Wer durch die Glastür der Galerie Welz in der Sigmund Haffner-Gasse tritt, findet eine seltsame Allianz von Gegenwart und Vergangenheit vor. In dem Haus in Rufweite der „Jedermann“-Bühne wird seit 90 Jahren mit moderner Kunst gehandelt – wobei die „Moderne“ sich hier nie nach „Mode“ anfühlt. Ein Picasso ist hier zu haben, Hundertwasser, dazu heimische Maler, von denen einige (Rainer, Mikl, Hollegha) seit den 1960ern sehr vielen ein Begriff sind, andere (Salzmann, Krawagna, Hradil) weniger – doch auch sie waren gefühlt immer schon da.
Für Österreichs Kunstgeschichte ist die Bedeutung des Ortes nicht hoch genug einzuschätzen. Dass der Gründer Friedrich Welz ein „Ariseur“ und NS-Mitglied war, wird in der Publikation zum Jubiläum nicht verschwiegen – doch man betont auch, dass Welz mit Oskar Kokoschka die „Schule des Sehens“, heute Sommerakademie, begründete und mit einer Schenkung den Grundstein für das „Museum der Moderne“ (MdM) im Rupertinum legte. Der zweite Standort ebendieser Institution am Mönchsberg feiert heuer sein zwanzigstes Jubiläum – mit einer Sammlungsschau, die „Räume öffnen“ heißt. Hier hängen Kunstwerke aus Welz’ Ära, von Kollwitz bis Kokoschka, neben solchen der konzeptlastigen Generali-Sammlung, die vor 10 Jahren als Dauerleihgabe ans Haus kam (noch ein Jubiläum).
Der unsichtbare Boom
Unsichtbar sind hier aber die Malerfürsten wie Markus Lüpertz und Anselm Kiefer, die unter den MdM-Chefs Agnes Husslein und Toni Stooss das Museum prägten – und auch im öffentlichen Raum Spuren hinterließen. Kiefers Kapelle „A.E.I.O.U.“ im Festspielbezirk, 2002 errichtet, ist das Monument dieses Kunst-Booms der Jahrtausendwende, der wesentlich von Mäzenen wie dem Unternehmer und Wahlsalzburger Reinhold Würth – ihm gehört u. a. die Kapelle – befeuert wurde.
„Salzburg lebt auch davon, dass sich hier internationale Leute angesiedelt haben“, sagt Galerist Thaddaeus Ropac, der das 40-Jahr-Jubiläum seiner Galerie bereits im Vorjahr zelebrierte. Er zeigt heuer wieder Anselm Kiefer, eine persönlich gehaltene Werkserie mit dem Titel „Mein Rhein“, dazu eine museale Schau zu Joseph Beuys und John Cage (siehe unten).
Ropac lobt die Dichte an Kennern im Salzburger Sommer („Wir hätten in Paris kein besseres Publikum!“), gibt aber auch zu: „Die Sammler, die wir begleiten, sind nicht mehr die Jüngsten. Es gibt Neue, aber nicht mit dem Kaliber jener, mit denen wir über Jahrzehnte arbeiten konnten.“
„Eine gewisse Müdigkeit“ konstatiert gar Nikolaus Ruzicska. Einst Ropacs Mitarbeiter, machte er sich vor 20 Jahren selbstständig und spürte dabei Rückenwind: Das Mönchsberg-Museum eröffnete nur sechs Wochen vor seiner Galerie, für die er ein landwirtschaftliches Gebäude in der Faistauergasse zum Schauraum für Kunst mit betont cooler Ästhetik – von Brigitte Kowanz’ Lichtkästen bis zur geometrisch-abstrakten Malerei von Künstlern wie Imi Knoebel oder Beat Zoderer – umfunktioniert hatte.
Neues Spiel, neues Glück
In Ruzicskas aktueller Ausstellung scheint der Künstler Henrik Eiben (*1975) die rigorosen Kategorien, die in der Vergangenheit die Territorien der Kunstwelt definierten, aufzulösen: Seine Wandobjekte, irgendwo zwischen Malerei und Skulptur angesiedelt und mit verschiedenen Stoffen bespannt, vermählen das streng Abstrakte mit einer spielerischen Note.
Kunsthistorisch Vorbelastete werden Vorbilder erkennen, bei Frank Stella etwa. Doch Eibens Objekte stellen auch klar, dass die Karten der Kunstwelt jederzeit neu gemischt werden können und dass ein vorbehaltloses „Zurück zum Start“ für neue Generationen möglich ist.
Einen Neustart wagte auch Sophia Vonier: Die Galeristin konnte sich zuletzt durch ihr Engagement für einen Kreis junger Künstlerinnen und Künstler, deren Werk ästhetisch frisch und für Nichtmillionäre auch leistbar ist, über Salzburg hinaus profilieren. Nach fünf Jahren in der touristisch frequentierten Philharmonikergasse zog sie vor Kurzem in den ersten Stock eines Gebäudes in der Franz-Josef-Straße 5 – nahe am Schloss Mirabell und Ropacs strahlkräftiger „Villa Kast“. Mit einem vielfältigen Programm, aber einem Schwerpunkt auf Malerei – derzeit sind die hintergründig-zarten Bilder von Bertram Hasenauer zu sehen – wird hier ein neues Kapitel aufgeschlagen. Das erste runde Jubiläum steht 2029 an.
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