Mit Fettkrapfen unterwegs durch Argentinien

Dicke und Bärtige im patagonischen Urwald. „río puro“ spart nicht mit grauslichen Details.

Im patagonischen Regenwald kann man ungewöhnliche Bekanntschaften machen: Etwa die eines bisexuellen Tiergeschichtenschreibers aus dem Innviertel, der gleichermaßen besessen ist von hausgemachtem Lammstrudel wie dem jüngeren Bruder seiner Frau, einer Mapuche-Indianerin.

Klassisches Kratochwil-Szenario, kann man nach dem zweiten Roman des seit bald 70 Jahren in Patagonien lebenden gebürtigen Korneuburgers sagen.

Aussteiger, Sinnsucher und Mapuche-Indianer waren schon Thema in Germán Kratochwils erstem Roman, den er 2012 Jahr im ungewöhnlichen Debütantenalter von 74 publizierte. „Scherbengericht“ hieß das Buch, und es wurde gleich für den Deutschen Buchpreis nominiert.

Mit Fettkrapfen unterwegs durch Argentinien
Kratochwil

Nun legt Kratochwil mit einer zweiten Abenteuergeschichte über Patagonien nach. Mitteleuropäische Auswanderer, darunter Nazi-Söhne, Glücksucher und schräge Vögel, treffen auf Einheimische. In „ río puro“ fährt der (auch in der Pension aktive) Journalist Leo Kainzer nach Buenos Aires, um über die Präsidentenwahl zu berichten. Eine Jugendfreundin bittet ihn, ihr bei der Suche nach ihrem verschollenen Mann, einem Wasserschutz­experten, zu helfen.

Rache

Unwillig nimmt Kainzer die Spur des mit einer halben Million Dollar und viel Whisky Verschwundenen auf. Im Regenwald warten unangenehme Überraschungen auf ihn. Von in Hammelfett gebackenen Krapfen bis zu Einheimischen, die sich grausam an vermeintlichen Vergewaltigern rächen. Kratochwil spart nicht mit Details.

Er ist ein guter, aber manchmal zu ausführlicher, oft auch belehrender Erzähler. Schön schräg sind die Schilderungen zwergenhafter Schuhputzer, die wie faschistische Generäle aussehen. Auch die verrückten Diplomaten, die Hirschragout-Traumata verursachen und einander in übertriebenem Österreichisch beschimpfen: „Dalkerter G’schaftlhuber“, „Mostbirnschädl“, dann wieder „Herzpinkerl“.

Manchmal wird’s auch unfreiwillig komisch: Etwa beim Auftritt der trostbedürftigen Schönen, die sich, mir nichts dir nichts, vom süddeutschen Mittsechziger abschleppen lässt. Sie hat „volle Lippen“ und ein „musikbestimmtes Wiegen in den Hüften“, bettelt den dicken Deutschen stöhnend „vení, vení“ an und hat kurz darauf „einen heftigen, fordernden, zustoßenden Orgasmus“.

Info: Germán Kratochwil: „río puro“ (Picus Verlag), 300 Seiten, 22,90 Euro

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