Verschollen geglaubtes Klimt-Gemälde in Wien zu sehen

Klimt-Gemälde "Bildnis Fräulein Lieser", eine Frau vor rotem Hintergrund mit floralem Umhang
Klimts "Bildnis Fräulein Lieser" ist ab Samstag gratis im Auktionshaus im Kinsky zu sehen. Die Versteigerung erfolgt am 24. April.

Mehr als ein halbes Jahrhundert galt es als verschwunden: Klimts Gemälde "Bildnis Fräulein Lieser". Anfang des Jahres ist es wieder aufgetaucht. Es hat bereits eine Reise nach London, Genf, Zürich und Hong Kong hinter sich. Am 24. April wird es im Auktionshaus im Kinsky versteigert. Davor ist das Bild ab Samstag ebenda für die Öffentlichkeit zu sehen. 

Laut Klimt-Werkverzeichnis von Tobias Natter saß Margarethe Constanze Lieser (geboren 1899 als Tochter des Industriellen Adolf Lieser) 1917 Klimt neun Mal Modell. Aus diesen Sitzungen gibt es 21 bekannte Vorstudien. Klimt bekam insgesamt 10.000 Kronen dafür. Nach dem Tod des Malers ging das unvollendete Bild in den Besitz der Familie Lieser über. Zuletzt galt "Verbleib unbekannt". 

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Spuren verlieren sich nach 1938

Zum Tod Klimts befand sich das Bild im Atelier Klimts, sagt Kinsky-Geschäftsführer Ernst Ploil. Danach wurde es "an die Familie ausgefolgt - wer das wirklich war, wissen wir nicht". Im Nachlass wurden unfertige Werke "wohl an die Auftraggeber" ausgefolgt. 1925 sollte es eine Ausstellung geben, in der "zumindest geplant war, auch dieses Bild auszustellen". Aus dieser Zeit stammt die Schwarz-Weiß-Aufnahme des Werkes mit der Adressangabe "Im Besitz von Frau Lieser, Argentinierstraße 20". Das war die Adresse von Henriette Lieser. 

"Dann verlieren sich die Spuren. Was mit dem Bild in der kritischen Zeit von 1938 bis 1945 passiert ist, wissen wir nicht. Wir haben so gründlich wie möglich geforscht." Das Bild weise "keinerlei Spuren eines Exportes" aus - "es hätte irgendeinen Stempel oder Bescheid geben müssen." 

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Zweistelliges Millionenergebnis wird erwartet

Es gebe auch "keinerlei Hinweise auf einen rechtswidrigen Entzug in der NS-Zeit", etwa einen Stempel von der Gestapo. Was mit dem Bild bis in die 1960er geschehen ist, "wissen wir nicht". Henriette Lieser wurde 1943 im KZ ermordet, in ihrem Vermögensverzeichnis scheint das Bild "nicht auf". Man sei in den Verhandlungen mit den Erben nach der Familie Lieser aber vom "worst case", also dem rechtswidrigen Entzug ausgegangen. Das sei in den Vertrag für die Einbringung eingegangen, den die Besitzer und die Familie Lieser abgeschlossen worden. Es gebe eine Verfügung über den "hoffentlich erzielten Erlös" und eine Einigung im Sinne der Washingtoner Prinzipien, die in Restituionsfällen faire Lösungen vorsieht.

Die jetzigen Eigentümer und auch die Vorbesitzerin haben das Werk jeweils geerbt. Aber "wir haben zwischen 1925 und etwa den 60er-Jahren ein Loch. Darüber kommen wir nicht hinweg." Schon beim ersten Telefonat mit dem Einbringer habe dieser sich der Provenienzprobleme bewusst gezeigt. Es habe von den Erben aber keine dokumentierten Versuche der Erben nach Lieser gegeben, das Bild zu finden. "Wir sind das aktiv angegangen und haben nicht nur die Familie Lieser als mögliche Restitutionswerber ausgeforscht, sondern uns an mögliche Vertreter gewandt und sind auf diese Art und Weise mit den Liesers in Kontakt gekommen".

Das Auktionshaus rechnet mit 30 bis 50 Millionen Euro. Auch bis zu 70 Millionen seien denkbar.

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