Klimts mysteriöses "Fräulein Lieser" empfängt vor Auktion Besuch

Klimts mysteriöses "Fräulein Lieser" empfängt vor Auktion Besuch
Das Gemälde ist bis 21. April gemeinsam mit anderen Klimt-Preziosen zu besichtigen. Einige Fragen zur Identität und Provenienz bleiben offen

Für das Wiener Auktionshaus "im Kinsky" ist es eine Gelegenheit, im Konzert der ganz Großen mitzuspielen: Das "Bildnis Fräulein Lieser" von Gustav Klimt, das lange Zeit als verschollen galt, wurde wie berichtet bei dem Auktionshaus zur Versteigerung eingebracht und soll dort am 24. April einen Erlös zwischen 30 und 50 Millionen Euro einspielen. Weil in dieser Preislage nur wenige internationale Käufer mitbieten, wurde das Werk zuletzt auf eine Ausstellungstournee geschickt. Bis zum Montag ist es nun täglich von 10 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt "im Kinsky" zu besichtigen. 

Wie bei solchen Ereignissen üblich, ist das Werk unter dem Motto "The Klimt Sale" in eine Reihe von weiteren Losen eingebettet, die kaufwillige Sammler bei dieser Gelegenheit gleich mit erwerben könnten: Darunter finden sich einige Originalzeichnungen des Künstlers zum Beethovenfries (30.000-120.000 Euro) sowie Werke der Klimt-Zeitgenossen Egon Schiele, Koloman Moser und George Minne. Ebenfalls angeboten wird eine Vorzeichnung zum "Bildnis Fräulein Lieser", das aus dem Nachlass des Künstlers an seinen Großneffen Rudolf Zimpel ging (50.000-100.000 Euro).

Wer genau das "Fräulein Lieser" war, ist dabei ebenso ungeklärt wie die exakte Geschichte des Gemäldes. Neben der in der Fachliteratur oft angenommenen "Margarethe Constance Lieser", der Tochter des Industriellen Adolf Lieser, wurden zuletzt auch die Frauen Annie oder Helene Lieser als Dargestellte ins Spiel gebracht. Diese waren die Töchter von Lilly Lieser, einer Schwägerin des Adolf Lieser. 

Der "Standard" versuchte in einer jüngst veröffentlichten Recherche, das Porträt des "Fräuleins" mit KI-Hilfe künstlich zu altern, und kam neben der Augenfarbe auch auf eine Fehlstelle an einer Augennbraue zu sprechen: Diese würde nahe legen, dass es sich bei der Dargestsellten um Helene Lieser handle, die 1898 geboren wurde und nach der Emigration in die USA als Wirtschaftswissenschafterin reüssierte. Sie starb 1962.

Für die Zugehörigkeit zu dem Zweig der Familie, die mit Adolf Lieser verschwägert war, würde laut "Standard" auch jene Korrespondenz sprechen, die der Museumsdirektor Werner Hofmann in den 1960er Jahren mit einem Bekannten des Nachkriegs-Eigentümers geführt hatte. Demnach war Hofmann wohl bewusst, dass die in Auschwitz ermordete Lilly Lieser, die in der Argentinierstraße in Wien gewohnt hatte, die ursprüngliche Besitzerin gewesen sei. 

Das Auktionshaus hatte sich aber hier auf keine Spezifika eingelassen und mit beiden infrage kommenden Familienzweigen eine Lösung angestrebt. "Über den Inhalt dieses Übereinkommens ist Stillschweigen vereinbart worden; aber so viel kann bekanntgegeben werden, dass mit Versteigerung des Kunstwerks und Bezahlung des Meistbots sämtliche denkbaren Ansprüche aller Beteiligten abgegolten und erfüllt sein werden", schreibt der Anwalt und Co-Geschäftsführer des "im Kinsky", Ernst Ploil, im Katalog. Als Restitutionsfall ist das Werk zudem nicht von einem Ausfuhrverbot betroffen, was seine Handelsfähigkeit am internationalen Markt erhöht. 

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