„Bezahl mit deinem Leben“: Normalerweise würde man sich bei so einem Aufruf nicht unbedingt freiwillig melden. Aber neugierig wird man doch. Das weiß Christopher Hanschitz, denn der Künstler kommt im Zweitberuf aus der Werbung. Sein neues Kunstprojekt mit dem reißerischen Namen hat er schon vor einem Jahr geboren. In einer Phase, in der ihm der Kommerz in seinem „Day Job“ auf die Nerven gegangen ist. Nun hat er es ausgebaut: Bei „Bezahl mit deinem Leben“ kosten seine Bilder keinen monetären Betrag, sondern acht Stunden des Lebens seiner Kundinnen und Kunden. „Ich hab mir gedacht, wenn ich einmal in den Sarg gehoben werde, zählt nicht, wieviel Geld hab ich verdient habe, sondern nur ein erfülltes Leben.“ Und das möchte er im Austausch mit anderen Menschen erreichen.
Diese „Bezahlung“ führte ihn schon in den Plattenladen der Familie Teuchtler. Im Lager, in das „normale“ Kunden nicht so leicht kommen, saß er auf einem geschichtsträchtigen Stuhl, in dem schon Charlie Watts geruht hat. Der Drummer der Rolling Stones saß dort gerne bei Wien-Besuchen und hörte alte Schellacks.
Sisis Kleider
In einem anderen Lager – dem des ehemaligen k&k Hoflieferanten Wilhelm Jungmann & Neffe – durfte er alte Stoffbücher durchsehen. Und konnte die Bestellungen der Kaiserin Elisabeth studieren, die nach dem Tod von Kronprinz Rudolf nur mehr schwarze Kleidung orderte. Kundin Claudia, eine Illustratorin, kannte er zuvor überhaupt nicht: „Das war spannend, was wird die mit mir machen wollen?“ Schließlich haben die beiden für das Wahljahr Sticker illustriert: „Auf denen mach ich ein bescheuertes Gesicht und der Slogan ist: Wohnzimmer würden Hanschitz wählen. Sowas wollte ich immer schon haben.“
Rollstuhltennis
Einen anderen Kunden kannte er dafür schon sehr gut: Hanschitz, selbst aus Kärnten, war acht Jahre lang nicht in seinem Heimatbundesland. Für eine Ausstellung kehrte er nun zurück und spannte seinen „ältesten Schulfreund“ ein. „Wir haben eigentlich acht Stunden nur geratscht.“ Weitere geplante oder zumindest gewünschte „Vergütungen“: Die Köchin des Lokals &flora wird seine „Kochkünste bereichern“, Rollstuhltennisspieler und Paralympics-Teilnehmer Nico Langmann soll ihn „über den Platz jagen“. Neben verrückteren Ideen wie einer Reise, bei der die Münze entscheidet, wann wo in den Zug ein- und ausgestiegen wird, will er auch karitative Projekte, etwa mit dem Kärntner Hilfswerk, anstoßen.
Alte weiße Männer
Ist „Bezahl mit deinem Leben“ auch ein Kommentar zum Kunstmarkt? „Natürlich. Kunst ist superteuer, junge Leute haben kein Geld dafür. Ich hab ein Bild, dafür müsste ich 3000 Euro verlangen. Drei Leute wollen es haben, aber keiner kann es sich leisten. Das ist krass behämmert. Ich finde auch bescheuert, dass nur alte, weiße Männer sagen, was Kunst ist.“
Das Zusammentreffen mache seine Kunst freilich für beide Seiten wertvoller „Die Erinnerung wird zum performativen Akt: Das ist ein Werk, das man sein Leben lang nicht mehr hergeben wird.“ Für Hanschitz hat die Aktion auch ein zweites Leben: Er begleitet die Stunden mit den Kunden nicht nur fotografisch und mit Video auf Instagram („das ist meine eigentliche Galerie“), er will daraus in naher Zukunft auch ein Fotobuch machen.
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