Knalleffekt: Geyer wird doch nicht Bregenz-Intendant

Knalleffekt: Geyer wird doch nicht Bregenz-Intendant
Über Bregenz ziehen dunkle Wolken auf. Roland Geyer wird seine Intendanz doch nicht antreten. Dafür ist die Zukunft der Wiener Kammeroper gesichert.

Schon um den Abschied des derzeitigen Intendanten David Pountney gab es bei den Bregenzer Festspielen viele Misstöne. Nun kommt ein weiterer, sehr lauter dazu: Der designierte Intendant Roland Geyer wird seinen Posten 2015 nicht wie geplant antreten. Geyer überwarf sich mit den Festspielen wegen seiner künstlerischen Vorhaben (siehe weiter unten).

In Wien, wo der Chef des Theaters an der Wien nun doch bleibt, warten indes zusätzliche Aufgaben: Geyer wird künstlerischer Letztverantwortlicher für die 1953 von Hans Gabor gegründete Kammeroper. Diese Wiener Kulturinstitution, die auch den renommierten Belvedere-Gesangswettbewerb veranstaltet, machte in letzter Zeit mehr kulturpolitische als künstlerische Schlagzeilen. Der Grund: Der Bund hat sich als Subventionsgeber zurückgezogen. Zuletzt hatte die Kammeroper 700.000 Euro vom Kulturministerium bekommen, ebenso viel von der Stadt Wien.

Diese stand plötzlich allein als Geldgeber da, und Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny, der die Kammeroper unbedingt retten wollte, geriet unter Zugzwang. Nun, nach langen Diskussionen, ist eine Lösung gefunden, die nicht nur kostenneutral ist, sondern auch inhaltlich vernünftig klingt.

Knalleffekt: Geyer wird doch nicht Bregenz-Intendant
Andreas Mailath-Pokorny, Stadtrat für Kultur u. Wissenschaft:  "Das musikprotokoll  hat die Neue Musik in den letzten vier Jahrzehnten für tausende von Musikinteressierten hörbar und damit erfahrbar gemacht, hat dadurch neues, insbesondere junges Publikum erschlossen und dieses zu verständigen Zuhörern der Klänge jenseits des Mainstreams werden lassen. Der ORF ist ein starker Partner für die Kultur in diesem Land und eine wichtige Plattform für die zeitgenössische Musik. Als Wiener Kulturstadtrat wünsche ich mir, dass das so bleibt."
 

"Es wird eine ,Kammeroper Neu‘ geben", bestätigt Mailath-Pokorny gegenüber dem KURIER. "Das Genre der Kammeroper ist ja für eine Opernstadt wie Wien sehr wichtig. Ich freue mich, dass damit die Zukunft dieser Institution gesichert ist."
Ab September kommt die neue Lösung zum Tragen. Konkret wird ein Verein gegründet, in dessen Vorstand u. a. zwei Personen vertreten sein werden: Geyer und Walter Kobera, Leiter der Neuen Oper Wien, als Repräsentant der freien Szene.


Damit ist auch die künftige künstlerische Ausrichtung der Kammeroper vorgegeben. Das Theater an der Wien wird ein starker Partner des Hauses am Wiener Fleischmarkt, stellt Infrastruktur und Arbeitsleistung zur Verfügung und bringt dort vier Produktionen pro Saison heraus – mit einem eigenen Ensemble, das neu gegründet wird und jungen Sängerinnen und Sängern eine Karrierechance in Wien geben soll. Dazu kommen ein bis zwei Produktionen der freien Szene, Walter Kobera ist mit der Neuen Oper Wien bei einer davon selbst vertreten.

Ruhe nach dem Sturm

Knalleffekt: Geyer wird doch nicht Bregenz-Intendant

Geyer wurde auch eine Verlängerung seines 2016 endenden Vertrags im Theater an der Wien um zwei Jahre angeboten. "Dazu kann ich noch nichts sagen. Jetzt brauche ich erst einmal ein bisschen Ruhe, um das Bregenzer Erlebnis zu verarbeiten", so Geyer zum KURIER. Die Leitung des Theaters wird, bis die Zukunft Geyers geklärt ist, nicht ausgeschrieben, sagt Mailath.
Die Stadt Wien unterstützt die Kammeroper weiterhin mit 700.000 Euro pro Jahr. "Durch die Zusammenarbeit mit dem Theater an der Wien und der freien Szene, die ja auch finanziert wird, geht sich das aus", erklärt der Kulturstadtrat.


Das Konzept "Kammeroper Neu" ist zunächst auf drei Jahre angelegt. Einen eigenen Intendanten wird es in dieser Zeit wohl nicht geben. Der Belvedere-Wettbewerb wird weitergeführt und "durch die Partnerschaft mit dem Theater an der Wien sogar aufgewertet", so Mailath.
Es wird über das Theater an der Wien auch ein Kammeropern-Abo angeboten. Mailath: "Das ist aber keine Übernahme durch das Theater an der Wien, weil ja auch die freie Szene verankert ist."

Bregenz: Bauchfleck für das Top-Festival

Die Neugestaltung der Wiener Opernlandschaft ist unmittelbar mit der Zukunft der Bregenzer Festspiele verbunden. Dort sollte Roland Geyer ab 2015 als Berater und ab 2016 als Intendant fungieren. Dieser Wechsel an den Bodensee kommt nun nicht zu Stande: Laut Festspiel-Aussendung wegen „unüberbrückbarer Auffassungsunterschiede über die künstlerische Ausgestaltung und Umsetzung des Programms“. Dem Vernehmen nach wollte man Geyer nicht die geforderten Kompetenzen einräumen.


Geyer wurde im vergangenen Jahr als Nachfolger von David Pountney präsentiert. Schon um Pountneys Vertrag hatte es heftige Debatten gegeben. Der Brite wollte sein ursprünglich bis 2013 laufendes Engagement um mehrere Jahre verlängert, gewährt wurde ihm nur eine Ehrenrunde 2014. Zum Abschied bringt er auf der Seebühne „Zauberflöte“.
Geyer spricht gegenüber dem KURIER von Begeisterung, die zunächst in Bregenz über sein Konzept geherrscht hatte. Als es um die Umsetzung ging, sei „die Risikofreude aber nicht mehr so groß“ gewesen. Er wollte ein großes Opernfestival aufziehen, im Stil von Aix-en-Provence etwa. Auf der Seebühne hätte er jedes Jahr eine Neuproduktion herausbringen wollen statt wie bisher alle zwei Jahre. Da das nicht durchsetzbar war, hätte er Festspielpräsident Hans-Peter Metzler vorgeschlagen, sich jetzt freundschaftlich zu trennen. Die Intendanz wird im Februar ausgeschrieben.

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