Peter Pakesch: "Nicht alles ist Entertainment"

Peter Pakesch leitet seit zehn Jahren das Grazer Joanneum. Über Wien sagt er: „Es gibt zu viel unnötigen Wettbewerb“.
Der Chef des Grazer Joanneum gilt als wichtiger Player in Österreichs Museenlandschaft.

Peter Pakesch, aus der Steiermark gebürtiger Ausstellungsmacher, steht seit zehn Jahren als Intendant dem Landesmuseum Joanneum in Graz vor. Davor hat der 58-Jährige die Kunsthalle Basel geleitet und war unter anderem Berater im MuseumsQuartier. Im Gespräch mit dem KURIER erzählt Pakesch von Höhen und Tiefen in Graz und sagt, was er gegen Entertainment-Kultur hat.

„Es waren zehn spannende Jahre. Ein Museum neu aufzustellen und mit dem Kunsthaus ein Gebäude auf die Landkarte zu setzen, in einem größeren Museumsverband, aber trotzdem ein spezifisches neues Profil zu entwickeln, das war eine Herausforderung. Doch wir haben Ausstellungen ermöglicht, die bisher in der Form nicht stattgefunden haben“, resümiert Pakesch die vergangenen zehn Jahre – die von Sparzwängen und internen Streitereien begleitet wurden.

Imageschaden

2011 und 2012 wurden 4,3 Millionen Euro gekürzt, 2013 weitere 100.000 Euro. „Die Personalausstattung ist dünn geworden, wir können vieles, das wir gerne tun würden, nicht mehr. Wir waren glücklicherweise so gut aufgestellt, dass wir vieles mit Vereinfachungen der Struktur erledigen konnten. Das war intern sehr kontroversiell und ist sehr stark an die Öffentlichkeit gedrungen.“

Pakesch spricht Querelen mit dem damaligen Chefkurator Peter Weibel an. Hat das Haus einen Imageschaden davon getragen? „Kurzfristig sicher, es wurden falsche Bilder vermittelt. Das ist nie gut und lenkt von inhaltlichen Aspekten ab.“

Die Entwicklung der Bundesmuseen beurteilt Pakesch, der seine ersten Erfahrungen in den Siebzigerjahren als Ausstellungskurator im Forum Stadtpark und beim steirischen herbst machte, ambivalent: „Es gibt einzelne Häuser, an denen tolle Arbeit geleistet wird. Was mir in Wien aber auffällt: Es gibt zu viel unnötigen Wettbewerb. Die Museen könnten sich stärker fokussieren. Und manchmal vermisse ich den Tiefgang.“

Österreichweit sei sehr viel geschehen. „Nicht nur wir in Graz konnten alle unsere Häuser erneuern. Es gibt mit dem Lentos und dem Landesmuseum zwei neue Museen in Linz, es gibt in Salzburg ein neues Museum, Vorarlberg hat zwei neue Institutionen, in Niederösterreich gibt es einiges. Da ist schon sehr viel geschehen.“

Mut zum Abseitigen

Die Quantität ist also da. Und die Qualität? „Ich wünsche mir mehr Tiefe und mehr Mut zu Ungewöhnlichem und Abseitigem. Österreich gehört heute zu den dichtesten Museumslandschaften. Aber an der inhaltlichen Intensität könnte in manchen Bereichen gefeilt werden.“

Vom künftigen Kulturminister wünscht sich Pakesch eine stärkere inhaltliche Auseinandersetzung mit den Bundesmuseen plus genauere Vorgaben. „ Es wäre wichtig, sich um das Erbe der Künstler der letzten 30, 40 Jahre intensiver zu kümmern. Was Nachlässe, Archive und Vorlässe anbelangt, könnte viel mehr geschehen.“ Die Politik müsse die Bedeutungshoheit der österreichischen Institutionen erhalten und das Abwandern österreichischer Kunst verhindern.

Pakeschs Befund zur österreichischen Kulturpolitik ist durchwachsen: „Österreich hat eines der höchsten Kulturbudgets weltweit. Das ist toll. Das Land ist sich in der Realverfassung durchaus bewusst, was zu tun ist. Doch dafür, dass Kultur eines der ganz wenigen Dinge ist, für die Österreich einzigartig ist, wird zu wenig Augenmerk darauf gelegt.

Es geht nicht nur um die materiellen Mittel. Sondern auch um das politische und gesellschaftliche Augenmerk. Und nicht nur in der Event- und Societyschiene. Deswegen meine ich: Mehr Tiefgang! Es geht um eine Auseinandersetzung, es ist nicht alles Entertainment. In Österreich herrscht eine neue Operettenseligkeit. Die gilt es zu überwinden.“

Das Universalmuseum Joanneum ist das älteste und zweitgrößte Museum Österreichs. 2011 feierte der Museumskomplex sein 200-Jahr-Jubiläum. Zum Joanneum, benannt nach Erzherzog Johann, dem Gründer des Museums, gehören neben Schloss Stainz und Schloss Eggenberg unter anderem die Neue Galerie Graz sowie das Kunsthaus Graz, das 2003 im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres errichtet wurde. Das architektonisch spektakuläre Gebäude wurde von seinen Schöpfern Peter Cook und Colin Fournier „Friendly Alien“ genannt.

Am 28. September feiert das Kunsthaus seinen zehnten Geburtstag unter dem Motto „Happy Birthday, Friendly Alien!“ Geburtstagsgeschenk an die Besucher: Von 22. September bis 3. Oktober ist der Eintritt frei. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion am 26. September sprechen Vertreter österreichischer Institutionen, u. a. die Direktorin des LENTOS Kunstmuseums Linz Stella Rollig und Joanneums-Intendant Peter Pakesch mit der Grazer Kulturstadträtin Lisa Rücker über den Weg zum „zeitgenössischen“ Museum.Es geht um die Rolle jüngerer Institutionen für zeitgenössische Kunst für die Kulturlandschaft.

Weitere Infos: www.joanneum.at

Im Bruseum des Grazer Universalmuseums Joanneum werden mit der Ausstellung "Im Gegenlicht" die künstlerischen Gegenüberstellungen fortgesetzt: Diesmal wird das Werk von Günter Brus zusammen mit Arbeiten von Franz Graf gezeigt. Durch die Unterschiede sollen neue Blickwinkel auf die jeweiligen Arbeiten ermöglicht werden, so Kurator Roman Grabner.

"Im Gegenlicht" ist anders als die bisherigen Doppel-Ausstellungen im Bruseum: "Es gibt keine thematische Ordnung, keine chronologische Struktur, es ist mehr ein Gespräch", beschrieb Grabner. Gleichzeitig sei es "eine kleine Retrospektive", da Brus-Arbeiten von den 1960er Jahren bis heute gezeigt werden, was zum 75. Geburtstag (27.9.) des Künstlers passt.

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