unbedingt ein Schutzschild, aber ein Zeichen, wie sehr das Kunstforum in der Öffentlichkeit verankert ist.
Sie waren immer stolz darauf, dass Ihr Haus ohne Subventionen der öffentlichen Hand auskommt …
Man hat uns hierzulande mit Argusaugen beobachtet. Denn eine private Institution, noch dazu von einer Bank finanziert, ist per se verdächtig. Im Ausland interessiert das niemanden. Da zählt nur die Qualität. Und so konnten wir immer wieder großartige Ausstellungen realisieren.
Aber wie ist das in Zeiten von Corona? Kann eine Kunstinstitution überhaupt ohne staatliche Hilfe überleben?
Natürlich habe ich heuer ein Budgetproblem. Trotz der sensationell funktionierenden Gerhard-Richter-Ausstellung. Aber auch das Kunstforum ist wieder seit 3. November geschlossen. Den Sponsoren ist die Situation bewusst, sie werden nachbessern. Und wir werden als Verein für den November die staatliche Hilfe, eine Kompensation in der Höhe von 80 Prozent des Vergleichsmonats 2019, in Anspruch nehmen. Es wäre dumm, das nicht zu tun.
Was war damals zu sehen?
Die Retrospektive Pierre Bonnard. Sie lief gut, aber wir erzielten nicht einmal annähernd die Einnahmen, die wir mit Gerhard Richter erzielen würden. Allein am 2. November, dem Tag vor dem Lockdown, hatten wir 2.000 Besucher. Obwohl es keine Touristen in Wien gibt.
Warum fasziniert Richter so?
Die Ausstellung passt, was niemand von uns wissen konnte, in diese Zeit. Mit den übermächtigen Landschaftsbildern – ohne Menschen. Es gibt die Suche nach einer Wirklichkeit, die verloren ist. Auch wenn Richter das vielleicht gar nie so gesehen hat: Für mich sind seine Bilder ein Nachdenken darüber, wie wir mit unserer Welt umgehen. Und trotzdem gibt diese Ausstellung in ihrer Schönheit auch Trost.
Sie haben sich riesig aufgeregt, dass die Ausstellungshäuser mit den Theatern in einen Topf geworfen wurden – und doch nicht offenbleiben dürfen. Warum soll es eine Sonderbehandlung fürs Kunstforum geben?
Auch wenn uns die Epidemie überrollt, muss man Konzepte entwickeln, die sinnvoll sind. Im Frühjahr haben alle Institutionen mitgespielt. Auch weil das Virus neu war. Aber jetzt ist die Situation eine andere. Wir haben hervorragende Präventivkonzepte entwickelt – und es ist zu keinen Clusterbildungen gekommen. Ich verstehe zudem die Wertigkeiten nicht. Denn für Glaubensgemeinschaften gibt es keinen Lockdown – obwohl es in Gottes- oder Gebetshäusern sehr wohl zu Infektionen kam.
Die Freiheit der Religionsausübung verbietet wohl härtere Maßnahmen.
Aber auch die Kunst hat eine enorm wichtige gesellschaftliche und gesellschaftsbildende Kraft. Sie ist vielleicht kein notwendiges Lebensmittel, wie viele behaupten, aber zumindest eine wichtige geistige Nahrung. Sie eröffnet Reflexionsräume, um über unsere Gesellschaft und unsere Werte zu diskutieren.
Hängt daher in Ihrem Büro das Bild „Art Is A Doctor“?
Es stammt von Zenita Komad. Durchaus. Kunst kann heilen und trösten, Kunst und Kultur sind systemrelevant, das gemeinsame Erleben ist integrativ. Es handelt sich nicht, wie die Politik meint, um ein Freizeitvergnügen. Die Museen zu schließen, finde ich daher nicht richtig. Dass der Kulturstaatssekretärin „das Herz blutet“, ist zu wenig. Sie hätte ihrem Minister oder dem Messias im Kanzleramt glaubhaft machen müssen, welchen Stellenwert Kunst und Kultur haben. Und wir hätten ja noch strengere Sicherheitsvorkehrungen getroffen, wir hätten die Zahl der Besucher weiter reduziert, aber dafür die Öffnungszeiten verlängert. Gut, das geht im Theater nicht. Aber dort hätte man Sesselreihen rausnehmen können. Darüber hätte man schon vor Monaten diskutieren müssen. Denn man wusste ja, dass die Zahlen steigen werden. Aber es wurde nicht diskutiert.
Was bedeutet der Lockdown konkret für die extrem teure Richter-Ausstellung?
Sie läuft zum Glück lang – bis Mitte Februar. Dann geht sie ans Kunsthaus Zürich. Also: Ich hoffe schon, dass man sie noch besuchen kann.
Wie könnte es weitergehen?
Wir haben ein tolles Programm fertig: Ab Mitte März wollen wir die längst fällige Retrospektive Daniel Spoerri bringen. Im Herbst folgt Rebecca Horn. Ich schätze sie sehr. Und dann kommt David Hockney. Er wurde noch nie in Österreich gezeigt. Zudem arbeiten wir an einer Ausstellung über das Haus Dior und die Kunst. Und an einem sensationellen Projekt, das ich nicht nennen will. Damit es mir nicht abgeschossen wird.
Gab es nicht die Idee, dass sich alle wichtigen Häuser in Wien absprechen sollen?
Das wäre sinnvoll, aber die meisten handelnden Personen wollen das nicht. Es geht ihnen nicht um ein Miteinander. Es funktioniert nicht einmal, sich über Eröffnungstermine abzustimmen.
Kandinsky, de Kooning, Magritte, Kahlo, Richter: Macht das Kunstforum die Arbeit, die das Museum der modernen Kunst leisten sollte?
Ich weiß nicht, was das mumok leisten möchte. Ich weiß nur: Wir realisieren das Programm eines Museums für das 20. und 21. Jahrhundert.
Kommentare