Rückgaben möglich
Österreich soll also die Möglichkeit schaffen, Objekte aus Sammlungen des Bundes zurückzugeben: Das ist der zentrale Punkt jener Empfehlungen, die ein Gremium internationaler Expertinnen und Experten in Mayers Auftrag nun vorgelegt hat.
Für eine Rückgabe müssen demnach drei Kriterien erfüllt sein: Das Kulturgut wurde „gegen den Willen oder Wunsch bzw. ohne die grundsätzliche Zustimmung der früheren Eigentümer:innen“ erworben, der „koloniale Kontext“ ist klar nachgewiesen – und der Staat, auf dessen Territorium das Kulturgut einst gesammelt wurde, ersucht um die Rückgabe.
Jonathan Fine, der als Direktor des Weltmuseums Wien den Vorsitz des Gremiums innehatte, ließ bei der Präsentation keinen Zweifel daran, dass man um den Ausgleich vieler, oft divergierender Interessen gerungen hatte. So ist die Empfehlung, dass Objekte nur an einen anderen Staat retourniert werden sollen, signifikant: Denn viele der heutigen Staaten, etwa in Afrika, existierten zur Zeit, als die Objekte gesammelt wurden, noch nicht. In Nigeria läuft etwa ein Disput, ob die Benin-Bronzen in nationale Museen oder in die Obhut der Nachfahren des „Oba“ (Königs) von Benin gehören. „Es kann nicht Aufgabe von uns in Österreich sein, festzustellen, wer die richtigen Personen sind, an die Kulturgüter zurückgegeben werden“, erklärte Fine dazu.
Forschung nötig
Doch vor der Rückgabe muss erst die Herkunftsgeschichte erforscht werden. Das Gremium unterscheidet hier zwischen einer „proaktiven Provenienz- und Grundlagenforschung“, die an den Museen bereits läuft; die Mittel dafür, verkündete Mayer, werden von 160.000 auf 320.000 Euro jährlich aufgestockt.
Wenn ein Staat ein Rückgabeansuchen stellt, soll es zu einer „reaktiven“ Erforschung kommen – das gelte auch für den wohl prominentesten Fall, den mexikanischen Federschmuck im Weltmuseum, sagte Mayer. Dabei sollen Forscher der Bundesmuseen mit internationalen Expertinnen zusammenarbeiten, mit „Sensibilität für die jeweiligen kulturhistorischen Belange“.
Von den Museen unabhängig agierende Forscher soll es – anders als bei der Aufarbeitung von NS-Raubkunst – nicht geben. Anders als in den „Washingtoner Prinzipien“, die Restitutionen von den Nazis entzogener Güter anleiten, ist auch keine Verpflichtung Österreichs vorgesehen, Rückgaben aktiv voranzutreiben. Allerdings soll ein unabhängiger Beirat die Ergebnisse der Forschung bewerten und Empfehlungen für Rückgaben abgeben. Dabei will man auch Angehörige von Diaspora-Gemeinschaften in Österreich einbinden.
Die Empfehlungen, die durchaus Modellcharakter für andere Länder haben könnten, sind freilich nicht bindend. Den politischen Willen, sie als Basis für ein neues Gesetz zu nutzen, tat Mayer aber unmissverständlich kund. Bis Ende des ersten Quartals 2024 soll dafür ein „möglichst breit abgestimmter“ Entwurf vorliegen.
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