Karl Spiehs (1931–2022): Ein Unterhalter aus Leidenschaft
Die Planungen liefen bereits: Im Juni wollte Karl Spiehs den 40. Geburtstag der „Supernasen“-Filme mit Thomas Gottschalk und Mike Krüger mit vielen Freunden feiern. Es ist ihm nicht vergönnt: Am Donnerstag, kurz vor seinem 91. Geburtstag, ist Karl Spiehs verstorben, wie die Lisa Film bekannt gab.
Der gebürtige Niederösterreicher hat über fünf Jahrzehnte die deutschsprachige Produktionslandschaft geprägt. Fast 400 Filme und Serien gingen auf sein Konto. Dass die nicht immer hochklassig waren, daraus machte Spiehs kein Geheimnis. Im Gegenteil.
Nachruf auf Filmemacher Karl Spiehs
„Ich produzierte so gut wie alles: Von Unterhaltung über Thriller, Krimis und Western bis hin zu Erotik. Dabei gab es viele schöne Erfolge, aber auch kleine Tiefs, die jedoch schnell überwunden werden konnten“, schrieb er selbst im Leitwort auf der Firmen-Homepage. Seinen Zugang zum Metier beschrieb er im KURIER einmal so: „In meinem Leben hab’ ich nicht so viele Menschen getroffen, die sich mit tiefsinnigen G’schichten wirklich gut unterhalten haben.“
Und genau das wollte er – Menschen unterhalten. Was Kritiker schrieben, kümmerte ihn wenig. Das Spektrum seiner Produktionen war entsprechend bunt. Es reichte im Kino von „Josefine Mutzenbacher“, „Immer Ärger mit den Paukern“ bis eben „Die Supernasen“, er schrieb TV-Geschichte mit „Ein Schloss am Wörthersee“, „Klinik unter Palmen“ und „Traumhotel“, machte aber auch Qualität mit Schnitzlers „Reigen“ und Mankells „Die Rückkehr des Tanzlehrers“.
Top-Besetzungen
Eine „Supernase“, so auch der Titel seiner Biografie, hatte Spiehs bei Besetzungen: Er holte die Entertainer Peter Alexander, Rudi Carrell und Udo Jürgens vor die Kamera und machte Uschi Glas zum Teenie-Idol. Er verhalf Roy Black zum glanzvollen Comeback und engagierte Top-Stars wie Catherine Deneuve, Senta Berger, Klaus Kinski und später Veronika Ferres und Christoph Waltz. Spiehs, ein Freund klassischer Musik, arbeitete mit sieben „Jedermann“-Darstellern: Attila Hörbiger, Curd Jürgens, Maximilian Schell sowie Klaus Maria Brandauer, Peter Simonischek, Cornelius Obonya und Tobias Moretti. Und sie kamen gern zu ihm.
„Schauspieler sind die Juwelen jedes Filmes, und ich möchte diesen Juwelen immer die optimalen Voraussetzungen schaffen, damit sie in ihrer ganzen Kraft strahlen können“, sagte Spiehs. Als er 2015 die Akademie-Platin-ROMY erhielt, würdigte ihn Otto Schenk als „Institution der Güte – wenn Sie mit ihm drehen, nennen Sie nicht Ihre Gagenforderung – warten Sie, was er Ihnen bietet, das ist meistens doppelt so hoch“. Und wenn das Strahlen mal nicht so glänzend war, war Spiehs weiter für einen da.
Er konnte sich das leisten, weil er auch Geschäftsmann war. Während andere Auftragsproduzenten waren und für Sender Projekte abwickelten, ging er mit eigenem Geld ins Risiko. Das sollte sich mit dem Aufkommen des Privatfernsehen auszahlen. „Anfang der 1990er-Jahre stieg ich voll in das Fernsehgeschäft ein, wofür ich dem damaligen RTL-Chef Helmut Thoma noch heute dankbar bin“, schrieb Spiehs.
Schneller Aufstieg
Diese Karriere des Karl Spiehs fing früh an. Der Wirtssohn aus Ternitz ließ im Stall große Künstler der kargen Nachkriegszeit auftreten. „Conrads, Moser, Peter Alexander – alle kamen ohne Gage, aber für was viel Wichtigeres damals: Speck, Brot, Eier, Milch“, erinnerte sich Spiehs im KURIER. Mit 29 kam er schließlich zum Film. Rasch brachte er es vom zweiten Aufnahmeleiter bei Franz Antel zum Co-Produzenten und schließlich zur ersten Firma. 1967 stieg er schließlich in die damals etwas lädierte Lisa Film ein, die Volksschauspieler Paul Löwinger in München gegründet hatte und machte sie zum florierenden Produktionsbetrieb. Mitte der 1970er folgte zudem der eigene Filmverleih.
Dabei hat Spiehs nie vergessen zu leben. Regisseur Otto Retzer erzählte: „Mit den Mengen an 12 Jahre altem Chivas Regal könnte man ganze Kompanien an Soldaten ausschalten. Und sein Tabakkonsum, Davidoff vom Feinsten, ist nicht minder legendär. Sogar der große Fidel Castro hat mir bei einem Botschaftsempfang in Havanna persönlich bestätigt: ,Señor Spiehs ist der größte Raucher kubanischer Zigarren außerhalb von Kuba.‘“ Freunde und Weggefährten werden jedenfalls immer wieder gern das Glas auf Karl Spiehs und auf die Zeit mit ihm erheben. Am 17. Juni wird das „Supernasen“-Fest in Velden so wohl auch zur Gedenkfeier.
Würdigung
„Gute Unterhaltung war Karl Spiehs’ Bestimmung, Leidenschaft und Lebenselixier“, würdigte Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) den Verstorbenen in einer Aussendung. Dafür, dass er den österreichischen Film und Österreich als Filmkulisse in die Welt getragen habe, gebühre ihm „große Hochachtung.“ „Karl Spiehs ist es mit seinen Produktionen gelungen, das Publikum zu begeistern und gleichzeitig die Schönheit Kärntens zu vermitteln“, hielt der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) fest.
„Karl Spiehs wusste, was die Menschen sehen wollten, und hatte eine untrügliche Hand für Talente“, ehrte Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) den Produzenten. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann unterstrich insbesondere das Menschliche an Spiehs. Und die vielen legendären TV-Hits hätten ihn selbst zur Legende gemacht.
TV-Schwerpunkt: In memoriam Karl Spiehs
Am Freitag zeigt ORFIII (20.15) „Maigret und sein größter Fall“ und „Hochwürden erbt das Paradies“. Am Samstag (13.30, ORF2) gibt’s „Ein Schloss am Wörthersee“ und „Wenn mein Schätzchen auf die Pauke haut“, um 22.05 folgen das Porträt „Jedermann liebt Karli Spiehs“ sowie Filme. Am Sonntag u. a.: „Das Traumhotel“ (14.30, ORF2)
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