Wiederentdecktes Klimt-Porträt "Fräulein Lieser“ soll bis zu 70 Millionen Euro bringen

Wiederentdecktes Klimt-Porträt "Fräulein Lieser“ soll bis zu 70 Millionen Euro bringen
Auktionshaus Im Kinsky bringt das wertvolle Bild am 24. April zur Versteigerung. Die Eigentümergeschichte hat Lücken.

Ein lange verschollenes Spätwerk von Gustav Klimt, das Porträt "Fräulein Lieser“, wurde wiederentdeckt und wird am 24. April im Auktionshaus Kinsky in Wien zur Auktion kommen. Es gehört zu den letzten von Gustav Klimt geschaffenen Werken, sagte Claudia Mörth-Gasser, Spartenleitung Klassische Moderne im Kinsky. Es habe sich viele Jahrzehnte im Privatbesitz in Österreich befunden. Das Auktionshaus rechnet mit 30 bis 50 Millionen Euro. Auch bis zu 70 Millionen seien denkbar. Das Porträt hat Klimt bei seinem Tod 1918 unvollendet hinterlassen. 

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Wiederentdecktes Klimt-Porträt "Fräulein Lieser“ soll bis zu 70 Millionen Euro bringen

Das Auktionshaus hatte eine "weltweite Sensation" um ein Damenportrait aus der späten Schaffenszeit Gustav Klimts angekündigt. Das Bild soll seit fast einem halben Jahrhundert nicht mehr öffentlich zu sehen gewesen sein. Auf einer Schwarz-Weiß-Aufnahme des Porträts sieht man eine Frau in Vorderansicht in einem ornamentalen Umhang.

Wer auf dem Werk zu sehen ist

Laut Klimt-Werkverzeichnis von Tobias Natter saß Margarethe Constanze Lieser (geboren 1899 als Tochter des Industriellen Adolf Lieser) 1917 Klimt neun Mal Modell. Aus diesen Sitzungen gibt es 21 bekannte Vorstudien. Klimt bekam insgesamt 10.000 Kronen dafür. Nach dem Tod des Malers ging das unvollendete Bild in den Besitz der Familie Lieser über. Zuletzt galt "Verbleib unbekannt". 

Jedoch haben die Forschungen nun ergeben, dass das Modell möglicherweise ein anderes Familienmitglied gewesen sein könnte, Helene oder Anne, Töchter der Schwägerin von Adolf Lieser, Henriette Lieser-Landau, die Frau seines Bruders Justus. Dies sagte Mörth-Gasser. "Alles das, was wir wissen, ist in Wahrheit Nicht-Wissen", sagte Geschäftsführer Ernst Ploil. Es tauchen "immer wieder Argumente und Gegenargumente auf".

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Eigentümergeschichte mit Lücken

Zum Tod Klimts befand sich das Bild im Atelier Klimts, sagt Ploil. Danach wurde es "an die Familie ausgefolgt - wer das wirklich war, wissen wir nicht". Im Nachlass wurden unfertige Werke "wohl an die Auftraggeber" ausgefolgt. 1925 sollte es eine Ausstellung geben, in der "zumindest geplant war, auch dieses Bild auszustellen". Aus dieser Zeit stammt die Schwarz-Weiß-Aufnahme des Werkes mit der Adressangabe "Im Besitz von Frau Lieser, Argentinierstraße 20". Das war die Adresse von Henriette Lieser. 

"Dann verlieren sich die Spuren. Was mit dem Bild in der kritischen Zeit von 1938 bis 1945 passiert ist, wissen wir nicht. Wir haben so gründlich wie möglich geforscht." Das Bild weise "keinerlei Spuren eines Exportes" aus - "es hätte irgendeinen Stempel oder Bescheid geben müssen." 

Es gebe auch "keinerlei Hinweise auf einen rechtswidrigen Entzug in der NS-Zeit", etwa einen Stempel von der Gestapo. Was mit dem Bild bis in die 1960er geschehen ist, "wissen wir nicht". Henriette Lieser wurde 1943 im KZ ermordet, in ihrem Vermögensverzeichnis scheint das Bild "nicht auf". Man sei in den Verhandlungen mit den Erben nach der Familie Lieser aber vom "worst case", also dem rechtswidrigen Entzug ausgegangen. Das sei in den Vertrag für die Einbringung eingegangen, den die Besitzer und die Familie Lieser abgeschlossen worden. Es gebe eine Verfügung über den "hoffentlich erzielten Erlös" und eine Einigung im Sinne der Washingtoner Prinzipien, die in Restituionsfällen faire Lösungen vorsieht.

Die jetzigen Eigentümer und auch die Vorbesitzerin haben das Werk jeweils geerbt. Aber "wir haben zwischen 1925 und etwa den 60er-Jahren ein Loch. Darüber kommen wir nicht hinweg." Schon beim ersten Telefonat mit dem Einbringer habe dieser sich der Provenienzprobleme bewusst gezeigt. Es habe von den Erben aber keine dokumentierten Versuche der Erben nach Lieser gegeben, das Bild zu finden. "Wir sind das aktiv angegangen und haben nicht nur die Familie Lieser als mögliche Restitutionswerber ausgeforscht, sondern uns an mögliche Vertreter gewandt und sind auf diese Art und Weise mit den Liesers in Kontakt gekommen".

Es sei eine besondere Sache, so ein Bild in Wien anbieten zu können, sagte Im-Kinsky-Geschäftsführer Michael Kovacek. Das Werk soll 14 Tage vor der Auktion in Wien öffentlich präsentiert werden. Davor geht das Bild auf Reisen und wird international - u. a. in Zürich und Genf -  in Kooperation mit der liechtensteinischen LGT-Privatbank gezeigt. 

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