Bevor aber die Liebe zuschlägt, wird Anna von genau diesem Burschen die Handtasche gestohlen: „Ich fand es sehr sexy, eine Liebesgeschichte mit jemanden anzufangen, der mich beraubt hat“, grinst Rois im KURIER-Gespräch. Überhaupt hätte ihr die Konstellation gefallen: „Beide sind Außenseiter. Aber natürlich macht es einen Unterschied, ob man in der vollen Blüte seiner Jugend steht oder, wie Anna, schon seine Abschiedsrunden dreht ...“
An dieser Stelle muss Sophie Rois lachen, denn sie wirkt nicht gerade wie eine, die schon ihre Abschiedsrunden dreht: „Ich meine ja auch nicht, dass die nächste Station das Sterbebett ist. Aber eine 60-Jährige hat in ihrem Leben schon bestimmende Dinge getan. Mit 60, da schaut man auf etwas zurück.“
Und Sophie Rois schaut gerne zurück. Ihr gefällt, was sie sieht: „Ich denke mir: Was bin ich für ein Glückspilz, dass ich diese besonderen Leute getroffen habe und den Quatsch machen konnte, den ich gemacht habe.“
Am Theater sei vor allem die Zusammenarbeit mit Christoph Schlingensief, Frank Castorf und René Pollesch prägend geworden – allerdings jenseits von kalkulierten Karriereüberlegungen. Heute sei das anders: Kollegen peilen eine Zusammenarbeit mit wichtigen Theaterleuten an, um an ihrem Lebenslauf zu feilen. Da merke sie, dass sie im österreichischen Sozialstaat der 70er-Jahre und der Kreisky-Ära aufgewachsen sei, sagt Rois: „Da gab es dieses Selbstoptimierungsprinzip nicht, das heute herrscht. Das war nicht lebensbestimmend.“
Sie könne sich noch gut erinnern, wie jemand im Jahr 1980 erstmals in ihrer Gegenwart das Wort „Erfolgserlebnis“ in den Mund genommen habe: „Da war mir fremd. Und ich fand’s auch wahnsinnig spießig.“ Dann schon lieber Punk: „Ich war zwar selbst kein Punk, aber ich habe die Luft von Punk eingeatmet: Es galt das Prinzip der Selbstermächtigung.“
Der große Altersunterschied zwischen Anna und Adrian in „A E I O U – Das schnelle Alphabet der Liebe“ gefällt Sophie Rois: „Ich finde es viel reizvoller, eine Geschichte zu erzählen, die nicht auf der Hand liegt.“
Und überhaupt. Wenn sie so höre, was ältere Frauen über jüngere Männer zu sagen haben, gebe es dazu aufregende Erlebnisberichte: „Es muss nicht zwangsläufig klappen. Aber meine Erfahrung ist, dass Männer, die deutlich jünger sind als man selbst, einen anderen Spaß daran haben, als Mann aufzutreten und zu gefallen. Es ist nicht diese Art, wie es ab einem gewissen Alter oft vorkommt (senkt die Stimme und sagt in präpotentem Berlinerisch): ,Ick bin Mann, det muss reichen.’“
Auch das Spiel mit Milan Herms, dem jungen Darsteller des Adrian, war erfreulich, erinnert sich Sophie Rois: „Ich fand es immer toll, wie er mich ansieht und dachte: Oh ja, der Junge steht mir gut.“
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